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Nur der Tod sühnt deine Schuld

Nur der Tod sühnt deine Schuld

Titel: Nur der Tod sühnt deine Schuld
Autoren: Carla Cassidy
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Detective.«
    »Klingt gut.« Und an Haley gewandt sagte Tolliver: »Wenn Sie mich brauchen, ich bin in der Küche.« Damit verließ er den Raum.
    Selma verschwand in den Flur, und Haley blieb allein im Wohnzimmer zurück. Sie trat näher an die Fotos heran. So viele Kinder, manche schwarz, andere kaffeebraun, wieder andere hellhäutig und blond, aber eines hatten sie alle gemeinsam: Sie hatten ein strahlendes Lächeln im Gesicht.
    Haley zog nervös an einer Haarsträhne. Molly würde nicht lächeln. Ob sie sich überhaupt an ihre Tante erinnerte? Es war mehr als zwei Jahre her, dass Haley zu einem kurzen Weihnachtsbesuch in Pleasant Hill gewesen war.
    Monica und sie hatten damals fast die ganze Zeit gestritten. Monica wollte, dass Haley ihren Job in Las Vegas aufgab und wieder nach Pleasant Hill zog. »Außer dir habe ich doch keine Verwandten«, hatte sie gesagt. »Ich möchte so gerne, dass du in unserer Nähe wohnst.«
    Wenn Haley dem Wunsch ihrer Schwester damals doch nur nachgekommen wäre. Dann hätten sie die letzten zwei Jahre damit zugebracht, miteinander zu streiten und sich wieder zu versöhnen, ihre Kleider zu tauschen und am Leben der anderen teilzuhaben.
    »Hier ist Ihre Kleine«, sagte Selma.
    Haley drehte sich um und sah ihre Nichte stocksteif in der Tür stehen. Tausend Eindrücke stürmten auf Haley ein. Vor zwei Jahren war Molly ein pummeliger, pausbäckiger kleiner Fratz gewesen, der ununterbrochen kicherte.
    Nun stand da ein viel erwachsener wirkendes, schlankes Mädchen und starrte auf den Boden. Das lange hellblonde Haar war zu einem ordentlichen Zopf geflochten, an dem sie spielte. Sie trug Jeans und ein pinkfarbenes T-Shirt mit der Aufschrift »Princess Lollipop«. Haley hatte es ihr zu ihrem letzten Geburtstag geschenkt.
    »Ich lasse euch zwei jetzt mal allein, damit ihr euch ein bisschen unterhalten könnt«, sagte Selma. Als die mollige Frau in die Küche ging, hätte Haley sie am liebsten zurückgehalten.
    Es war lächerlich, Angst zu haben. Verdammt, bei der Arbeit in der Bar hatte sie öfters mit Betrunkenen zu tun gehabt, die zudringlich wurden. Einmal hatte sie sich einem Freund entgegengestellt, der vor Eifersucht total ausgeflippt war und dachte, sie würde sich das einfach so bieten lassen. Da konnte sie es doch wohl noch mit einer verängstigten Achtjährigen aufnehmen.
    »Molly?« Sie ging zu dem kleinen Mädchen hinüber und hockte sich vor sie. »Molly, meine Süße. Erinnerst du dich noch an mich, Tante Haley? Alles wird gut. Bald wird alles wieder gut.«
    Molly ließ den Zopf los, hob langsam den Blick und schaute Haley an. In den Tiefen ihrer dunkelgrünen, langwimprigen Augen sah Haley Seelenqualen, die etwas in ihr zerbrechen ließen.
    Sie schloss Molly in die Arme und gab endlich ihrer Trauer nach. Mit einem tiefen, verzweifelten Schluchzer drückte sie das Kind an sich. Was sollten sie ohne Monica tun? O Gott, was sollten sie nur tun?
    Haley erlaubte sich nur diesen einen Schluchzer. Den Rest schluckte sie hinunter, weil sie stark sein wollte für Molly, die wie ein verängstigtes Vögelchen in ihren Armen zitterte und still weinte.
    Haley hielt das kleine Mädchen eine ganze Weile umfangen, dann löste sie die Umarmung und stand auf. Sie nahm Molly bei der Hand, ging zum Sofa hinüber und setzte sich neben das Kind.
    Molly umklammerte Haleys Hand, als könnte sie sich daran wie an einer Rettungsleine aus dem Alptraum befreien, in dem sie gefangen war. Haley hätte ihr am liebsten gesagt, dass sie sich nicht
zu
fest halten sollte, nicht
zu
abhängig von ihr werden.
    Ein paar Minuten lang sagte Haley nichts. Sie saß einfach nur neben ihrer Nichte, die nach Zahnpasta mit Kaugummigeschmack duftete und sie erwartungsvoll anblickte.
    »Wir haben uns lange nicht gesehen«, sagte Haley. »Erinnerst du dich noch an mich?« Molly nickte. »Glaub mir, alles wird gut.« Haley zwang sich, optimistisch zu klingen. »Bald wird alles wieder gut.«
    Molly starrte Haley an wie ein Wesen von einem fremden Stern. Haley beschloss, nicht lange um den heißen Brei herumzureden. Sie wollte das Hässliche so schnell wie möglich hinter sich bringen, zumal Detective Tolliver in der Küche wartete.
    »Molly, Schätzchen, kannst du mir erzählen, was passiert ist? Kannst du mir sagen, wer deiner Mommy weh getan hat?«
    Molly drückte Haleys Hand und schüttelte lebhaft den Kopf, die Augen schreckgeweitet. »Okay, okay, du musst jetzt nicht drüber reden«, sagte Haley schnell. Auch wenn
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