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October Daye - McGuire, S: October Daye

October Daye - McGuire, S: October Daye

Titel: October Daye - McGuire, S: October Daye
Autoren: Seanan McGuire
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Zuckerwatte, und wir erreichten ihn schneller, als es aus perspektivischer Sicht hätte möglich sein sollen.
    Die Gärten um den Turm waren ein Labyrinth aus Grün und wild wachsenden Rosen. Ich führte Quentin hindurch und blieb vor einer kleinen Tür stehen, die fast völlig hinter einem Wünschbrunnen verborgen lag. Stirnrunzelnd betrachtete er sie.
    »Du kennst dich hier ziemlich gut aus«, stellte er fest.
    »Das muss ich wohl.« Ich drückte die Hand gegen die Tür. Sie schwang auf, und ich lächelte traurig. Wenigstens das Haus kannte mich noch. »Ich habe früher hier gelebt.«
    »Wird dein e … «
    »Keine Sorge, Quentin. Meine Mutter ist weg.« Sie ist mittlerweile schon lange weg. Niemand weiß genau, wann Amandine eigentlich verrückt wurde. Ein paar Jahre, nachdem ich verschwunden war, brach sie zusammen und zog in eine innere Welt, weit seltsamer als die Sommerlande. Sie verbringt nicht mehr viel Zeit im Turm. Den meisten Berichten zufolge wandert sie unermüdlich durch Wälder oder steht reglos an Kreuzungen.
    Ich wünschte, ich wüsste, wonach sie sucht.
    »Tut mir leid«, sagte er niedergeschlagen. »Ich habe nicht mitgedacht.«
    »Ist nicht deine Schuld.« Ich trat ein und bedeutete ihm, mir zu folgen.
    Amandines Turm besitzt kein sterbliches Gegenstück: Man erreicht ihn nur über die Sommerlande. Ich führte Quentin durch die Galerie und die Treppe hinauf zu meiner Zimmerflucht. Meine Tür war immer noch geschlossen, versiegelt mit den Schutzbannen, die ich bei meinem letzten Besuch angebracht hatte. Amandine war die Einzige, die diese Tür öffnen konnte, ohne die Banne zu brechen, doch sie würde es nie tun; meine Zimmer würden bis zum Ende der Zeit unverändert bleiben, sofern ich nicht beschloss, sie umzugestalten. Der Gedanke barg etwas Tröstliches und zugleich zutiefst Trauriges. Wir blieben in dem Raum stehen, der früher mein Wohnzimmer gewesen war. Er war beinahe so groß wie meine gesamte Wohnung in der Welt der Sterblichen. Quentin sah sich mit geweiteten Augen um; seine weltmännische Aura verblasste, als er die hohen Fenster und die mit Gobelins verhängten Wände betrachtete.
    »Das ist wirklich schön«, meinte er und klang überrascht.
    »Mag sein. Kannst du hier warten? Ich muss mich umziehen.« Wir besuchten den Turm nur, damit ich meinen Kleiderschrank plündern konnte. In der Welt der Sterblichen hatte ich nichts Passendes, und ich vertraute nicht darauf, dass mir meine Magie ausreichend gehorchen würde, um mich für die gesamte Bestattung angemessen gekleidet bleiben zu lassen.
    »Sicher. Abe r … warum lebst du hier nicht mehr?«
    »Ach, Quentin. Wenn du die Antwort nicht bereits kennst, kann ich dir das unmöglich erklären.« Ich ging durch die Tür ins Schlafzimmer, schloss sie hinter mir und ließ ihn allein.
    Mein altes Schlafzimmer ist nicht groß, aber es ist der einzige Raum im Turm, der bewohnt aussieht. Das Bett wuchs, um sich mir anzupassen, als ich älter wurde, und auf den Regalen an den Wänden stapeln sich immer noch interessante kleine Gegenstände aus den umliegenden Wäldern und Feldern. Ich hatte nie viel für Spielzeug übrig, nachdem ich in die Sommerlande gezogen war, aber ich habe es immer geliebt, herumzurennen und alles zu untersuchen. Alles, was mir gefiel, landete in diesem Zimmer, bis zu dem Tag, an dem ich es verließ.
    Die Türen des Kleiderschranks öffneten sich durch eine Berührung meiner Hand. Sie schwangen weit auf und präsentierten mir einen Regenbogen aus Kleidern. Die meisten waren für ein junges Mädchen entworfen, das gewesen zu sein ich mich nicht erinnern konnt e – und das ich vielleicht auch nie gewesen war. Alle bestanden aus zugleich wilden und seltsamen Dingen: Schmetterlingsflügel und Spinnennetzseide, Pfauenfedern und Drachenschuppen. Mit Kleidung in Faerie verhält es sich ein wenig wie mit dem Kochen in Japan: Wir verwenden alles, was wir haben. Amandine wählte für mich immer möglichst wilde Kleider aus und steckte mich in Farben, die die sterblichen Töne meiner Haut und Haare zur Geltung brachten. Es dauerte lange, bis ich dahinterkam, dass sie das absichtlich tat. Warum sie es tat, weiß ich immer noch nicht genau.
    Das Kleid, nach dem ich suchte, versteckte sich hinten im Schrank, überlagert von den bunteren Kleidern. Es war aus dunkelgrauem Samt gefertigt und mit etwas helleren Seidenrosen besetzt; ich hatte es zu einem Ball in den Coblynau-Höhlen getragen, als ich elf Jahre alt war. Amandine nahm mich
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