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October Daye - McGuire, S: October Daye

October Daye - McGuire, S: October Daye

Titel: October Daye - McGuire, S: October Daye
Autoren: Seanan McGuire
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damals mit dorthin, ein kleines, halb sterbliches Accessoire für einen Spukabend. Ich erinnere mich noch, dass sie die dunkelsten Winkel ihrer Hallen mit Irrlichtern und Glühnebelfunken erhellten und dass der Herr der Mine, mit dem ich tanzte, ein freundliches Lächeln hatte. Daran erinnere ich mich.
    Das Kleid passte mir, als wäre es erst am Tag zuvor geschneidert worden. Maßschneiderei aus Faerie passt für immer, ganz gleich, wie man sich verändert. Ich betrachtete mich im Spiegel, schwenkte den Rock hin und her und wandte den Blick ab. Ich werde immer Amandines Tochter sein. Egal, wie weit ich weglaufe, letzten Endes holt mich Faerie immer ein.
    Quentin starrte auf einen der Wandteppiche, als ich das Schlafzimmer verließ und die Tür hinter mir schloss. Ich räusperte mich. Er schrak zusammen.
    »Komm«, sagte ich. »Es ist Zeit.«
    Amandines Anwesen grenzt auf der südlichsten Seite an Schattenhügel. In den Sommerlanden sind Entfernungen geringer: Wir brauchten keine zwanzig Minuten, um zu Fuß zu einem Ort zu gehen, von dem ich wusste, dass er über eine Autostunde von der Stelle entfernt lag, von der wir aufgebrochen waren. Der Hain, in dem die Bestattung erfolgen sollte, befand sich im Herzen des Familienwalds. Es dauerte weitere zwanzig Minuten, sich den Weg durch den Wald zu bahnen. Lange Kleider sind nicht für Spaziergänge durch Wälder gedacht. Meine Mutter hätte den Marsch bewältigt, ohne ein Mal zu stolper n – so gut passte sie in diese Welt, sogar als Wahnsinnige. So ist es wohl, ein Reinblut zu sein. Ich strauchele und falle, und ich stehe immer wieder auf und laufe weiter. So ist es, ein Wechselbalg zu sein.
    Der Hain füllte sich bereits, als wir eintrafen. Die Leute kamen aus allen Richtungen, trafen sich und verstummten: Niemand wusste, was er sagen oder fühlen sollte. Totenwachen der Reinblütler sind Feierlichkeiten tiefer, bitterer Trauer, aber sie erfolgen für die Lebenden. Menschliche Begräbnisse sind tränenreicher, sie bergen eine Mischung aus Gram, Erleichterung und Grauen und werden für die Toten abgehalten. Jan war ein Reinblut, aber ihre Bestattung würde die erste ihrer Art seit Fae-Gedenken sein. Dadurch wurde es eine Art Wechselbalg-Angelegenheit, bei der sich zwei Welten miteinander vermischten, die einander nicht verstanden und nicht verstehen wollten. Ich denke, das hätte ihr gefallen.
    Ein Scheiterhaufen aus Eichen-, Eschen- und Ebereschenästen befand sich in der Mitte der Lichtung, so angeordnet, dass er einem Phönixnest ähnelte, bedeckt mit einem weißen Seidenlaken. Jan lag in der Mitte, die Hände über dem Bauch gefaltet. Man hatte ihr ein langes, rotgoldenes Kleid angezogen, das den Glanz ihrer Haare betonte und ihre Wunden verbarg. Ich zuckte zusammen, als ich sie erblickte. Alle offensichtlichen Anzeichen darauf, was sie verkörpert hatte, waren verschwunden, sodass nur zurückblieb, was sie war. Ein Reinblut. Eine Daoine Sidhe. Eine Gefallene. Das machte nicht einmal die Hälfte von ihr aus, doch es war alles, was sie noch hatte, und alles, was sie mit ins Grab nehmen konnte.
    Quentin blieb neben mir stehen. »Sie sieht aus, als schliefe sie.«
    »Ich weiß.« Fae verwesen nicht. Sie sah aus, als könnte sie aufwachen und fragen, wo ihre Brille sei. Aber das würde sie nicht tun. Selbst wenn sich der Vorgang eines Tages umkehren ließe und die anderen Verluste bei ALH ins Leben zurückgeholt werden könnten, Jan war für immer fort. Dank Gordan wurde ihr nicht einmal die zweifelhafte Unsterblichkeit der Nachtschatten zuteil. Zum ersten Mal seit Jahrhunderten war ein Kind Faeries wahrhaft verloren.
    Sylvester und Luna standen am Scheiterhaufen und hielten sich an den Händen. Luna nickte mir zu, als wir ankamen, und legte ein Ohr zu einer stummen Begrüßung an. Ich knickste zur Erwiderung höflich, dann ging ich zur gegenüberliegenden Seite des Hains und stellte mich in den Schatten der Bäume. Quentin folgte mir. Nach einem Augenblick klopfte Luna Sylvester auf den Arm, bevor sie ihm etwas ins Ohr murmelte und zu uns herüberkam.
    »Herrin«, sagte ich. Quentin verbeugte sich.
    »Tob y – Quentin«, gab sie zurück und bedachte mich mit einem verhaltenen, traurigen Lächeln. »Geht es dir gut?«
    »Den Umständen entsprechend schon«, sagte ich.
    »Gut. Wir waren besorgt.«
    »Tut mir leid. Ich werde bald mal zu Besuch kommen.« Wahrscheinlich wusste sie, dass ich log. Es war mir egal.
    »Gut. Und Tob y … er ist nicht zornig. Du hast dein Bestes
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