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Nur Der Tod Bringt Vergebung

Nur Der Tod Bringt Vergebung

Titel: Nur Der Tod Bringt Vergebung
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sie in eine Zelle zu sperren und gut zu bewachen.
    Der König betrachtete die roten Kratzspuren auf seinen Unterarmen, die Gwid ihm beigebracht hatte. Dann wandte er sich Fidelma zu.
    «Ich glaube, Ihr schuldet uns eine Erklärung, Schwester», sagte er und fügte dann etwas freundlicher hinzu: «Seid Ihr verletzt?»
    Eadulf half Fidelma vom Boden auf, klopfte ihre Kleider ab, goß Wein in einen Pokal und reichte ihn ihr.
    Fidelma lehnte dankend ab.
    «Agatho ist der Verletzte, um den Ihr Euch kümmern müßt.»
    Sie drehten sich zu Agatho um. Schwester Athelswith war schon dabei, seine Blutung zu stillen.
    Trotz des Messers und des Blutflecks lachte Agatho jetzt und kreischte mit schriller Stimme:
    «Wem außer den Göttern ist es vergönnt, auf Erden zu wandeln, ohne Schmerzen zu leiden?»
    «Ich werde ihn zu Bruder Edgar, unserem Medikus, bringen», bot Schwester Athelswith an.
    «Das wird das beste sein», stimmte Fidelma traurig lächelnd zu. «Bruder Edgar wird die Schnittwunde zu behandeln wissen. Für den umnachteten Geist des armen Mannes wird er wohl leider kaum etwas tun können.»
    Während die domina des domus hospitale Agatho zur Tür führte, wandte sich Fidelma zu König Oswiu um.
    «Ich hatte vergessen, wie stark und geschickt Schwester Gwid ist», sagte sie entschuldigend. «Und ich konnte nicht ahnen, daß sie vor Zeugen zu Gewalt greifen würde.»
    «Schwester Fidelma, wollt Ihr uns sagen, daß Gwid diese abscheulichen Morde ganz allein auf dem Gewissen hat?» fragte Äbtissin Abbe mit grimmiger Miene.
    «Ja», bestätigte Fidelma, «genau das will ich sagen. Und Schwester Gwid hat Euch den Beweis für ihre Schuld selbst geliefert.»
    «Allerdings», stimmte Äbtissin Hilda zu. Der Schreck über Gwids Gewalttätigkeit stand ihr noch ins Gesicht geschrieben. «Aber daß eine Frau … so stark sein kann …!»
    Fidelma wandte sich lächelnd an Eadulf. «Ich glaube, ich könnte jetzt doch etwas von dem Wein vertragen.»
    Eifrig reichte ihr der sächsische Bruder den Weinpokal. Sie trank ihn aus und stellte ihn auf den Tisch.
    «Ich wußte, daß Gwid Äbtissin Étain verehrte und sich große Mühe gab, ihr zu gefallen. Aber es war ein Irrtum anzunehmen, daß diese Verehrung bloßem Respekt entsprang. Nach den jetzigen Ereignissen sind wir alle schlauer. Gwid hat in Emly bei Étain studiert. Sie ist ein einsames, unglückliches Mädchen, das übrigens als Kind aus seinem Heimatland verschleppt worden war und fünf Jahre lang hier in Northumbrien als Sklavin leben mußte. Mit der Zeit begann sie, Étain förmlich anzuhimmeln. Sie empfand es als schweren Schlag, als Étain zurück nach Kildare ging, sie ihr jedoch nicht folgen konnte, weil sie noch einen weiteren Monat in Emly bleiben mußte. Als sie endlich frei war und Étain nachreisen wollte, hörte sie, daß Étain zur Teilnahme an der Synode in Streoneshalh berufen worden war. Sie entschloß sich zur Überfahrt von Irland nach Iona. Dort, in Iona, lernte ich Gwid kennen. Um sich unserer Reisegruppe nach Streoneshalh anschließen zu können, behauptete sie, Étain habe sie zu ihrer Sekretärin ernannt. Hinweise darauf, was in Wirklichkeit geschehen war, gab es reichlich, doch weder ich noch alle anderen wußten sie richtig zu deuten. Als ich Étain sah, erkannte sie Gwid nur sehr zögerlich als ihre Sekretärin an. Und Athelnoth gab uns zu verstehen, daß Gwid nicht auf Wunsch Étains, sondern aus freien Stücken nach Streoneshalh gekommen sei. Seiner Meinung nach hatte Étain die Schwester, nachdem sie nun einmal hier war, nur aus Mitleid zu ihrer Sekretärin gemacht. Er führte nicht näher aus, worauf er diese Annahme stützte, weil er seine Beziehung zu Étain nicht offenbaren wollte. Doch wurde seine Meinung von Seaxwulf bestätigt. Wilfrids Sekretär sagte uns ganz unmißverständlich, daß Gwid nicht Étains Vertrauen besäße und auch nicht in die Verhandlungen eingeweiht worden sei, die Wilfrid mit Étain geführt hatte. Wir alle waren so entsetzt, als wir von diesen Verhandlungen erfuhren, daß wir diesen wichtigsten Punkt übersahen.»
    Fidelma hielt inne. Sie goß sich noch etwas Wein ein und nippte nachdenklich an dem Pokal.
    «Gwid hatte sich in eine unnatürliche Verehrung für Étain hineingesteigert – eine Leidenschaft, die Étain niemals erwidern konnte. Étain selbst hat mir einen Hinweis darauf gegeben, den ich jedoch lange Zeit übersehen habe. Sie sagte, Gwid könne zwar sehr gut Griechisch, verwende aber mehr Zeit darauf,
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