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Nur Der Tod Bringt Vergebung

Nur Der Tod Bringt Vergebung

Titel: Nur Der Tod Bringt Vergebung
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Kunst bei Sinlán von Kildare studiert», erklärte Fidelma. «Für ein geübtes Auge ist es nicht schwer, die persönlichen Besonderheiten einer Schrift zu erkennen – die Art, wie die Buchstaben geformt sind, die Verzierungen, die Neigung der Schrift. Sapphos Verszeilen waren eindeutig von Gwid abgeschrieben.»
    «Dann sollten wir Euch dankbar sein, Fidelma von Kildare», sagte Colmán ernst. «Wir schulden Euch viel.»
    «Bruder Eadulf und ich haben den Fall gemeinsam gelöst», entgegnete Fidelma verlegen.
    Sie lächelte Eadulf rasch zu.
    Eadulf erwiderte diese Geste.
    «Schwester Fidelma ist zu bescheiden. Ich habe nicht viel zur Lösung beigetragen.»
    «Immerhin genug, um Eure Ergebnisse der Versammlung bekannt zu geben, ehe ich heute mittag meine Entscheidung verkünde», gab Oswiu zurück. «Genug, um meinen Worten die Schärfe zu nehmen und das Mißtrauen zu zerstreuen, das sich in den Köpfen unserer Brüder und Schwestern eingenistet hat.»
    Er hielt inne und lachte bitter.
    «Ich spüre, wie eine Last von meinen Schultern fällt, weil der Mord an Äbtissin Étain nicht für Iona oder Rom, sondern im Namen der Sinneslust, die zu den niedrigsten Beweggründen zählt, begangen wurde.»
     

XX
     
    Im sacrarium war es ungewöhnlich still, als Oswiu sich von seinem Thron erhob und den Blick über die erwartungsvollen Gesichter schweifen ließ. Jetzt, da sie ihre Aufgabe gelöst hatten, fühlten sich Schwester Fidelma und Bruder Eadulf auf der Synode seltsam fehl am Platz. Anstatt sich zwischen die Vertreter ihrer jeweiligen Kirchen einzureihen, standen sie stumm nebeneinander an einer Seitentür und beobachteten die Ereignisse, als gehörten sie nicht länger dazu.
    «Ich habe meine Entscheidung getroffen», verkündete Oswiu. «Ja, letztendlich bedurfte es gar keiner großen Entscheidung mehr. Nachdem alle Begründungen vorgebracht worden waren, kam es auf die eine, alles entscheidende Frage an: Welche Kirche besitzt die größere Autorität – die Kirche Roms oder die Kirche Columbans?»
    Erwartungsvolles Gemurmel regte sich im Saal. Oswiu hob die Hand, um die Anwesenden zum Schweigen zu bringen.
    «Colmán berief sich auf Johannes, Wilfrid auf Petrus. Jesus selbst hat Petrus zum Hüter des Himmelstors ernannt, und ich möchte mich nicht gegen ihn stellen. Im Gegenteil, ich möchte seinen Befehlen in jeder Hinsicht gehorchen, damit er mich, wenn ich dereinst selbst am Himmelstor stehe – zu dem er, wie in der Heiligen Schrift nachzulesen ist, die Schlüssel in Händen hält –, nicht fortschickt und sich weigert, mich einzulassen.»
    Oswiu hielt inne und sah sich im Saal um, in dem eine unnatürliche Stille herrschte. «Daher soll die Kirche in meinem Königreich Northumbrien von nun an die Lehren Roms befolgen.» Die Stille wirkte geradezu unheimlich.
    Endlich erhob sich Bischof Colmán.
    «Mein König, ich habe alles gegeben, um Euch in den zurückliegenden drei Jahren treu zu dienen, als Abt von Lindisfarne und als Euer Bischof. Mit schwerem Herzen muß ich nun diese beiden Ämter aufgeben und in mein Heimatland zurückkehren, denn nur dort kann ich jetzt dem auferstandenen Christus nach meinem Gewissen und den Lehren meiner Kirche dienen. All jene, die auch weiterhin den Lehren Columbans folgen wollen, sind herzlich eingeladen, mich zu begleiten.»
    Oswiu verzog keine Miene, doch in seinem Blick lag tiefe Trauer.
    «So muß es wohl sein.»
    Gemurmel erhob sich, als Colmán sich umwandte und das sacrarium verließ. Hier und da erhoben sich einige Anhänger der Kirche Columbans, um der würdevollen Gestalt ihres Bischofs zu folgen.
    Mit trauriger Miene stand Äbtissin Hilda auf.
    «Die Synode ist zu Ende. Vade in pace. Gehet im Frieden und in der Gnade unseres Herrn Jesus Christus.»
    Schwester Fidelma sah zu, wie die Reihen sich leerten. Bei vielen Teilnehmern herrschte bedrücktes Schweigen. Die Entscheidung war gefallen, und Rom hatte gesiegt.
    Eadulf biß sich auf die Lippe. Obgleich er der römischen Gesandtschaft angehörte, schien ihn der Ausgang eher traurig zu stimmen, denn er sah Fidelma unglücklich an.
    «Die Entscheidung ist rein politischer Natur», sagte er. «Sie wurde nicht aus theologischen Gründen getroffen, was ich sehr bedauere. Oswius größte Angst ist es, gegenüber den sächsischen Königreichen im Süden der Insel, über die er auch weiterhin Vorherrschaft ausüben will, ins Abseits zu geraten. Hätte er an den Lehren Ionas festgehalten, während die anderen Sachsenkönige
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