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Nur Engel fliegen hoeher

Nur Engel fliegen hoeher

Titel: Nur Engel fliegen hoeher
Autoren: Wim Westfield
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Bianca doch nich ewig warten lassen.«
    Fred und Jonas sehen sich freudestrahlend an und schlagen ihre Hände gegeneinander.
     

Kapitel 26
    Anfang Juli 1989 haben Fred und Jonas alle notwendigen Alurohre besorgt und beginnen in der Ladenwohnung mit dem Bau der zwei Hängegleiter. Die Werkstatt im Souterrain bleibt tagsüber verschlossen und ist mit Gardinen zugehängt. Nach jedem Arbeitsgang werden die fertigen Segmente unter der langen Werkbank versteckt und mit Teilen eines alten Steilwandzeltes abgedeckt. Bei einer Hausdurchsuchung könnten sich Fred und Jonas herausreden, dass sie ein neues Zeltgestell aus Alurohr konstruieren wollten.
    Exakt nach Bauanleitung fertigen sie zwei Delta-Gleiter mit einer Spannweite von elf Metern. Die Piloten werden in breiten Gurtbändern hängen, zur Flugsteuerung dient ein dreiecksför-miges Rohrgestell, das am zentralen Punkt des Drachens aufgehängt wird.
    Die Aluminiumrohre kaufen sie als Meterware im Campingbedarf. Für die Rohrverbindungen fertigt Fred Aluhülsen, die mit Hilfe von Flügelschrauben schnell montiert werden können. Die Gurtbänder für die Piloten beschafft Jonas gegen harte D-Mark bei einem Polsterer. Er näht sie per Hand mit dicker Angelsehne zusammen.
    Schon Mitte Juli sind die tragenden Konstruktionen der beiden Drachen fertig. Mehrfach üben sie, die Aluteile bei Dunkelheit zusammenzuschrauben und dabei möglichst kein Geräusch zu machen. Es gelingt ihnen, in weniger als zwanzig Minuten ihr Gestell zu montieren.
    Jetzt fehlt nur noch die Tragflächenbespannung. Die Beschaffung des dafür vorgesehenen Gewebes erweist sich schwieriger als angenommen. Zuerst versuchen sie, Segeltuch als Meterware zu kaufen. Im größten Sportgeschäft der DDR, dem »Haus für Sport und Freizeit« in der Berliner Karl-Marx-Allee, erfahren sie, dass sie dazu den Bezugsschein einer Segelsektion einer Betriebssportgemeinschaft benötigen. Darauf muss bestätigt sein, dass sie aktiv am Regattasport teilnehmen, aber selbst mit einem Bezugsschein müssten sie mit zwei bis drei Jahren Wartezeit rechnen und bekämen auch dann nicht beliebig viel Segeltuch, sondern nur soviel, wie für eine neue Garnitur einer Segeljolle benötigt wird. Fred und Jonas brauchen Tuch für vier Segeljollen.
    Fred telefoniert mit dem Betriebsdirektor des VEB Kunstseide in Sömmerda in Thüringen. Der Direktor schickt ihnen eine kleine Gewebeprobe seiner Regenschirmseide. Es handelt sich um ultraleichtes, reißfestes Nylongewebe mit wasserdichter Beschichtung. Genau das Richtige. Sie melden sich bei dem Betrieb an, um Regenschirmseide einzukaufen.
    An einem warmen Julitag reisen sie in Freds Polski-Fiat nach Sömmerda. In dem kleinen Betrieb in Thüringen werden sie vom Direktor persönlich begrüßt. Er zeigt ihnen das Lager. Dort liegen bis an die Decke gestapelt Hunderte Ballen von Regenschirmseide. Bunt bedruckt zwar, aber vom Material her genau das Richtige.
    »Soso, meine Herren, ihr wollt also in Berlin eine Kleinproduktion mit wasserdichten Regenjacken aufmachen«, fragt der Direktor in seinem gemütlich eingerichteten Büro, in dem das obligatorische Honecker-Bild hängt.
    »Genau das haben wir vor. Ihre Regenschirmseide ist exakt das Material, das wir suchen.«
    »Jungs, ihr könnt von Glück reden. Normalerweise wird hier
    überhaupt nix für die inländische Konsumgüterproduktion verkauft. Aber uns ist ein West-Exportauftrag flöten gegangen. Seit einem Jahr produzieren wir nur noch fürs Lager. Alles erste Wahl, aber keiner will's haben.«
    »Wir würden Ihnen zunächst fünfzig Quadratmeter abkaufen, um unsere Musterkollektion anzufertigen. Ist das möglich?«, fragt Fred.
    -Kein Problem, wir haben genug von dem Zeug.«
    »Könnten Sie uns das bitte einpacken lassen. Wir bezahlen gleich hierin bar.«
    »Kein Problem.« Der Direktor sitzt auf seinem Drehsessel und schmunzelt.
    »Ja, dann machen wir das am besten gleich«, ergänzt Jonas.
    »Ich brauchte dann von euch nur noch die Bescheinigung eures Rates der Stadt, dass ihr tatsächlich Regenjacken nähen wollt, und dazu die offiziell bestätigte Kontingentierung, wie viel Seide ihr einkaufen dürft.«
    »Das reichen wir gern nach, wenn wir unsere Musterkollektion fertig haben. Dann wissen wir ja auch genau, wie viel wir pro Jahr abnehmen würden.«
    Der Direktor beugt sich vor und sagt leise: »Jungs, ohne Stempel und Unterschrift läuft hier gar nix mehr.«
    »Wieso? Sie wollen doch Ihren Produktionsüberschuss loswerden?«
    Der
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