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Nullpunkt

Nullpunkt

Titel: Nullpunkt
Autoren: Lincoln Child
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den Schnee so lange geformt, bis er aussah wie eine brechende Welle. «Das ist nichts als Schnee», sagte Carradine. «Ich kann nicht riskieren auszuweichen – möglicherweise würden wir dann erneut ins Schleudern geraten. Wir brechen durch. Halten Sie sich fest.»
    Penny umklammerte den Haltegriff bereits so fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. Sie hielt den Atem an, als Carradine direkt auf den Kamm zusteuerte. Der Truck erzitterte unter dem Aufprall, und Carradine trat das Gaspedal durch, um nicht an Geschwindigkeit zu verlieren.
    Plötzlich machte die Zugmaschine einen wilden Satz, und die Vorderachse hing in der Luft. Penny wurde nach vorn geschleudert und wäre trotz des Sicherheitsgurts fast mit dem Kopf auf das Armaturenbrett geschlagen. «Verdammt!», fluchte Carradine und kurbelte wild am Lenkrad. «Da muss ein Felsen gewesen sein unter dem Schnee!»
    Ein zweiter wüster Schlag, als die hinteren Räder der Zugmaschine über den Felsen rumpelten und der Vorderwagen schwer auf das Eis zurückkrachte. Es gab ein Geräusch wie von einer abgefeuerten Kanone, und plötzlich wurde der schwere Sattelzug langsamer. Penny fiel in den Sitz.
    «Wir sind hinten eingebrochen!», rief Carradine. «Gehen Sie an den Funk, sagen Sie denen dahinten, sie sollen alle nach vorne gehen, schnell!»
    Penny Barbour kramte nach dem Handstück, ließ es fallen, hob es wieder auf. «Fortnum, wir sind ins Eis eingebrochen! Schaffen Sie alle in den vorderen Teil des Anhängers, schnell!»
    Sie hängte das Handstück zurück, als Carradine wie wahnsinnig das Gaspedal durchtrat. Der Diesel heulte auf, und die Zugmaschine drängte vor, während das Heck des Anhängers durch das Eis brach. Penny spürte, wie sie sich weiter und weiter neigten und der Winkel größer wurde. «Nein!», hörte sie sich selbst aufstöhnen. «Gütiger Himmel,
nein

    Carradine wechselte die Gänge und trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch. Es gab ein weiteres lautes Krachen, fast so laut wie das erste, und ganz langsam und unter metallischem Kreischen befreite sich der Sattelzug aus dem Loch im Eis, dann machte er einen Satz nach vorn. Hastig nahm Carradine das Gas zurück, um auf der spiegelglatten Eisfläche nicht die Kontrolle über das Fahrzeug zu verlieren. Penny Barbour sank in ihrem Sitz zusammen. Die Erleichterung war überwältigend.
    «Das war knapp», sagte Carradine. Er warf einen Blick auf die Tankanzeige. «Die Tanks sind knochentrocken. Keine Ahnung, womit wir jetzt fahren.»
    Penny sah auf die Anzeige des GP S-Empfängers . Endlich war Land zu sehen, ein schmaler Streifen Weiß vierhundert Meter direkt voraus.
    Der Sattelzug umrundete die letzten Felsbrocken, dann rumpelte er die Uferböschung hinauf und beschleunigte. Carradine atmete einmal tief und zitternd durch, dann zupfte er an seinem Blumenhemd und fächelte sich damit Luft zu. Unvermittelt setzte er sich auf und zeigte nach vorn. «Sehen Sie!»
    Penny Barbour spähte durch die Scheibe. In der Ferne, wo Himmel und Horizont sich berührten, erkannte sie eine niedrige Ansammlung dunkler Umrisse und ein blinkendes rotes Licht.
    «Ist das …?», begann sie.
    Der Trucker nickte. Auf seinem Gesicht war ein breites Grinsen erschienen. «Arctic Village.»
    Rasch nahm Penny das Handstück des Funkgeräts aus der Halterung. «Penny Barbour an Fortnum. Wir haben es geschafft. Arctic Village liegt direkt vor uns.»
    Als sie das Handstück zurückhängte, meinte sie über dem Brummen des Diesels von hinten aus dem Anhänger Jubelrufe zu hören.

Epilog
    Der Tag war hell und klar wie Kristall, als schämten sich die Elemente für ihre eigene Wildheit – als wollten sie Buße leisten für den vorangegangenen Sturm. Die Luft war vollkommen still, ohne jeden Windhauch, und wäre nicht die Basis gewesen, man hätte glauben können, dass die Natur an diesem abgelegenen Ort nur zwei Farben kannte: blendendes Weiß und strahlendes Blau.
    Am Morgen war ein stetiges Kommen und Gehen gewesen: Sanitätshubschrauber, Leichentransporter, eine verwirrende Vielfalt verschiedenster Militärhelikopter sowie ein kleiner Jet voll mit Männern in dunklen Anzügen, die Marshall aus irgendeinem Grund äußerst nervös gemacht hatten. Nun stand er zusammen mit Faraday, Logan und Kari Ekberg auf dem Feld vor dem Eingang zur Basis. Sie hatten sich dort eingefunden, um Usuguk Lebewohl zu sagen, der im Begriff stand, die Rückreise zu seinem verlassenen Dorf anzutreten.
    «Du bist sicher, dass du nicht gefahren
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