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Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus

Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus

Titel: Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus
Autoren: Robert Gordian
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Begrüße Herrn Ebrachars Vetter!“
    Bobo gehorchte augenblicklich. Herr Rocco stand breitbeinig da, zerrte den Gürtel über dem mächtigen Bauch zurecht und legte die Hand an den goldenen Knauf seines Kurzschwertes. Seine Kleidung war kostbar, mit seidenen Borten und Stickereien versehen, an seinem Stirnband glänzten Edelsteine. Obwohl es, wie bemerkt, ein sehr warmer Tag war, hatte er über den Pelz noch einen Mantel gezogen. Der junge Herr Bobo, der nun auf uns zuschritt, war ebenso aufwendig herausgeputzt, nur daß er anstelle des Sax die Spatha trug, das fränkische Langschwert, das scheppernd neben ihm auf den Felsboden stieß.
    „Euer Scharfsinn hat schon erraten“, sagte Herr Rocco, indem er sich wieder an Odo wandte, „daß wir uns selbst um die Braut bewerben. Ein schönes Mädchen, da habt Ihr recht! Doch Eure Fürsprache wird nicht nötig sein. Ich bin der Nachbar Eures Vetters, vielleicht nicht ganz so reich und bedeutend, aber nicht unwürdig. Da versteht sich von selbst, daß wir unsere Kinder einander zur Ehe geben. Gott der Herr segne den Bund und schütze uns auf unserem Wege! Wir sind nämlich gerade unterwegs, um die Verlobungsgeschenke abzuliefern. Der Ehevertrag ist vorbereitet, die Hochzeit wird nicht auf sich warten lassen. Doch morgen feiern wir erst die Verlobung, wie sich's gehört. Beim heiligen Martin von Tours! Und da bringen wir dem Herrn Ebrachar gleich seinen Vetter mit. Möge ihm das den Trübsinn vertreiben, dem Ärmsten! Aber was ist Euch da passiert?“
    Herr Rocco ging um unseren Wagen herum und besah den Schaden. Er bedauerte, daß er uns nicht seinen eigenen Karren zur Verfügung stellen konnte, der mit Geschenken schon überladen sei. Man könne jedoch ein paar ledige Pferde und Ochsen mit unserem Gepäck belasten. Morgen werde dann unser Gefährt zum Salhof gebracht und vom Wagner wieder instand gesetzt werden.
    Natürlich waren wir einverstanden. Odo war nicht nur erleichtert, weil er sich nun doch nicht geirrt hatte, sondern behauptete auch scherzhaft, die Spitze seiner gewaltigen Nase knetend, daß ihm dies zuverlässige Gerät schon an der Straße den Duft des bevorstehenden Festschmauses zugetragen habe. Auch unsere Leute packte freudiger Eifer. Eilig entluden sie den Wagen und versteckten ihn hinter Büschen, damit er über Nacht nicht gestohlen wurde.
    Herr Rocco versicherte, daß uns kaum mehr als zwei Meilen vom Salhof des Herrn Ebrachar trennten. Wir würden es vor Sonnenuntergang schaffen. Er schickte den Bobo fort, und durch eine Bresche zwischen den Felsen, die wir zunächst nicht bemerkt hatten, führte man gleich darauf die Tiere herbei, die unser Gepäck tragen sollten. Einem der Knechte befahl Herr Rocco, einen Krug Wein zu bringen. Er wolle den kurzen Aufenthalt nutzen, sagte er, um den edlen Herrn Vetter seines Nachbarn und dessen Beichtvater (damit war ich gemeint) mit einem köstlichen, selbstgezogenen Tropfen zu begrüßen.
    In der Nähe der Quelle wollten wir uns auf ein paar moosbewachsene Steine setzen. Da hörten wir hinter uns eine Stimme:
    „Wehe!“
    Ein hagerer, blasser Kerl mit einem winzigen Vogelkopf hatte den Ruf ausgestoßen. Die schwarzen Augen weit aufgerissen, die krallenartigen Hände beschwörend vorgestreckt, kam er rasch näher. Sein dunkler, ziemlich schäbiger Mantel, den er wie eine römische Toga angelegt und gefaltet hatte, hüllte ihn fast vollständig ein.
    „Wehe!“ rief er noch einmal. „Meidet den Ort, hinweg von hier! Schlimmes Geschick erfüllte sich! Blut floß dem bärenkühnen Jäger vom Haupt und färbte den Quell!“
    Er wies mit ausgestrecktem Arm nach dem Stein, auf dem Odo sich gerade niederlassen wollte. Mein Amtsgefährte blieb unschlüssig stehen, halb betroffen, halb amüsiert.
    Herr Rocco dagegen war ungehalten.
    „Was willst du, Drog? Wer hat dir befohlen hierherzukommen?“ herrschte er den Hageren an. „Warum störst du uns!“
    „Sind nicht heute die Nonen des September {4} ?“
    „Ach, schweig! Ich hoffe, meine Herren“, wandte sich Rocco an uns, „daß Euch dieses Gespenst nicht erschreckt hat. Es ist Drogdulf, der Bruder meiner Gemahlin, ein ganz unnützer Mensch und ein bißchen verrückt. Er kann nichts außer lesen, schreiben und schönreden. Er hat einen Ringelschwanz im Maul statt einer Zunge. Ich nehme ihn nur mit, damit er mir den Ehevertrag vorliest. Um sicherzugehen, daß alles drinsteht.“
    „Bittersalzige Tränen werden auf dieser Hochzeit fließen, wenn Ihr verweilt!“
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