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Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Titel: Nummer Drei: Thriller (German Edition)
Autoren: Nicholas Lake
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    Wie auch immer, Tony war eine Sechs, wenn wir über das Heißsein sprechen. Weder heiß noch unheiß. Er war einer dieser Männer, auf die man überall trifft – durchschnittliche Größe, durchschnittliches Gewicht, leicht ergrautes Haar. Er sprach, als stamme er aus dem West Country, aber das war auch schon das Interessanteste an ihm. Trotzdem war er nach Dad der mächtigste Mann an Bord. Ich meine, Damian war zwar der Kapitän, aber er war nur für die nautischen Belange zuständig. Tony sollte dafür sorgen, dass wir überlebten.
    Sobald wir an Bord waren, ging ich in mein Zimmer – Dad bestand darauf, es meine Kajüte zu nennen – und packte meine Sachen aus. Ich hatte ein Doppelbett, einen Plasmabildschirm mit DVD -Player und ein eigenes Bad. Auf den Nachttisch stellte ich das Foto von Mom in dem Silberrahmen, auf dem sie mit mir schwanger ist. Es wurde in Griechenland am Pool aufgenommen. Sie lacht und kümmert sich in ihrem grünen Bikini nicht die Bohne um ihren riesigen Bauch.
    Als ich meine Sachen auspackte, entdeckte ich die Geige. Sie lag ganz unten im größten Koffer. Eine Woche vor der Abreise war zusammen mit den Sachen, die ich mit Dads Kreditkarte gekauft hatte, ein komplettes Kofferset von Burberry in meinem Zimmer erschienen. Die Geige steckte wohlbehalten im gepolsterten Koffer unter meinen Sachen. Mir stockte der Atem.
    Dazu müssen Sie wissen, dass die Geige in die Zeit vor dem Ereignis gehört. Ich weiß nicht, wer sie eingepackt hatte, ob mein Dad oder die Stiefmutter, aber ich glaube, es war mein Dad, und er hätte es doch besser wissen müssen. Der Anblick weckte alle Erinnerungen, die in mir umherschwirrten wie die Motten um das Licht. Das Licht war die Violine.
    Zum Beispiel erinnerte ich mich an die Privatklinik an dem Tag, als die Twin Towers einstürzten.
    Ich war zehn Jahre alt, und meine Mutter lebte seit einem Monat in dieser äußerst teuren Einrichtung in der Nähe von Cold Spring im Staat New York. Es ging ihr allmählich besser. Sie hatte ein paar Elektroschocktherapien bekommen, und nur die hatten ihr irgendwie geholfen. Aber seit ihrer Ankunft hatte sie gut siebzig Pfund zugenommen, und sie zitterte.
    Ich erinnerte mich auch an den vorherigen Besuch, bei dem ich mit ihr im Speisesaal gesessen hatte. Sie hatte aus keinem ersichtlichen Grund losgeschrien und behauptet, die Schwestern wollten sie vergiften.
    Ich weiß schon, was Sie denken: Therapien mit Elektroschocks gibt es nicht mehr. Da irren Sie sich aber gewaltig.
    Dies war lange, bevor ich die Begriffe Zwangsstörung oder schwere klinische Depression kennenlernte, aber glauben Sie mir, ich wusste alles über diese Erkrankungen.
    Am elften September hatte ich die Geige in die Klinik mitgenommen, weil ich mich an einer neuen Musikschule bewerben wollte und Mom sich gewünscht hatte, mich spielen zu hören. Das sei wie ein Sonnenstrahl in diesem Haus . Also ging ich auf ihr Zimmer, das eher einer Suite in einem wirklich schönen Fünfsternehotel ähnelte, auch wenn sie immer klagte, wie schlecht die Klinik sei, und spielte für sie. Ich hatte mich für ein Capriccio von Paganini entschieden, weil ich damit ein bisschen angeben konnte.
    Mom lächelte, während ich spielte. Ich hatte sie seit Wochen nicht mehr lächeln sehen, und allein das öffnete mein Herz. Sie hatte recht – der Sonnenschein brach durch und brachte alles zum Erstrahlen.
    Danach gingen wir nach unten in den Gemeinschaftsraum, wo der Fernseher lief und Domino gespielt wurde. Ich weiß bis heute nicht, warum sich seelisch Kranke immer so für Domino interessieren, aber jedenfalls lieben sie das Spiel. Andere spielten Karten oder plauderten. Die meisten sahen fern. Außerdem sabberten sie und so weiter. Es war ziemlich still wie in einem Wartezimmer, nur dass ich nicht wusste, worauf die Leute warteten. Vermutlich auf sich selbst. Ja, sie warteten auf sich selbst, damit es ihnen wieder besser ging.
    Dann wurden einige der wacheren Patienten auf das Fernsehen aufmerksam. Jemand drehte die Lautstärke hoch, und auch ich beobachtete schließlich, was dort übertragen wurde.
    »Es sind die Twin Towers«, erklärte Mom.
    Das wusste ich schon. Dad arbeitete nur ein paar Blocks davon entfernt. An diesem Tag war er jedoch auf Geschäftsreise in Italien, weshalb ich Mom allein besuchte. Ganz allein war ich natürlich nicht. Unser Fahrer wartete auf dem Kiesweg auf mich, um mich zu unserem Apartment am Central Park zurückzubringen.
    Auf dem Bildschirm
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