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Öl-Connection

Öl-Connection

Titel: Öl-Connection
Autoren: Heinz G. Konsalik
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im Gaumen, der eigenartige Geruch des Meeres, die Schaumkronen vor dem Bug, das Wiegen in den Wellen, all dies hatte ihm gefehlt: der immerwährende Kampf des Menschen gegen das Meer. Heßbach war, wie viele Seeleute, fern vom Meer geboren und aufgewachsen, besaß nun aber eine kleine Wohnung in Hamburg und war seit vier Jahren mit Luise Bertram verlobt.
    Wenn er darüber nachdachte, war er selbst verwundert. Er hatte Luise auf einem Sommerball der Schiffergesellschaft kennengelernt. Sie war die Tochter eines Kapitäns auf Großer Fahrt, kannte, wie ihre Mutter, die Einsamkeit einer Seemannsfrau, das lange Warten auf die Rückkehr des Mannes, den kurzen Urlaub und das Wiederauslaufen nach Hongkong oder San Francisco oder Durban. Heßbach hatte sie nur einmal geküßt, war am nächsten Tag nach Liverpool aufgebrochen und hatte nach seiner Rückkehr mit ihr geschlafen. Seitdem betrachteten sie sich als Brautpaar, sahen und liebten sich dreimal, höchstens fünfmal im Jahr, aber Luise kannte es ja nicht anders von ihren Eltern, und so wurde für sie jede Rückkehr Heßbachs nach Hamburg eine Festzeit.
    Von Heirat sprachen sie nur zweimal, und jedesmal endete ein solches Gespräch im stummen, störrischen Zusammenhocken.
    »Wenn wir heiraten …« hatte Luise jedesmal gesagt … »möchte ich, daß du an Land bleibst. Ich will nicht das Leben meiner Mutter führen. Ich will dich bei mir haben, immer, jeden Tag, nicht immer nur auf ein paar Wochen. Es gibt für dich als Kapitän so viele Möglichkeiten, an Land zu arbeiten. Bei einer Behörde, bei einer Schiffsversicherung, bei einer Reederei, bei einer Handelsfirma …«
    »Kannst du dir vorstellen …« hatte er geantwortet … »daß ich meine Hosen auf einem Bürostuhl durchwetze? Ich als Beamter in einer Behörde! Das ist, als ob man mir ein Halsband umbindet und mich wie einen Hund herumführt. Schon der Gedanke daran macht mich krank …«
    »Und was soll aus uns werden? Lothar, ich liebe dich …«
    »Ich dich auch.«
    »Aber ich will nicht so einsam leben wie meine Mutter. Vater war in diesem Jahr dreimal zu Hause … Ist das ein Leben? Frau Kapitän – was habe ich davon? Ich will dich, deine Liebe, deine Zärtlichkeit, deine Gegenwart. Ist dir das Meer so wichtig?«
    »Ja.«
    »Wichtiger als ich?«
    »Das ist eine dumme Frage, Luise.« Heßbach hatte, wie immer, das Gefühl, beengt und bedrängt zu werden. Mein Gott, ja, ich liebe sie, wie oft denke ich an Bord an sie, in den langen Nächten auf dem unendlichen Stillen Ozean oder bei einem goldenen Sonnenuntergang im Südchinesischen Meer, und wie oft denke ich: Wenn Luise diese Schönheit sehen könnte. Aber immer ist das Meer dabei, es gehört zu meinem Leben. »Die Liebe zur See ist anders als zu dir.«
    »Aber stärker!«
    Das war dann jedesmal der Augenblick, wo man stumm und verschlossen sich gegenüber saß und später im Bett jeder dem anderen den Rücken zudrehte. Und dann kam jener Tag, der Heßbachs Leben grundlegend veränderte.
    Es war vor Haiti, ein stürmischer früher Morgen, die Libertas kämpfte sich durch die Wellenberge, ein Containerschiff von 8.700 Bruttoregistertonnen. Heßbach stand breitbeinig auf der Brücke, der Zweite Offizier starrte auf das Echolot, das eine Meerestiefe von vierzig Meter anzeigte, der Erste Offizier kontrollierte das Radar, denn sie passierten ein Gebiet, das von Korallenbänken durchsetzt war. Bei ruhiger See war dies eine gefahrlose Strecke, bei Sturm aber ein Himmelfahrtsunternehmen, ein Slalom mit 8.700 Bruttoregistertonnen, beladen mit Containern voller Maschinenersatzteile, die von Boston nach Caracas transportiert werden sollten. Mitten in der Karibik erhielt Heßbach von der Reederei den Funkspruch, abzudrehen und Santo Domingo anzufahren, um zusätzliche Fracht aufzunehmen.
    »Nehmen Sie den kürzesten Weg«, hatte man gefunkt. »Den Zeitverlust durch den Umweg müssen Sie unbedingt aufholen. Die Fracht ist wichtig! Wir erlauben Ihnen, die üblichen Straßen zu verlassen.«
    Und plötzlich kam Sturm auf. Bei Haiti begann die Hauptmaschine zu stottern, setzte aus, kam wieder in Fahrt und versagte dann ganz. Heßbach brüllte herum, was völlig sinnlos war, kletterte hinunter zum Maschinenraum und entdeckte den Chefingenieur in einer Ecke, zwischen zwei dicken Rohren auf einem Stuhl sitzend.
    »Was ist los?!« schrie Heßbach. »Sie sitzen hier gemütlich herum, während wir auf die Klippen zutreiben! Was ist mit der Maschine los?«
    »Wasser im
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