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Offene Rechnungen

Offene Rechnungen

Titel: Offene Rechnungen
Autoren: Jacobsen Harald
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keinen klaren Gedanken fassen. Unwillkürlich drückte er seinen Arm fester um Miriams Hals, weshalb das Mädchen leise aufstöhnte.
»Runter vom Gelände, Pietschmann. Ziehen Sie sich mit den Kollegen zurück und sperren Sie das Umfeld. Wir können hier keine ungebetenen Besucher oder gar Presse gebrauchen«, übernahm Frank das Kommando.
Gerd Pietschmann nickte zustimmend und führte seine Kollegen raus aus dem Freibad. In diesem Moment erreichte das leise Aufstöhnen des Mädchens Esthers Ohren und sie hatte eine Idee. Sie zupfte an Franks Ärmel, zog ihn einen Meter zurück.
»Sie haben doch erzählt, dass Harmsens Frau ihn verlassen hat und wie verzweifelt er darüber ist. Ich möchte seine Frau hierher holen und mit ihm reden lassen. Zwischenzeitlich soll Ihnen Juliane Wagenknecht zur Seite stehen. Einverstanden?«
Frank reagierte zuerst verärgert über die Unterbrechung durch seine Kollegin, doch ihr Vorschlag ergab Sinn.
»Gute Idee, Esther. Elke Harmsen ist bei ihrer Mutter in Borgstedt. Schicken Sie Dr. Wagenknecht zu mir und bitte, beeilen Sie sich!«
Esther nickte und machte sich umgehend auf den Weg. Sie hielt kurz bei den Freunden an.
»Geh bitte zu Reuter, Jule. Er könnte deine Hilfe benötigen, um Harmsen zu beruhigen. Der dreht langsam durch.«
Die Psychologin zögerte keine Sekunde und drückte sich durch den Zaun, trat neben Frank.
»Das ist keine Polizistin, Herr Harmsen. Dr. Wagenknecht ist Psychologin und möchte Ihnen helfen«, rief der Hauptkommissar übers Becken.
Robert starrte die rothaarige Frau an, die ihm vage bekannt vorkam. Noch immer herrschte ihm zu viel Betrieb auf dem Gelände, sodass der Sportlehrer keinen klaren Gedanken fassen konnte.
»Sie haben eine Tochter, Herr Harmsen? Dana heißt sie, richtig?«
Frank hatte es Juliane zugeflüstert und die Psychologin erkannte einen möglichen Ansatz, daher sprach sie Harmsen auf seine Tochter an.
»Ja, aber was hat meine Tochter hiermit zu tun?«
Robert hätte seine schmerzende Stirn am liebsten einen Moment gegen die kalten Fliesen gedrückt, damit der bohrende Kopfschmerz nachließ. Doch dazu hätte er seinen Arm vom Hals des Mädchens lösen müssen und aus irgendeinem wichtigen Grund war das unmöglich. Als die Frau von Dana sprach, entstand einen Moment das Bild vor Roberts innerem Auge, wie er mit seiner Frau und Tochter in diesem Freibad den vergangenen Sommer genossen hatte. Wieso stand er jetzt hier? Und wozu musste er unbedingt dieses Mädchen würgen? Es fiel Robert immer schwerer, die Kontrolle über seine Gedanken zu behalten.
»Seine Reaktionen gefallen mir nicht, Herr Reuter. Er wirkt sehr verwirrt auf mich«, raunte Juliane dem Hauptkommissar zu.
Auch Frank hatte aufmerksam das Verhalten von Robert Harmsen verfolgt und erkannte, dass der Mann offenbar größte Probleme mit der Wahrnehmung hatte. Das Risiko für Miriam Sonntag wuchs mit jeder Sekunde und erstmals überlegte Frank Reuter, ob er von der Waffe Gebrauch machen sollte.
»Ja, Dana ist ein liebes Kind. Bald sind wir wieder alle zusammen und können eine richtige Familie sein.«
Roberts Stimme hatte einen merkwürdigen Ton angenommen, was Juliane noch nervöser machte. Himmel. Dabei hatte die Psychologin sich ernsthaft für die Arbeit als Polizeipsychologin interessiert und spürte jetzt, wie kompliziert und anstrengend diese Tätigkeit war. Wenn sie die emotionale Lage von Harmsen falsch einschätzte und ihn auf der unpassenden Ebene ansprach, drohte die Situation zu eskalieren. Selbst ihr war bewusst, dass niemand schnell genug auf die gegenüberliegende Seite des Schwimmbeckens kommen konnte, um Miriam in irgendeiner Weise zu helfen. Ihr Puls schoss stark in die Höhe, also atmete Juliane mehrfach tief durch.
»Aber, das ist doch schön. Warum kommen Sie nicht zu mir und erzählen mir von Ihrer Familie? Wir können uns in ein Café setzen.«
Frank verfolgte gespannt, wie Juliane Wagenknecht auf den Sportlehrer einwirkte und zollte der Psychologin innerlich Anerkennung für ihr geschicktes Vorgehen. Robert Harmsen sah die rothaarige Frau an, dachte offenbar tatsächlich über diesen Vorschlag nach. Sollte seine Verwirrung am Ende noch zum Vorteil für die Polizei werden?
     
    *
     
    Esther jagte den Passat mit Blaulicht und Sirene über die stark befahrene Hollerstraße. Diese Durchgangsstraße war das Nadelöhr von Büdelsdorf und schon lange plante der Kreis eine Umgehung, die diese Straße wenigstens von den Durchreisenden befreien sollte. Bisher war die
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