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Nur Engel fliegen hoeher

Nur Engel fliegen hoeher

Titel: Nur Engel fliegen hoeher
Autoren: Wim Westfield
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es aus der Hose zu ziehen und küsst ihn dabei. Er fährt mit seinen Händen durch ihre lange schwarze Mähne. Plötzlich hält sie inne und ruft: »Mein Gott! Da kommt jemand!«
    Beide sehen erschrocken zur Tür. Jonas tritt mit einem vollen Einkaufsbeutel in die Werkstatt.
    »Tut mir leid. Ich wusste nicht ...«, Jonas stolpert über das blecherne Auspuffteil, »... dass ihr gerade dabei seid, ein Teil zu montieren.«
    »Du bist Jonas?«, fragt Bianca.
    »Ja. Woher kennst du mich?«
    »Ich habe hier ein Paket Noten für dich. Es ist von Julia.« Sie macht ihre Tasche auf und überreicht ihm den dicken Umschlag.
    Jonas sieht sie überrascht an. »Wer bist du?«
    »Julias Freundin Bianca aus Berlin. West-Berlin.«
    »Wie geht es Julia?«
    »Den Umständen entsprechend gut.«
    »Kennst du die Noten?«
    »Nein. Julia hat mir nur gesagt, dass du sie dringend brauchst.«
    »Ja. Die Blätter sind wichtig. Ich bin dir sehr dankbar und hoffe, es irgendwann einmal gutmachen zu können.«
    »Was für ein Instrument spielst du?«, fragt Bibi.
    Fred steht mit großen Augen dabei und versteht gar nichts mehr. »Hey, Alter, willst du mich verarschen? Du spielst doch kein Instrument«, mischt er sich ein.
    »Sind da etwa keine Noten drin?«, fragt Bianca misstrauisch.
    »Wann triffst du Julia wieder?«, fragt Jonas zurück.
    »Ich wohne zwei Straßenecken von ihr entfernt. Ich kann sie nachher anrufen, wenn du ihr etwas ausrichten willst.«
    »Bitte sprich nur mit ihr, wenn du dir sicher bist, dass Marc nicht zuhört.«
    »Was soll ich ihr sagen?«
    »Ich bedanke mich ganz herzlich für das Paket. Ich werde sie rechtzeitig informieren, wann das Konzert stattfinden wird.«
    »Deine Geheimniskrämerei ist schon etwas gewöhnungsbedürftig«, erwidert Bianca.
    »Wir leben in einem Land, in dem man besser nicht alles sagt.«
    »Einfach schade, dass ihr in diesem Scheißloch versauert.«
    »Wart ab, du kleenes Biest«, sagt Fred. »Irgendwann bin ick ooch im Westen. Und dann haste nischt mehr zu lachen.«
    »Echt süßes Versprechen!«
    Jonas kramt zehn D-Mark aus seinem Portemonnaie, reicht sie Bianca und fragt: »Was kostet ein Strauß Rosen bei euch?«
    »Ungefähr einsdreißig das Stück. Kommt auf die Größe an.«
    »Würdest du bitte Julia sieben rote Rosen mitnehmen, wenn du zu ihr gehst?«
    »Das mache ich gern. Aber das Geld behalte bitte. Du brauchst es dringender.« Sie legt den Schein auf Freds Werkbank.
    »Danke. Ich werde es dir irgendwann zurückzahlen.«
    »Ich nehme ihr eine Locke von deinem Haar mit.« Bianca kramt eine Nagelschere aus ihrer Handtasche und schneidet eine dicke Strähne aus Jonas' Haar.
    »Wirst du es schaffen, bis zur Entbindung bei ihr zu sein?«, fragt sie.
    »Mein Ausreiseantrag läuft erst seit wenigen Wochen. Niemand kann sagen, wann er genehmigt wird und ob überhaupt. Bitte sag Julia, dass ich mich beeilen werde. Es hält mich nichts mehr in diesem Land.«
    Als Bianca gegangen ist, schließt Jonas die Haustür ab und geht mit Fred ins hintere Zimmer. Fred zieht die Gardinen zu und schaltet das Licht an. Jonas reißt den dicken Umschlag auf und breitet den gesamten Inhalt auf dem Fußboden aus.
    »Wow, Alter! Feine Noten hast du dir schicken lassen. Dit sieht ja richtig jut aus. Sogar mit Materialliste und allen Maßen.«
    »Fred, schaffst du es, mir so einen Gleiter zu bauen?«
    »Wenn ick dir dit Ding baue und du flatterst damit in' Westen, dann verbring ick den Rest meines Lebens in Bautzen.«
    »Wenn du damit nichts zu tun haben willst, was ich gut verstehen kann, sammele ich sofort alles ein und ziehe bei dir aus.«
    »Mensch, Alter, lass mich doch wenigstens mal druffkieken. So wat sieht man nich alle Tage.«
    »Hältst du es für möglich, das Material zu beschaffen?«
    »Dit is alles Alurohr. Keen Thema. Da hab ick schon kompliziertere Sachen jebaut.«
    »Und die Tuchbespannung?«
    »Segeltuch. Janz einfach. Segeln doch genug Bonzen aufm Scharmützelsee. Dit Ding is wirklich janz easy zu bauen. Warum is da noch keener druff jekomm?«
    Fred sieht sich gründlich jede Zeichnung an. Dann legt er den Stapel säuberlich zusammen und sagt: »Und du kannst mir versichern, Alter, dass die Zeichnungen jut sind und dit Ding och wirklich fliegt?«
    »Die Pläne für diesen Gleiter stammen von einem amerikanischen Drachenflieger. Der hat dieses Gerät selbst geflogen.«
    »Dit is ja wie 'n Flugticket in' Westen.«
    »Ja. Ein Ticket in den Westen.«
    »Wieso eigentlich nur
een
Ticket? Ick kann
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