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Nur Blau - Roman

Nur Blau - Roman

Titel: Nur Blau - Roman
Autoren: Bernhard Aichner
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zurück.
    Danke, sagte Jo.
    Du weißt, dass ich das tun muss, sagte Mosca.
    Er schaute auf die Lammfellrolle unter sich.
    Dann saß er am Unteren Mainkai auf einer Bank.
    Er hatte einen olivgrünen Anzug an, ein weißes Hemd, seine Haare waren nach hinten frisiert, seine Beine übereinander geschlagen, neben ihm auf der Bank lag, in Packpapier gehüllt, ein Monochrom. Ein kleines. Er hatte es hinter einem großen Stapel Bilder gefunden, Jo würde es nicht vermissen.
    Mosca schaute zu, wie eine Gruppe Japaner ein Dinnerboot bestieg, sie würden ein Abendessen an Bord bekommen und irgendwann betrunken über den Main fahren und den Lichtern in den Bankentürmen zuprosten.
    Was für ein Unsinn, dachte er.
    Weiter links fischte einer. Er war noch jung. Mosca hatte immer geglaubt, nur alte Menschen fischen. Der Fischer hatte einen Klappstuhl mitgebracht, die Angel steckte in einer Halterung vor ihm. Es schien, als könnte nichts ihn aus der Ruhe reißen.
    Er war eine Stunde zu früh. Er war sonst immer pünktlich, an diesem Tag war er zu früh. Er war nervös. Wie er den Fischer beobachtete, dachte er, dass er ein gutes Leben hatte. Viele hätten ihn beneidet, diesen Fischer, für die Ruhe, die ihn umgab. Mosca tat es nicht.
    Er war zufrieden mit seinem eigenen Leben, es war gleichmäßig wie ein Strom, es rann fett dahin, er beklagte sich nie, er hatte alles, ihm fehlte nichts. Er konnte sich jeden Monat einen neuen Anzug kaufen, er lebte in einer großartigen Wohnung mit einem großartigen Mann. Sein Beruf befriedigte ihn, er hatte viel Zeit sich zu pflegen und das zu tun, wonach ihm war.
    Bevor er Jo traf, war er allein. Lange Jahre Jung­geselle. Er konnte sich nicht vorstellen, sein stilles, elegantes Leben zu teilen mit irgendwem. Hin und wieder nahm er sich einen Liebhaber, befriedigte seine Lust, aber er ließ niemanden in seine gut organisierte Welt. Jo war der erste. Mit ihm war es anders.
    Er platzte hinein in sein Leben, er war einfach da und ging nicht mehr weg, er gab ihm die Ohrfeige in der Bar, setzte sich und blieb sitzen. Von Anfang an berauschte ihn dieser junge Mensch, er war wie wilder Wein, und er war schön und unendlich zärtlich. Er würde ihn nie verlieren, er würde ihm die Wahrheit sagen am Abend, er würde aufhören, ihn zu hinter­gehen. Mosca nahm sein Taschentuch und polierte seine Schuhe. Dann kam Yves03.
    Er kam von hinten. Er war klein, untersetzt, schmächtig, in Schwarz gekleidet, und er sprach mit Akzent.
    Guten Tag, ich heiße Janusz, schön, dass Sie gekommen sind.
    Er setzte sich auf die Bank, er wirkte gehetzt.
    Mosca zog das Bild zu sich auf den Schoß.
    Schmidt, log er.
    Sie saßen auf der Bank und schauten auf den Main. Der Fischer zog an der Schnur, sie hatte sich verhakt irgendwo, er fuchtelte mit den Händen, er wirkte jetzt unruhig.
    Ist es das, fragte Janusz, ohne Mosca und das Bild anzusehen.
    Ja, sagte Mosca. Ich habe ein kleines mitgebracht, aber man sieht, wie hervorragend die Arbeit ist, sogar das Leinen ist aus den fünfziger Jahren. Es stimmt alles.
    Mosca begann, das Packpapier zu lösen.
    Schön, sich mit Ihnen zu unterhalten, sagte Janusz, Sie verstehen etwas von Klein. Ich bin schon sehr gespannt, ich bin durchgefahren, Warschau–Frankfurt, dreizehn Stunden.
    Er drehte sich zu Mosca hin. Ein ausdrucksloses Gesicht, faltig, ausgetrocknet, unscheinbar. Mosca wusste nicht, was er sich erwartet hatte, aber dieser Mann hatte etwas Unangenehmes, er konnte nicht fassen, was es war, aber es war da.
    Wenn es ein privates Treffen gewesen wäre, ein Blind-Date, organisiert via Internet-Partnerbörse, hätte er sich in diesem Moment überlegt, wie er sich schnell aus der Situation retten könnte. Aber sie waren wegen dem Bild hier. Er musste diesen Mann nicht mögen. Er würde ihn das Bild sehen lassen und dann zurück zu Jo gehen. Er würde ihn nie wieder sehen, er würde nicht aufzuspüren sein, der Pole würde ihn nicht finden. Dieses Abenteuer wäre zu Ende, er würde sich eine andere Handlung suchen.
    Aber wieder kam es anders. Er handelte wider seine Vernunft. Das war das Reizvolle, das Neue, das, was oft gefehlt hatte in seinem Leben, das Ungeplante, Spontane, etwas Unkontrolliertes, das ihn mit sich riss.
    Der Pole saß da und schaute das Bild an. Lange sagte er nichts. Mosca war gespannt auf seine Reaktion, was würde ein Außenstehender zu Jos Arbeiten sagen, waren sie wirklich so gut, würden sie der Kritik eines Fachmanns standhalten, er wollte es wissen.
    Der
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