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Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus

Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus

Titel: Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus
Autoren: Robert Gordian
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bereuen!“
    Odo und ich tauschten einen Blick.
    „Es muß dich schmerzen, daß du einen Verwandten verloren hast“, sagte ich. „Gott erbarme sich seiner Seele.“
    „Amen“, erwiderte er. „Aber nichts mehr von Schmerz. Die Tochter meines Vetters heiratet, und so bekomme ich ja bald neue Verwandte. Diesen Rocco und seine famose Sippe. Ist das nicht tröstlich?“

2
    W ir tranken den Wein, der ausgezeichnet war, wie es sich für diese Gegend gehört, aber er wollte uns nicht so recht munden. Wir ließen uns auch nicht auf den von Moos überwucherten Steinen nieder. Kaum hatten wir ausgetrunken, brachen wir auf. Natürlich war uns allen daran gelegen, noch bei Tageslicht unser Ziel zu erreichen. Doch der tiefere Grund für die Eile war wohl ein anderer. Die traurige Weihe dieses Ortes, an dem ein Verbrechen geschehen war, trieb uns fort.
    Dem Leser dieses Berichts mag es leichtsinnig erscheinen, daß wir, die Kommissare König Karls, im Sonderauftrag unterwegs und mit wichtigen Sendschreiben im Gepäck, uns ohne langes Zögern einem fremden Trupp anschlossen. Zumal uns dieser, wie sich herausstellen sollte, an Kopfzahl weit überlegen war.
    Nachdem wir uns durch die Bresche zwischen den Felsen gezwängt hatten, fanden wir nämlich auf der anderen Seite der Hügelkuppe an die fünfzehn, zwanzig Männer vor – außer denen, die wir schon kennengelernt hatten. Es waren die Knechte, die den Muntschatz {6} bewachten, einen Karren mit Geschenken und eine Herde von Pferden, Rindern und Schafen. Sie sahen friedlich aus – aber waren sie es? Wenn nun die Herren Rocco und Bobo keine Edelleute waren, diese Männer nicht ihre Knechte, sondern Spießgesellen, der Wagen und die Herde nicht Brautgeschenke, sondern Diebsbeute? Tagtäglich werden im Frankenreich Reisende zu Hunderten beraubt und getötet, verschwinden Kaufmannszüge und Pilgertrupps ebenso von der Erdoberfläche wie ganze Heerhaufen. Wir wären nicht die erste königliche Abordnung, die ihr Ziel nie erreichte.
    Im Bewußtsein dieser Gefahren vertrauten wir dem Rocco nicht blindlings. Während wir die Becher leerten, stellte Odo unserem neuen Bekannten noch ein paar gutgezielte Fragen, seinen Vetter Ebrachar betreffend. Herr Rocco gab darauf in einer Weise Bescheid, die auf gutnachbarlichen, ja sogar vertrauten Umgang schließen ließ. Wir hatten auf unseren Reisen auch so viel Erfahrung mit Menschen unterschiedlichster Art gewonnen, daß wir in diesem polternden, geltungssüchtigen Rohling so etwas wie das Muster des kleinen Landedlen erkannten. Es gab somit auch keinen Grund, seine Geschichte von der Verlobung in Frage zu stellen (abgesehen vielleicht von dem schreckenerregenden Gebiß seines Sohnes, des Bräutigams, den die Braut, wie wir hörten, noch nicht kannte, und in dieser Gegend müssen die Jungfrauen ihrer Verheiratung zustimmen). Trotz allem blieben wir auf der Hut. Unsere Leute hielten ihre Waffen bereit, und als der Zug sich formierte und Herr Rocco sich an die Spitze setzte, wußte Odo sie so geschickt einzureihen, daß sie den Dicken notfalls rasch überwältigen und von den Seinen trennen konnten. Solche Maßnahmen trifft mein Amtsgefährte, der sich lange in Grenzkriegen herumgeschlagen und jede Art von Treulosigkeit erfahren hat, schon fast aus Gewohnheit.
    Auf einem nur leicht abschüssigen, steinigen, aber ausreichend breiten Pfad bewegten wir uns talwärts. Odo ritt an Roccos Seite, und bald waren die beiden in ein Gespräch vertieft. Ich hielt meinen Grisel hart hinter ihnen und spitzte die Ohren, denn was da geredet wurde, interessierte mich. Herr Rocco argwöhnte anscheinend selbst, er könne uns nicht vertrauenerweckend erscheinen. Seine groben Ausfälle gegen den Drogdulf und der Eifer, mit dem er uns beschworen hatte, den Fund in der Felsspalte zu verschweigen, waren ja in der Tat befremdlich. Er legte nun Wert darauf, seine aufrechte Gesinnung und feste Treue gegenüber seinem Nachbarn und dessen Familie zu bekunden. Außerdem hielt er es für nötig, gewisse Besorgnisse zu äußern und auf ‚bedenkliche Vorgänge‘, wie er sie nannte, hinzuweisen, damit sich der Vetter des Herrn Ebrachar bei seiner Ankunft nicht zu sehr verwunderte.
    Da er gewohnheitsmäßig mit lauter Stimme sprach und selbst Vertrauliches noch heraustrompetete, hatte ich trotz des Stimmengewirrs und des Getrappels der Tiere hinter mir wenig Mühe, der Unterredung zu folgen.
    „Glaubt mir, Herr Odo, ich bin besorgt!“ sagte Herr Rocco. „Vor einem Jahr
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