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Nur die Liebe heilt

Nur die Liebe heilt

Titel: Nur die Liebe heilt
Autoren: Raeanne Thayne
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durchgestanden – nicht Taryns Zeugenaussage und auch nicht den epileptischen Anfall, auf den Evie mit professioneller Sicherheit reagiert hatte.
    „Muss er … ins Gefängnis?“, fragte Taryn.
    Er wusste nicht genau, was er antworten sollte. Richterin Kawa hatte vor etwa zwei Stunden das Urteil verkündet. Seine Mutter, die auf sein Bitten hin im Gericht geblieben war, hatte ihn angerufen und gesagt, dass Charlie zu einem Jahr Jugendgefängnis verurteilt worden sei, gefolgt von einer dreijährigen Bewährungszeit. Außerdem wurde ihm der Führerschein bis zu seinem 21. Lebensjahr abgenommen.
    „Ein Jahr Jugendarrest“, erklärte er Taryn. „Die Richterin hat aber einen Spielraum gelassen. Er kann wegen guter Führung früher entlassen werden.“
    „Ein Jahr“, flüsterte sie. „Ich werde ihn vermissen.“
    Er konnte seine nächsten Worte selbst nicht fassen. „Wir können ihn ja besuchen, wenn du magst. Aber du musst mir versprechen, dass du ab sofort alles daransetzt, gesund zu werden.“
    „Das möchte ich … jetzt“, sagte sie. Wieder wurde ihm schwer ums Herz, als er sich vorstellte, welche Last Taryn die ganze Zeit mit sich herumgeschleppt hatte. „Das weiß ich.“
    Sie schenkte ihm ein halbes Lächeln und schloss die Augen wieder. Als er sicher sein konnte, dass sie eingeschlafen war, ließ er ihre Hand los, lehnte sich zurück und lauschte dem leisen Brummen der Infusionspumpe und dem Summen der anderen Geräte im Raum.
    Dann musste er weggedämmert sein, denn irgendwann wurde er davon wach, dass die Tür leise geöffnet wurde. Er ging davon aus, dass es sich um eine der Krankenschwestern handelte, deshalb ließ er die Augen geschlossen, bis der Duft von Wildblumen in sein Bewusstsein drang.
    Als er die Augen öffnete, stand Evie vor ihm. Sie trug noch immer Rock, Bluse und Blazer wie vor Gericht, anscheinend war sie noch nicht zu Hause gewesen. In der Hand hielt sie ein paar Tüten.
    Ihre Blicke trafen sich, und Brodie strich sich mit einer Hand durchs Haar. Sofort spürte er wieder, wie Ruhe ihn durchströmte. Tatsächlich war er überglücklich, dass sie da war.
    „Entschuldige, ich habe dich geweckt“, flüsterte sie und warf Taryn einen Blick zu. „Als ich dich schlafen sah, wollte ich einfach nur ein paar Sachen und eine kleine Notiz hierlassen. Deine Mutter hat mir Kleider zum Wechseln mitgegeben. Und außerdem habe ich mir von Dermot ein paar Sandwiches einpacken lassen, falls ihr hungrig seid.“
    Als sein Magen wie aufs Stichwort knurrte, fiel ihm wieder ein, dass er seit heute Morgen nichts gegessen hatte. Und jetzt war es schon nach neunzehn Uhr. Ja, er hatte Hunger, aber vor allem hatte er das Bedürfnis, die Arme um sie zu schlingen.
    „Das klingt fantastisch. Ich könnte auf der Stelle ein halbes Dutzend von Dermots Sandwiches verdrücken.“
    „Ich glaube nicht, dass er so viele eingepackt hat“, gab sie lächelnd zurück und streckte ihm eine Tüte hin. „Aber das sollte für den Anfang reichen. Es sind auch Pommes frites und ein Stück Kuchen dabei.“
    „Danke.“ Er wollte so vieles sagen, all die Worte, die seit letzter Woche in seinemKopf herumspukten.
    „Wie geht es ihr?“, erkundigte sich Evie.
    „Gut. Sie ist ziemlich erschöpft. Die Ärzte wollen auf Nummer sicher gehen und zunächst einmal abwarten, ob sie nicht noch einen Anfall bekommt. Doch so wie es bisher aussieht, können wir morgen nach Hause gehen.“
    „Das hoffe ich.“ Sie machte einen Schritt auf das Bett zu und betrachtete Taryn mit zärtlichem Blick.
    Ihm wurde schon wieder ganz warm ums Herz. Sie liebte seine Tochter, das konnte er deutlich an ihrem Gesicht ablesen. Obwohl sie so viel Schmerz und Trauer durchgemacht hatte, war Evie in der Lage, seinem Mädchen gegenüber das Herz zu öffnen. Sie hatte sogar ihren heiß geliebten Hund aufgegeben, nur um Taryn zu helfen.
    War es denn ein Wunder, dass er diese Frau wie verrückt liebte?
    Als diese Erkenntnis ihn traf, ließ er sich auf dem unbequemen Krankenhausstuhl zurücksinken.
    Er liebte Evaline Blanchard. Dafür, dass sie seine Tochter liebte, und aus tausend Gründen mehr.
    Sie brachte ihn zum Lachen, wenn das Leben ihm mal wieder so furchtbar ernst erschien. Und erst jetzt begriff er, wie sehr er sich schon immer nach solchen leichten und hellen Momenten gesehnt hatte.
    Außerdem brachte sie es fertig, in jedem Menschen das Gute zu sehen. So wie sie Charlie die Hand gereicht hatte, als alle anderen in der Stadt ihn am liebsten
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