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Nur der Tod sühnt deine Schuld

Nur der Tod sühnt deine Schuld

Titel: Nur der Tod sühnt deine Schuld
Autoren: Carla Cassidy
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arbeitete sie halbtags im Verkauf, damit sie sich nachmittags um Molly kümmern konnte.«
    »Was ist mit Mollys Vater?«, erkundigte sich Tolliver, während er in eine von Bäumen gesäumte Straße einbog.
    »Er ist tot. Auf dem Weg vom Büro nach Hause mit dem Auto verunglückt. Da war Molly gerade ein Jahr alt.« Haley seufzte. »Ich würde sagen, als Verdächtiger scheidet er damit wohl aus.«
    »Wie sicher sind Sie, dass Ihre Schwester keine Dates hatte?«
    Haley runzelte nachdenklich die Stirn. »Ziemlich sicher. Monica hat immer gesagt, dafür ist noch genügend Zeit, wenn Molly größer ist. Sie wollte die Kleine nicht verwirren, indem sie sie mit Männern bekannt machte, die vielleicht nie eine besondere Rolle in ihrem Leben spielen würden.«
    »Ganz sicher sind Sie aber nicht?« Der Detective fuhr an den Straßenrand und parkte vor einem gepflegten beigefarbenen Bungalow mit tannengrünen Fensterläden. Er machte den Motor aus und blickte Haley an.
    »Ich weiß nur, dass sie es mir gegenüber nie erwähnt hat.« Sie starrte auf das Haus, und die Angst, die sie eine Weile erfolgreich unterdrückt hatte, brach sich wieder Bahn. Haley drehte sich zu Tolliver um. »Wir haben mindestens zwei-, dreimal die Woche telefoniert. Wir haben uns gegenseitig über alles Wichtige auf dem Laufenden gehalten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie mir einen Mann in ihrem Leben verheimlicht hätte.«
    Haley wandte sich wieder dem Haus zu. Da drin war Molly, bei völlig fremden Menschen. Molly, die unter dem Bett gelegen hatte, als man Monica fand. O Gott, was hatte sie gesehen? Was hatte sie gehört? Ob sie überhaupt begriffen hatte, dass ihre Mommy tot war? Oder erwartete sie womöglich, dass Monica hier auftauchte und sie nach Hause holte? Erwartete sie, dass in ihrem Leben alles wieder so wurde wie vorher?
    »Das Ehepaar Roberts ist sehr erfahren. Sie haben im Laufe der Jahre eine ganze Reihe von Kindern in Pflege genommen.«
    Haley sah ihm in die Augen. »Haben Sie Kinder, Detective?«
    »Zwei Jungs, beide schon erwachsen.« In seinem Blick lag eine Wärme, die Haley beinahe aus der Fassung brachte. »Ich weiß, wie schwer das für Sie ist, Haley, aber wir müssen herausfinden, was Molly gesehen hat. Jede noch so kleine Kleinigkeit, die sie uns erzählt, kann die Ermittlungen voranbringen. Den Roberts zufolge hat sie kein Wort gesprochen, seit die Sozialarbeiterin sie hier abgeliefert hat. Molly ist furchtbar verängstigt und braucht Sie. Genau wie wir Sie brauchen. Sie müssen das kleine Mädchen zum Sprechen bringen.«
    Haley wollte nicht, dass Tolliver auf sie angewiesen war. Niemand sollte auf sie angewiesen sein. Sie kniff die Augen fest zusammen und versuchte, die Tränen zurückzuhalten.
    »Brechen Sie mir jetzt nicht zusammen, Haley«, sagte Tolliver sanft. »Das kleine Mädchen da drinnen ist auf Sie angewiesen.«
    Er hatte recht. Die Trauer musste warten. Haley musste stark sein. Für Monica. Und für Molly. »Okay, gehen wir«, sagte sie und stieg aus dem Wagen.
    Selma Roberts, eine Frau, die Haley auf Ende fünfzig, Anfang sechzig schätzte, öffnete ihnen. Sie hatte kurzes graues Haar, freundliche braune Augen und ein Lächeln, bei dem es Haley sofort ein wenig leichter ums Herz wurde.
    Im Haus roch es angenehm nach Zimt und Möbelpolitur mit Zitronenduft. Selma führte den Detective und Haley ins Wohnzimmer. Sofa und Sessel sahen abgenutzt, aber bequem aus, und in den Regalen stapelten sich Kinderbücher, Puzzles und Spiele.
    An den Wänden hingen Fotos von Jungen und Mädchen jeden Alters. »Das sind unsere Kinder«, sagte Selma zu Haley. »Insgesamt vierunddreißig in den letzten zwanzig Jahren. Wenn sie zu uns kamen, waren sie allesamt verängstigt und einsam, doch die meisten haben sich schon nach wenigen Stunden so wohl gefühlt, dass sie wieder lachen konnten. Ihre kleine Molly gehört leider nicht dazu.«
    »Hat sie immer noch nicht gesprochen?«, fragte Tolliver.
    Selma schüttelte den Kopf. »Nicht ein Wort. Aber ihr Schweigen hat keine körperlichen Ursachen. Ich weiß, dass sie sprechen könnte, wenn sie wollte.«
    »Wie kommen Sie darauf?«, erkundigte sich Haley neugierig.
    »Wahrscheinlich hatte sie einen Alptraum, jedenfalls hat sie mitten in der Nacht geschrien.« Selma bemühte sich um ein Lächeln. »Die arme Kleine. Bestimmt fühlt sie sich gleich viel besser, wenn sie Sie sieht. Am besten hole ich sie jetzt mal. In der Küche gibt’s übrigens Kaffee und frisch gebackenen Zimtkuchen,
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