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Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Odo und Lupus 04 - Die Witwe

Titel: Odo und Lupus 04 - Die Witwe
Autoren: Robert Gordian
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und ich hinaus konnte, ging ich zu der Stelle, wo ich mich mit Rothari getroffen hatte. Ich ging immer wieder hin, voller Sorge und Unruhe und auch von Liebe erfüllt, denn ich gestehe, ich hatte ihn liebgewonnen. Nur einmal hatte er mir Gewalt angetan, bei unserer allerersten Begegnung. Sonst war er immer freundlich und brachte mir kleine Geschenke und sagte mir viele schöne Worte. Der Frühling neigte sich schon zum Sommer hin … da endlich kam er. Auf einer Versammlung sei er gewesen, sagte er, wo sich die Großen trafen, beim König, später dann auch noch bei einem Freund in Italien, und außerdem habe er viele Pflichten und nicht mehr so viel Zeit wie früher. Doch immer noch sprach er vom baldigen Tod seiner Frau, und wieder glaubte ich alles, und so nahm ich das Moosbett im Wald für das versprochene Ehelager. Wir trafen uns aber nicht mehr so oft, und eines Tages war alles aus.“
    „Was war geschehen?“
    „Mein Vater hatte den Müller erschlagen.“
    „Und um das Wergeld aufzubringen, verkaufte er Euch an den Bardo vom Rabennest.“
    „Ja.“
    „Und Euer Geliebter?“
    „Ließ es geschehen.“
    „Ihr hattet ihn um Hilfe gebeten?“
    „Ein letztes Mal trafen wir uns, und ich flehte ihn an, den grausamen Handel nicht zuzulassen. Er ist ja reich, und so bat ich ihn, meinem Vater die Summe zu geben. Ich selber wollte die Schuld allmählich abtragen, denn ich mache sehr schöne Stoffe, die sich zu guten Preisen verkaufen lassen. Er lehnte ab, und ich fragte ihn, ob er nicht wolle, daß ich frei bliebe. Da sagte er, dies sei nicht nötig, an eine Heirat sei nicht mehr zu denken, denn wie sollte er sich vor dem König rechtfertigen, als Graf, mit der Tochter eines Mörders. Ich begriff, daß er froh war, mich loszuwerden. Versteht Ihr nun, was ich für eine Zauberin bin? Wenn ich so zauberkundig wäre, daß ich Menschengeschicke lenken könnte … hätte ich dann nicht für mich selber gesorgt? Und so viel Unglück von mir abgewendet? Die Hingabe an einen treulosen Liebhaber? Den Verkauf an den Bardo vom Rabennest? Die Mißhandlungen, Demütigungen und was mir sonst alles zustieß?“
    Sie deutete auf ihre unter dem Umhang verborgenen Füße.
    „Ihr sprecht von dem Gottesgericht. Wie kam es dazu?“
    „Ich wurde denen vom Rabennest ausgeliefert. Vom ersten Tag an waren Schläge und alle möglichen Erniedrigungen mein tägliches Brot. Unentwegt hielten sie mir vor, ich hätte ja keine Mitgift in die Ehe gebracht und sei deshalb nicht mehr als eine Bettlerin. Mein Ehemann trieb es vor meinen Augen mit Mägden, die angeblich wertvoller waren als ich. Eines Tages erschien Rothari im Rabennest. Sie beredeten etwas wegen der Brautgabe für die Meinrade, und anschließend gab es ein Mahl. Da gelang es ihm, mir etwas zuzuflüstern.“
    „Er bestellte Euch wieder dorthin …“
    „Ja. Als wir uns trafen, brach ich in Tränen aus. Obwohl er mich verraten hatte, sank ich ihm an die Brust und klagte mein Leid. Er sprach freundlich und liebevoll mit mir, so wie früher. Er sagte, es täte ihm leid um mich und auch um ihn selbst, denn mittlerweile sei er nun Witwer und fühle sich einsam und sehne sich nach mir. Ich war viel zu unglücklich, um nicht alles begierig aufzunehmen, was mir als Morgenschimmer in dieser ewigen Nacht erschien. Obwohl es unendlich schwierig war, meinem Ehemann, dem Garibald und den mißtrauischen alten Frauen zu entkommen, machte ich es möglich, daß wir uns wiedertrafen. So wurde alles wie vorher.“
    „Nochmals erkläre ich feierlich“, rief wieder der Graf dazwischen, „daß sie die ganze Geschichte erfunden hat! Ich schwöre –“
    „Das könnt Ihr später noch tun“, sagte Odo. „Ich hoffe aber, Ihr kennt die Strafen für Meineid. Weiter, Frau Luitgard!“
    „Wir trafen uns während des ganzen Sommers. Bardo merkte nichts, und vielleicht wurde ich deshalb ein bißchen leichtsinnig. Eines Tages, als ich zurückkomme, fährt er gegen mich los, reißt mich an den Haaren, wirft mich zu Boden. Ich sei entdeckt, schreit er, mit einem Liebhaber! Hug hatte mich ausgespäht, denn der pflegte in den Wäldern umherzustreifen und Menschen und Tieren nachzustellen. Ich leugnete alles. Bardo schlug mich. Ich gab es dennoch nicht zu, weil ich annahm, daß Hug nur mich, nicht aber den Rothari erkannt hatte. Denn Bardo erwähnte den Namen meines Liebhabers nicht. Er fragte auch später nicht danach, wollte ihn anscheinend gar nicht wissen. Ich bin heute sicher, Hug hatte uns beide
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