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Offene Rechnungen

Offene Rechnungen

Titel: Offene Rechnungen
Autoren: Jacobsen Harald
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wenig entgegensetzen. Auch ihm war die veränderte Haltung der gemeinsamen Freundin im Verlauf der Vernehmung aufgefallen. Esther Helmholtz stand unter erheblichem Druck, was nicht nur mit den aktuellen Ermittlungen zu tun hatte. Ihr privates Umfeld machte der Oberkommissarin heftige Probleme, wie Simon wusste.
»Was immer du auch vorhast, Jule. Wir müssen es mit Esther besprechen.«
Die rothaarige Psychologin sah ihn mit Unmut in den blauen Augen an.
»Mann, bist du ein Feigling. Aber, von mir aus. Esther muss uns sowieso alle Informationen aus der laufenden Ermittlung beschaffen.«
Zufrieden mit diesem Zugeständnis nickte Simon und erhob sich.
»Sorry, aber ich muss zurück ins Krankenhaus. Treffen wir uns heute Abend bei Esther?«
Mit verzerrtem Gesichtsausdruck hob Juliane beide Hände in gespieltem Entsetzen hoch. Sie war bisher nur zweimal bei Esther und deren Mutter zu Gast gewesen. Im Vergleich empfand Juliane da sogar die gelegentlichen Treffen im Hause ihrer Eltern als angenehmer.
»Möchtest du im Wohnzimmer mit Esthers Mama sitzen? Puh, nein danke. Ich lade Esther zu mir ein. Um sechs Uhr habe ich die letzte Sitzung, also treffen wir uns um sieben zum Essen. Alles klar, Dr. Watson?«
Simon musste lachen, als Juliane ihn mit großen Augen ansah und sich über ihre kleine Anspielung freute.
»Ich werde um neunzehn Uhr in Ihren Räumlichkeiten erscheinen, Misses Peel.«
Er tippte sich grüßend an die Stirn und eilte aus dem Eiderpark. Auf der Fahrt zurück in die Innenstadt kam Simon an der Baustelle des neuen Parkhauses vorbei. Während Simon an der Ampel wartete und eine Schar Kinder mit ihrer Lehrerin die Straße überquerte, gingen seine Gedanken zu Ariane. Die Frau des ermordeten Hauptkommissars war ebenfalls Lehrerin an einer Regionalschule, die unweit des Zentrums lag. Simon grübelte über die Krankengeschichte der zierlichen Frau nach, die nach seiner Diagnose eine Reihe von psychosomatischen Symptomen aufwies, sodass er eine Therapie bei Juliane Wagenknecht empfohlen hatte.
»Schon gut. Nur keinen Stress«, murmelte Simon, nachdem sein Hintermann ihn durch mehrmaliges Hupen auf die grüne Ampel aufmerksam gemacht hatte. Den restlichen Weg verbot er sich weitere Träumereien und eilte zehn Minuten später über den Flur der Inneren Medizin.
     
    *
     
    Bei der Durchsicht der bisherigen Ermittlungsakten war Frank eine Person besonders ins Auge gefallen. Laut Zeugenaussagen war zur Tatzeit ein Mann im Erdgeschoss des Zentrums am Nord-Ostsee-Kanal am Abend des elften Aprils gesehen worden. Den Beschreibungen nach kam nur Tobias Landau, ein zwielichtiger Unternehmensberater, in Betracht. Frank hatte schon beim Lesen der Akte eine Theorie entwickelt, die Ariane Wiese in den Fokus seiner Ermittlungen rückte. Daher hatte er sich zusammen mit der Oberkommissarin auf den Weg in die Kieler Straße gemacht. Im Zentrum wählte Frank die Treppe, um in den zweiten Stock zu gelangen, wo sich die Büroräume von Landau befanden. Von der Mitarbeiterin am Empfangstresen wussten sie, dass der Unternehmensberater in seinem Büro war. Frank und Esther stellten sich vor und zeigten ihre Dienstausweise. Am Anfang überließ der Hauptkommissar seiner Rendsburger Kollegin die Befragung des Unternehmensberaters, der reichlich arrogant auftrat.
»Was weiß ich denn? Kann schon sein, dass ich an dem Abend noch im Zentrum gewesen bin. Ich bin schließlich kein Beamter, muss also richtig arbeiten für mein Geld.«
Esther Helmholtz wirkte verunsichert bei dieser vagen Aussage, womit Frank ein wenig gerechnet hatte. Ihr fehlte einfach die Erfahrung und da es ihr erster großer Fall war, durfte man auch nicht zu viel erwarten.
»Damit wir uns richtig verstehen, Herr Landau. Sie waren an dem Abend des Mordes im Zentrum und es gibt keine Zeugen, dass Sie nicht einen Streit mit unserem Kollegen hatten. Was sollte uns also davon abhalten, in Ihnen einen Verdächtigen zu sehen? Selbstverständlich können Sie das Zeugnisverweigerungsrecht für sich beanspruchen. »
Esther warf Frank einen dankbaren Blick zu, als der Kieler Hauptkommissar in die Befragung eingriff. Früher war Ralph immer derjenige gewesen, der mit seinem Gespür für Menschen und Situationen die Vernehmungen geführt hatte. Ab und an war Esther eingesprungen, wenn ihr etwas aufgefallen war. Daraus hatte sich eine Routine eingestellt, die sie jetzt nicht so einfach abstreifen konnte. Zum Glück hatte der Kollege vom LKA ihre Verunsicherung erkannt und sich
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