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Nur ein Kuss von dir

Nur ein Kuss von dir

Titel: Nur ein Kuss von dir
Autoren: S. C. Ransom
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allmählich wurde sogar Josh langsamer und wir betrachteten das Gemetzel auf dem Tisch.
    Mein Bruder lehnte sich zurück, die Hände hinter dem Kopf verschränkt. »Puh, das hab ich gebraucht. Glaubt ihr, dass wir nach jedem Unterricht so einen Kohldampf haben?«
    Max jagte dem letzten Stück Pizza auf dem gewaltigen Teller nach. »Ich jedenfalls immer.« Er kaute kurz, dann schob er seinen Teller zur Seite. »Isst du das noch auf, Schwesterchen?«
    »Bedien dich.« Sabrina schob ihm ihren Teller hin. »Aber du musst dich langsam daran gewöhnen, weniger zu essen, bevor du auf die Uni gehst, oder du bist nach einer Woche dem Zusammenbruch nahe.«
    »Sehr wahr«, nuschelte Max undeutlich mit dem Mund voller Peperoni.
    »Wo hast du dich beworben?«, fragte ich.
    »Vor allem Leeds, zur Absicherung Exeter.«
    »Ich hab auch Leeds gewählt«, meinte Josh. »Ich hab nicht gewusst, das du da auch hingehst. Ist ja klasse.«
    »Hängt aber von meinen Noten ab«, erwiderte Max düster. »Die Prüfungen waren schwerer, als ich erwartet hatte. Ich bin mir nicht so sicher, ob ich angenommen werde.«
    »Welche Fächer hast du gewählt?«, fragte ich.
    »Geschichte, Englisch und Latein.«
    Latein! Wunderbar. Dann konnte ich Max bitten, mir die Gravur zu übersetzen. Er würde das viel besser können als Josh. Ich lächelte Max an.
    »Du hast Naturwissenschaften gewählt, oder?«, fragte er und ich nickte. »Na, von denen hab ich keine Ahnung. Da geben wir doch ein klasse Paar ab, was?«
    Max und Sabrina wechselten wieder einen Blick, und ich merkte, wie ich rot wurde. Das war mir ziemlich peinlich.
    »Was hast du denn vor, Alex?« Sabrina legte das Kinn in die Hand und beugte sich mit einem freundlich-interessierten Lächeln zu mir vor. »Bei welcher Uni wirst du dich bewerben?«
    Trotz der warmen spanischen Nacht ließ mich die Frage schaudern, und ich spürte, wie mir eine feuchte Kälte über den Rücken kroch.
    »Alex denkt noch darüber nach. Stimmt’s, Schwesterherz?«, warf Josh ein. »Ihr Praktikum beim Tierarzt war nicht gerade der Hit.«
    »Nein, das kannst du laut sagen«, meinte ich seufzend. »Es war der totale Horror, und meine Studienpläne haben sich erst mal zerschlagen. Seit ich ein Kind war, wollte ich Tierärztin werden, aber die harte Realität sieht so aus, dass es vor allem ein stumpfsinniger Job ist, unterbrochen von gelegentlichem Blutvergießen, mit dem wieder Leben in die Bude kommt.«
    Die anderen lachten ein bisschen hilflos. Sie wussten nicht genau, wie ernst es mir war. Ich fuhr fort:
    »Eines Tages haben sie uns einen kleinen Hund gebracht. Ein Streuner, der von einem Auto angefahren worden war.« Ich hatte das Bild noch genau vor Augen, konnte das verfilzte weiße Fell geradezu spüren, das scharfe Antiseptikum noch riechen, das Vertrauen in den Augen des Hundes sehen. »Er war schrecklich verletzt und hätte nur noch ein erbärmliches Leben vor sich gehabt. Daher bekam ich den Job, ihn zu halten und beruhigend auf ihn einzureden, während ihm Mr Henderson die tödliche Spritze gab.«
    Ich versuchte, nicht weiter an die Einzelheiten zu denken, wie ich den Hund hielt und die Spritze ihre Wirkung tat, wie ich den Schwanz beobachtete, der trotz der schrecklichen Verletzungen immer noch wedelte, schließlich aber langsamer wurde, und wie die Augen, erst noch weich, warm und freundlich, kalt und glasig wurden, als der Funke in ihnen erlosch.
    Ich traute mich nicht, den Kopf zu heben, als ich weitersprach: »Es war grässlich. Und es hat mir klargemacht, dass ich nicht dazu geschaffen bin, Tierärztin zu werden. Das Blöde ist bloß, dass ich jetzt keine Ahnung hab, was ich machen soll.«
    Ich hob den Kopf und sah, wie Max mich mitfühlend anblickte. Dann langte er über den Tisch, drückte sanft meine Hand und hielt dabei meine Finger für den Bruchteil einer Sekunde länger, als eigentlich nötig. Plötzlich merkte ich, dass ich seinen Blick nicht länger erwidern konnte, und schaute schnell wieder auf den Tisch. Er ließ los, die Unterhaltung um mich herum ging weiter, und ich lachte an den richtigen Stellen, doch irgendetwas stimmte nicht. Ich kam nicht dahinter, ob es die Erinnerung an den Tod des kleinen Hundes war, die mich so durcheinandergebracht hatte, oder ob es Max’ Berührung war. Meine Finger fühlten sich an, als würden sie da brennen, wo er sie gehalten hatte.

3. Rettung
    Auch wenn es schien, als würde es die Probleme geradezu heraufbeschwören, sah ich nun jeden Tag Max und den
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