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Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Titel: Odo und Lupus 04 - Die Witwe
Autoren: Robert Gordian
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erkannt. Aber sie wollten Rothari nicht öffentlich bloßstellen, schon wegen der beiden Verlobungen. In meiner Einfalt war ich noch stolz darauf, daß ich den Namen meines Geliebten nicht preisgab. Wie wurde es mir gelohnt! Bardo schleppte mich auf die Gerichtsversammlung. Höhnisch klagte er mich bei Rothari des Ehebruchs an. Von meinem Geliebten war auch vor ihm nicht die Rede, und ich hoffte natürlich, daß er die Klage abweisen würde. Aber er wagte es nicht, und weil ich weiterhin alles abstritt, verlangten sie ein Gottesurteil. Mein Bruder Irmo bot einen Zweikampf an, sie aber wollten das Feuerordal. Und Rothari war am Ende so schwach, sich ihnen zu beugen.“
    „Warum habt Ihr nicht wenigstens jetzt seinen Namen genannt?“
    „Ich hatte geschworen, und ich liebte ihn. Er hatte mir immer wieder gesagt, daß niemand von unserer Liebe wissen durfte, sonst könnte es schlimm für ihn ausgehen.“
    „Ihr schwiegt also weiter. Und er sah ungerührt zu, wie der Schmied das Eisen zum Glühen brachte. Und dann?“
    „Als ich den schrecklichen Gang getan hatte, ermahnte er mich, keine Heilmittel anzuwenden, weil das verboten sei. Meine Füße waren brennendes, blutendes Fleisch. Doch nach drei Tagen mußte ich wieder vor die Versammlung. Bardo erwartete hämisch, was Rothari jetzt tun würde. Mit äußerster Willenskraft, den Schmerz verbeißend, schaffte ich es, zu stehen und langsamen Schrittes, ohne zu straucheln, den Ring zu betreten.“
    „Warum tatet Ihr das?“
    „Ich weiß es nicht. Für das verstohlene, dankbare Lächeln, das er mir schenkte? Damit er anordnen konnte, mich ohne Prüfung, ohne daß ich die Binden und Strümpfe ablegen mußte, zu entlassen? Damit er mich freisprechen und denen vom Rabennest wieder ausliefern konnte? Damit er selber ohne Schaden davonkam?“
    Zum ersten Mal hatte die Witwe ihre Stimme erhoben. Thankmar starrte unentwegt seinen Vater an, der sich in heuchlerischer Entrüstung abgewandt hatte.
    Ein unheilvolles Schweigen lastete auf der Versammlung.
    Herr Garibald, der das Rettungstau seinen Händen entgleiten sah, rief mit ebenso schlecht gespielter Empörung:
    „Als ob uns daran gelegen hätte, sie zurückzubekommen! Hättest du sie nur damals verurteilt, Rothari, dann wären wir sie noch rechtzeitig losgeworden. Dann hätte Bardo das Recht gehabt, sie aus dem Hause zu jagen. Denn schuldig war sie, aber nicht deinetwegen. Der Teufel weiß, wer ihr Liebhaber war. Vielleicht war er es selber! Dich hatten wir niemals in Verdacht!“
    „Im Gegenteil“, sagte die Frau Luitgard, „sie wußten genau, wer es war, und sie fanden das Urteil vorteilhaft. Sie hatten den Grafen in der Hand, mich aber weiter in ihrer Gewalt. Wieder im Rabennest angekommen, erklärten sie mich für überführt, und das war ich ja auch. Ob Gott dies verfügt hat oder nicht … Ich brach zusammen und konnte nicht mehr gehen und stehen. Ein langes Krankenlager folgte. Die Brandwunden heilten nur oberflächlich, einige Zehen faulten ab, meine Füße blieben verkrüppelt. Jetzt war ich noch weniger als die letzte der Mägde. Ich wurde geschlagen und herumgestoßen. Alle verlachten mich wegen meines wackligen Gangs und stießen mich an und warfen mich um. Wem immer es gefiel, dem mußte ich jetzt zu Willen sein … dem Garibald, dem Allard, dem Hug. Sie feuerten sich dabei an, mir recht wehe zu tun. Allard brüstete sich damit sogar in der Gefolgschaft des Rothari. Das hörte auch Irmo, mein Bruder, der mich immer geliebt hatte. Der nahm sich den Allard vor und drohte, er werde kommen und mich dort herausholen. Dies sagte Allard dem Bardo, und der stürzte zu mir ins Webhaus und brüllte: ‚Sie wollen dich wiederhaben, um dich noch einmal zu verkaufen! Du bist zwar lahm, aber immer noch schön, doch das wollen wir ändern!‘ Und da zog er ein Messer aus dem Gürtel und stieß es mir mehrmals ins Gesicht.“
    Sie verstummte und strich mit zitternder Hand über das Haar, das die Zerstörung verdeckte.
    Weder Rothari noch Garibald wagte jetzt einen erneuten Protest. Ich sah, wie Odo die Faust um den Richterstab ballte und fürchtete schon, er würde im nächsten Augenblick etwas Unüberlegtes tun. Beruhigend legte ich ihm die Hand auf den Arm. Mit rauher Stimme fragte er:
    „Wollt Ihr noch etwas hinzufügen, edle Frau?“
    „Der Tod befreite mich von meinem schlimmsten Peiniger“, sagte sie. „Vielleicht war es aber auch Irmo, der mich von ihm befreite. Ich wünschte, er war es! Die anderen Quäler
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