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Oberwasser

Oberwasser

Titel: Oberwasser
Autoren: Jörg Maurer
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unscheinbaren Hotels und Pensionen geparkt, um sie bei Bedarf schnell am Einsatzort zu haben.«
    »Hartnäckig hält sich auch ein Gerücht«, sagte Stengele, »dass es mitten im Kurort eine Arztpraxis gäbe, in der man jederzeit Schusswunden und andere ungeklärte Verletzungen behandeln lassen könne.«
    »Sie wissen davon?«, fragte Dr. Rosenberger überrascht.
    »Es ist ein Gerücht, mehr nicht.«
    Wieder entstand eine Pause. Dr. Rosenberger schlug den Schnellhefter auf und notierte etwas. Alle versuchten einen Blick auf das Deckblatt zu erhaschen. Unter dem Schriftzug
Streng vertraulich!
war, etwas kleiner, die italienische Entsprechung
segretissimo!
zu lesen. Nicole Schwattke, die Jüngste im Team, folglich die mit den besten Augen, konnte darunter noch
Direzione Investigativa Antimafia
entziffern.
    »Und diese Arztpraxis sollen wir finden?«, fragte sie.
    »Nein«, sagte Dr. Rosenberger, »darum kümmert sich bereits das BKA . Ein Team ist deshalb schon seit einiger Zeit im Kurort tätig. Das Sondereinsatzkommando ermittelt verdeckt. Sie arbeiten eng mit den italienischen Kollegen von der Antimafia-Einheit
DIA
zusammen. Das BKA agiert schon einige Monate sehr erfolgreich im Kurort. Doch mitten in den brisanten Ermittlungen ist urplötzlich ein Beamter aus dem Team verschwunden. Er heißt Adrian Dombrowski –«
    Nicole machte eine Bewegung zu ihrer Brusttasche hin, in der ein Kugelschreiber steckte. Dr. Rosenberger warf ihr einen strengen Blick zu.
    »Bitte nichts Schriftliches. Notieren Sie sich vor allem keine Namen«, sagte er. »Prägen Sie sich den Namen ein. A-dri-an Dom-brow-ski. Seinen Steckbrief finden Sie hier im Ordner. Wir müssen befürchten, dass er nicht mehr lebt. Er ist wie vom Erdboden verschwunden. Alle Suchaktionen sind ohne Ergebnis geblieben. Nachdem wir alle anderen Möglichkeiten ausgeschlossen haben, bleibt nur die übrig, dass er getötet wurde.«
    »Gibt es nicht die Möglichkeit, dass er doch noch am Leben ist?«, fragte Nicole. »Vielleicht wurde er verschleppt!«
    »Wenn das so wäre, hätte er einen Weg gefunden, sich bei uns bemerkbar zu machen. Er ist, wie alle Beamten in Team, ein Profi, der mit den Risiken bei verdeckten Ermittlungen vertraut ist.«
    »Kann er sich nicht außerhalb des Kurorts befinden?«
    »Dann hätte er Spuren hinterlassen, die aus dem Ort herausführen.«
    »Wir sollen also diesen Adrian Dombrowski finden?«, fragte Jennerwein.
    »Mehr als das. Ein weiterer BKA -Beamter, Fred Weißenborn, ist kurz darauf ebenfalls verschwunden.«
    Fred Weißenborn. Maria Schmalfuß bemerkte eine emotionale Erschütterung, als Dr. Rosenberger diesen Namen aussprach.
    »Ich kenne diesen Mann gut«, fuhr er fort. Er blickte plötzlich sehr ernst. »Das ist keiner, der spurlos verschwindet. Außerdem lege ich meine Hand für ihn ins Feuer. Er ist ein enger Freund von mir, ein Sandkastenspezi, wenn Sie so wollen. Ich hoffe inständig, dass er noch lebt. Sie müssen ihn finden und retten. Und wenn Sie sein Leben nicht retten können, dann finden Sie die Spur, die zu seinem Mörder führt.«

6 .
    Auf der Kramerspitze in knapp zweitausend Meter Höhe. Aus der Ferne Kirchenglocken. Der Wilderer in Werdenfelser Tracht hält sich mit der einen Hand am Gipfelkreuz fest, mit der anderen fuchtelt er mit einem uralten Schießprügel herum.
    Wilderer (singt) Auf den Bergen wohnt die Freiheit!
    Ein Hubschrauber nähert sich.
    Lautsprecherstimme Geben Sie auf, Sie haben keine Chance!
    Wilderer (lädt nach) I gib net auf, nia und nimmer!
    Zwei vermummte Männer seilen sich ab, greifen sich den Wilderer und ziehen ihn hoch. Im Inneren des Hubschraubers reißt er den falschen Schnauzbart herunter.
    Wilderer Den Düwel ook, dat war knapp!

7 .
    Fès (wobeihalt nun mal wesentlich besser aussieht), uralter Treffpunkt der Seidenhändlerkarawanen um das fruchtbare Land von Habran-al-m’chein, erbaut im alten Tal der Hoffnung, Königsstadt und Keimzelle der buntscheckigen Lügengeschichten. Schief gepflasterte, vom groben Wüstenstaub polierte Tuffsteine, Klänge von abessinischen Qarqabas, Wüstenschalmeien und quietschenden zweilöchrigen Flöten, die die Gesänge der Nachtigallen und das Geschrei der Affen nachzuahmen versuchen. Die Sonne brüllt. Die Hitze dampft dir den Rest von klarer Denke aus dem Hirn. Doch die Gerüche, die betörenden Anmutungen an die Nase sind das Umwerfendste an Fès. Dort einen klaren Kopf behalten? Unmöglich. Die Düfte der vielen kühnen
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