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Ohne Skrupel

Ohne Skrupel

Titel: Ohne Skrupel
Autoren: Thomas Simoner
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das war im Moment nicht
gestattet. Und IT-Wunder, ohne Geld in die Hand zu nehmen – das war natürlich
ein irrwitziges Ansinnen, aber für einige Abteilungen wohl eine Art
Hoffnungsschimmer und das Licht am Ende des Tunnels, zumal sie meistens keine
Ahnung von der Komplexität und dem Aufwand ihrer Wunschvorstellungen hatten.
Aber Grashalme können nicht Ertrinkende retten. Und so hatte Franz Korber
häufig die undankbare Aufgabe, das Glitzern der Hoffnung aus den Augen der
Bereichsleiter vertreiben zu müssen. Er und sein Team konnten nicht zaubern,
wenngleich sie durchaus viele kleine Wunder mit den vorhandenen Ressourcen
vollbrachten und viele Optimierungen und Verbesserungen in kurzer Zeit umsetzen
konnten.
     
    ***
            
    JP mochte die kalte Jahreszeit, den
Herbst und auch den Winter. Die Tage wurden kürzer, die Blätter der Bäume
verfärbten sich, der erste Schnee fiel schon in den Bergen. Aber JP mochte
eigentlich jede Jahreszeit! Er war pragmatischer Genießer dessen, was die Natur
gerade zu bieten hatte. Nun, im Herbst, zog sich die Natur in sich zurück und
bereitete sich auf eine Ruhepause und einen Neubeginn in ein paar Monaten vor.
Die Feuchtigkeit der Böden stieg auf und verdichtete sich sogleich wieder als
Nebel, das Licht wurde diffus. Die Nächte wurden lang und kalt und so wurden
die Flüsse auch wieder klar und führten wenig Wasser. Der späte Herbst war die
perfekte Zeit für die feine Trockenfliegen-Fischerei auf Äschen und JP
verbrachte mehr als sonst seine freie Zeit am Wasser. Die Flüsse Isar,
Mangfall, Wertach, Loisach, das waren seine bevorzugten Reviere rund um München
und dort verbrachte er viele der frühen Morgen- und der spätnachmittäglichen
Stunden, bis zum Bauch im Wasser, vor Feuchtigkeit und Kälte geschützt durch
seine Wathose und mit seiner feinen Fliegenrute aus den Hause Hardy bewaffnet,
auf der Pirsch nach Forellen, Saiblingen und vor allem den Äschen. Thymallus
thymallus, der lateinische Name der Äsche, ist ein feinfühliger,
großschuppiger, starker Fisch aus der Familie der Salmoniden. Kennzeichen: Bis
zu 10 cm lange Rückenflosse, kann bis maximal 55 cm groß werden, stellt sich
gerne direkt in die starke Strömung und ist sehr fleißig bei der Suche nach
Insektennahrung. Allerdings ist er auch extrem wählerisch, vorsichtig und
misstrauisch und daher eine echte Herausforderung und zugleich Belohnung für
den anspruchsvollen Fly-Fischer.
    JP liebte die feine
Fliegenfischerei, speziell mit Trockenfliegen (auf dem Wasser schwimmende
Insektenimitationen) und speziell auf Äschen! Diese Fische, die gelegentlich
nach an der Oberfläche treibenden oder ablaichenden Insekten aufsteigen,
faszinierten ihn, zumal sie nicht so einfach zu überlisten waren. Die Äsche
beobachtet dabei von ihrem festen Standplatz am Gewässerboden genau die
Wasseroberfläche. Sie steigt blitzschnell auf, wenn ein entsprechendes Insekt
in ihr Gesichtsfeld kommt und mit der Strömung treibt, um sich einen kleinen
Happen zu gönnen und sich dann wieder still an den vorherigen Standplatz am
Boden zurückzuziehen. Aber die Äsche ist nicht nur fleißig im Sammeln von
kleinen Insekten und sie muss wahrhaft überlistet werden. Schon bei der
kleinsten Unregelmäßigkeit – zu schnelle Drift, falscher Köder, zu schnelle
oder zu langsame Reaktion des Fly-Fischers, und schon wird der „falsche Braten“
erkannt und ein Biss verweigert. Häufig ist in dieser „höchsten Kür“ der Fisch
Sieger und der Fischer geht leer aus. Das Geschick des Fliegenfischers, seine
vorsichtigen Bewegungen am Wasser und die perfekte Insektenimitation,
entsprechend animierend und vorsichtig präsentiert – alles musste passen, um
eine kapitale Äsche von einem künstlichen Köder zu überzeugen und zu haken.
Aber die anspruchsvolle Vorarbeit und das Frieren im eiskalten Flusswasser
werden dann belohnt mit einem zart nach Thymian schmeckenden Fisch, sicherlich
der Höhepunkt der nächsten Mahlzeit.
    Am besten schmeckte die
Äsche als Filet, sanft in Trüffelbutter gebraten, dazu ein paar Salzkartoffeln
oder gedünstetes Fenchelgemüse und ein trockener Chablis oder ein
österreichischer Welschriesling aus der südlichen Steiermark. JP war ein sehr
geschickter und deshalb auch erfolgreicher Fly-Fischer. Aber er war auch ein
sehr guter und phantasievoller Koch, der zusätzlich zu seinen Kochkreationen
seine Gäste mit erlesenen Weinen, witzigen Erzählungen und einer sehr geselligen
Stimmung verwöhnte.
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