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O diese Rasselbande

O diese Rasselbande

Titel: O diese Rasselbande
Autoren: Rosemarie Ditter
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und verraten.
    „Machen Sie kein so finsteres Gesicht, Kollege“, lächelt der Rex, „ich bin davon überzeugt, daß wir auch Ihrer Klasse noch die Ecken abschleifen werden, und habe keineswegs den Mut verloren. Aber ich halte es nach den letzten Vorfällen nicht für richtig, schon wieder eine Neuaufnahme in diese Klasse zu wagen, schon gar nicht ein Mädchen. Die UIII sollte eine ganze Zeit durch nichts vom Gleichmaß ihres Unterrichtes abgelenkt werden.“
    „Ich bin der Ansicht, wir legen der UIII zu viel Gewicht bei“, entgegnet Studienrat Oertel verdrossen, „es wird zu viel Staub um die Rasselbande aufgewirbelt. Wenn eine Neuaufnahme angemeldet ist, darf sie nicht der Bengels wegen abgewiesen werden.“ Der Studienrat reckt sich auf:
    „Diesmal fügen sie sich, ich stehe dafür ein.“
    Das Lächeln um Professor Oppermanns Lippen vertief!; sich. „Ich nehme auch nicht an, daß sie es noch einmal wagen werden, einen neuen Schüler die halbe Nacht mit verbundenen Augen an einen Baum zu binden, weil er angegeben hat.“
    „Ein Mädchen schon gar nicht“, wirft der Studienrat ein. Professor Oppermann schüttelt den Kopf.
    „Sie werden dem Mädchen auf andere Weise zusetzen, verlassen Sie sich darauf. Es wird neue Schwierigkeiten geben.“ Studienrat Oertel muß sich zusammennehmen, um nicht aufzubrausen.
    „Mir ist diese verdammte Sache so schon mächtig an die Nieren gegangen, Herr Direktor. Bitte weisen Sie die Neuaufnahme nicht ab. Nicht wir haben uns zu fügen, sondern die Untertertia.“ Die gütigen Augen des Professors begegnen für Sekunden den blitzenden des Studienrates. Der Rex muß an den Beinamen denken, den der Studienrat unter seinen Schülern hat. Den „Löwenbändiger“ nennen sie ihn. Wie treffend junge Menschen oft etwas auszudrücken verstehen.
    Der Rex erhebt sich und streckt dem Studienrat die Hand hin. „Gut“, sagte er, „da Sie darauf bestehen, Kollege Oertel, will ich Herrn Braun schreiben, daß er seine Tochter schicken soll. Wir wollen nur hoffen, daß Sie Recht behalten.“

    Im dritten Stock liegt das Klassenzimmer der Untertertia. Während der großen Pause müssen sich alle Schüler im Hof aufhalten, so lautet die Schulordnung. Der Aufsichtslehrer geht den langen Gang ab und schaut in die einzelnen Räume, um sich davon zu überzeugen, daß sie leer sind.
    Er öffnet die Tür der U III.
    In der Klasse ist nur ein kleiner, schmächtiger Junge zu sehen, der die Tafel säubert.
    „Was machst du hier?“
    Der Junge dreht sich um. „Ich habe Ordnung“, sagt er sanft.
    „Dann beeile dich“, erwidert Dr. Kraus und schließt die Tür. „Fips“ nennen die Kameraden diesen kleinen, drahtigen Kerl, weil sie behaupten, daß er dem Affen Fips von Wilhelm Busch ähnlich sieht. Als die Tür wieder ins Schloß fällt, klimpert Fips mit den Augendeckeln und glotzt wie ein Karpfen auf Land. Er wirkt dabei unglaublich dumm und einfältig. Dann schlägt er energisch und mit aller Kraft das Tafeltuch aus. Eine Staubwolke hängt in der Luft und sein Anzug ist weiß, wie mit Mehl bestäubt.
    „So“, sagt er, „jetzt will ich euch mal aus meiner selbstkomponierten Oper vorsingen.“
    Euch? - Er ist doch hier allein.
    Er winkelt den Arm, als halte er eine Gitarre und zupft mit der rechten Hand darüber hin. Mit den Lippen ahmt er den Klang der Gitarre nach.
    „Plim plim--plum plum.“
    Dann legt er mit gewaltigem Stimmaufwand los:

„Komm herab
in die Gondula,
komm herab - plim plim - plum plum
Geliebte mein.
Oh, Violametta,
komm herahab
komm herab - plim plim - plum plum
ich harre dein
- plim plim - plum plum!“

    Da fliegt die Tür des großen Klassenschrankes, die eine Handbreit aufstand, mit kräftigem Ruck zurück und eine zornige Stimme erschallt:
    „Mann, wenn du nicht gleich ruhig bist, komm ich ,herab' und über dich, daß dir Hören und Sehen vergeht. Kein normaler Mensch kann bei diesem Gejaule eine lateinische Übersetzung abschreiben.“
    Das ist „Onkel“, der Älteste und Größte der Rasselbande, der da quer im Schrank sitzt, Rücken und Fußsohlen gegen die Schmalseiten des Schrankes gepreßt, das Heft auf den angezogenen Knien. Dies ist sozusagen Onkels Stammplatz, an dem er
    während der Pause seine Schularbeiten zu erledigen pflegt. Obwohl er die Klasse schon einmal hat durchmachen müssen, kann er sich nicht dazu entschließen, zu Hause zu arbeiten. Der Trick mit dem Schrank ist totsicher, da bisher die Lehrer noch nicht auf den Gedanken gekommen sind,
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