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Öl-Connection

Öl-Connection

Titel: Öl-Connection
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Kapitän angesprochen zu werden. Dies galt sogar für seinen Freund Lorenz Aperl. An Land und privat konnte man ihn vertraulich duzen. Und so war es schon ein paarmal vorgekommen, daß auf Landgang sein Weg sich in einem Puff mit einem seiner Besatzungsmitglieder gekreuzt hatte. Immer stand der Betreffende dann stramm, grüßte, grinste breit und rief: »Der nächste bitte, Herr Kapitän!« Fransakiris nahm es ihnen nicht übel … Hier waren sie nur Männer, weiter nichts.
    »Alles ist genau kalkuliert, Junge, und der Computer ist unbestechlich«, sagte er jetzt. »Eine Tonne Altöl kostet, wenn man sie vorschriftsmäßig entsorgt, hundertzehn Dollar. Nun rechne mal aus, was unser Ölschlamm kosten würde, wenn wir eine Entsorgungsstation anlaufen. Na?«
    »Das ist doch lächerlich!«
    »Sagst du. Die hohen Herren in den Reedereien denken da anders.«
    »Um wieviel mehr würde am Schluß das Autobenzin kosten?«
    »Ein achtzehntel Pfennig …«
    »Du meine Güte! Und wegen einem achtzehntel Pfennig verseucht man die Meere?«
    Fransakiris winkte mit einer Geste der Resignation ab. »Du denkst und rechnest wie der kleine Emil. Es geht um ganz andere Größenordnungen. 4.000 Tanker mit 1,5 Milliarden Tonnen Öl sind heute unterwegs. Das sind 40 % aller auf See transportierten Güter. Und alle müssen irgendwo Altöl loswerden. Wenn die Reeder diese Tausende von Tonnen legal abgäben, wäre ihr Verdienst noch schlapper …« Fransakiris schlug mit beiden Fäusten gegen die Brückennock. »Verdammt. Lorenz, wir müssen! Jag die Kerle aus den Matten in die Bunker.«
    »Sie stehen seit einer Stunde einsatzbereit, Herr Kapitän.«
    »Hätte ich dich nicht!« Fransakiris legte den Arm um Aperl. »Du hast 'ne fabelhafte Schule hinter dir, was?«
    »Sie etwa nicht, Herr Kapitän?«
    Es war das erste Mal auf der Fahrt nach Nagoya und zurück nach Liberia, daß sie so vertraut miteinander sprachen. Fransakiris lachte kurz und winkte wieder ab.
    »Ich habe mein Patent für Küstenschiffahrt. Immer das Land in Sicht.«
    »Das ist nicht wahr …« sagte Aperl entsetzt. »Und jetzt fahren Sie so ein Riesending über die Weltmeere?«
    »Hattest du was auszusetzen, Junge? Ist nicht alles glatt gewesen wie der Hintern einer Asiatin? Ob'n Küstenschlepper oder eine Maringo … Schiff ist Schiff. Wer'n Führerschein hat, kann ja auch einen Fiat oder einen Rolls Royce fahren. So, und jetzt werden die Tanks gereinigt! Junge, um deine Bemerkung von vorhin aufzugreifen: Was wir hier machen, ist ein Verbrechen, ich gebe es zu … aber sieh dich mal um, sieh hinter die Kulissen … Diese Welt ist groß geworden durch kleine und große Verbrechen, über die man gar nicht spricht. Begrab deinen Glauben an den anständigen Menschen.«
    Er ließ einmal kurz die schrille Sirene aufheulen und blickte Aperl wie bedauernd an.
    »Sehen wir uns das mal an«, sagte er sarkastisch. »Wir weben dem Meer einen schönen, glänzenden Teppich …«
    Auf der Maringo begannen die Pumpen zu stampfen. Tonnen von Ölschlamm und Bilgewasser sickerten in den Atlantik. Nur eine Forderung der internationalen Schiffahrt hielt der Riesentanker ein: Sie waren fünfzig Meilen von der Küste entfernt.
    Sofort nach seiner Ankunft in Monrovia, nachdem er sein Gepäck im Hotelzimmer abgelegt hatte, bestieg Lothar Heßbach ein Taxi gewaltigen Ausmaßes und ließ sich zum Büro der International Shipping Corporation fahren. Es lag in der Neustadt von Monrovia in einem Hochhaus aus Beton und Glas, mit goldgetönten Fenstern und einer imposanten Marmorhalle. Eine amerikanische Bank hatte diesen Klotz gebaut. Inzwischen hatte sich die Vorstellung breitgemacht, daß in Liberia jeder Herzschlag von den Computern, die in diesem Glaspalast untergebracht waren, kontrolliert werde. Sie beherrschten den Rhythmus des liberischen Lebens.
    Heßbach war eine völlig unauffällige Erscheinung. Er hatte weder einen sportlich durchtrainierten Körper noch einen Bauch, kein markantes Gesicht oder eine Glatze und er trug einen normalen hellbeigen Anzug, gekauft bei Bloomingdale in New York, weiße Leinenschuhe und eine am offenen Hemdkragen heruntergezogene, bunte Krawatte. Sein Gang war das einzige, was ihn vielleicht von anderen Menschen unterschied: Bei jedem Schritt konnte man ein leichtes Wiegen in den Hüften beobachten, so als sei er gewohnt, über schwankenden Boden zu gehen.
    Nach zwei Wochen Urlaub war Heßbach von New York nach Monrovia geflogen. Der ständige Seewind, der Salzgeschmack
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