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Null

Null

Titel: Null
Autoren: Adam Fawer
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schob sie nach vorne, dazu noch fünf schwarze, und warf sie alle in den Pott.
    «Sie sind dran», sagte Walter. «Gehen Sie mit?»
    Caine sank der Mut. Er konnte nicht mehr erhöhen. Das war’s. Um mitzugehen, musste er 7875   Dollar setzen. Wenn er verlor, stand er bei Nikolaev mit elftausend Dollar in der Kreide – was etwa 10   600   Dollar mehr waren, als er auf seinem Bankkonto hatte. Das waren ernst zu nehmende Schulden bei einem sehr ernst zu nehmenden Mann. Aber wenigstens hätte Caine damit die Frage geklärt, ob er immer noch spielsüchtig war. Sein Vertrauensmann bei den Anonymen Spielern würde richtig stolz auf ihn sein.
    Aber das spielte alles keine Rolle. Denn wenn er hier mit seinen vier Assen aufgab, obwohl er die Chance hatte, den Pott zu gewinnen – in dem nun fette 15   750   Dollar lagen   –, würde er sich umbringen.
    «Ich bin dabei», sagte er mit einem halbherzigen Seufzer,und sein Magen krampfte sich zusammen. Er ließ acht lila Chips in den Pott gleiten und sagte: «Dann zeigen Sie mal her.»
    Caine spürte, dass sich der ganze Tisch gespannt vorbeugte, um zu sehen, ob Walter tatsächlich die für einen Royal Flush nötigen Pikdame und Pikzehn auf der Hand hatte oder ob alles nur Spinnerei war. Walter drehte seine Karten eine nach der anderen um. Als Caine sah, dass die erste eine Pikdame war, wusste er, dass Walter gewonnen hatte. Dennoch sah er wie versteinert zu, als der alte Mann auch die Pikzehn aufdeckte. Royal Straight Flush. Es war das einzige Blatt, das Caines Vierling schlagen konnte. Er hatte alles verloren. Es kam ihm unwirklich vor. Die Wahrscheinlichkeit war so gering gewesen, dass es beinahe unmöglich war.
    Caine versuchte etwas zu sagen, aber es gelang ihm nicht. Er schaffte es nur, den Mund ein wenig zu bewegen, doch ehe ein Laut aus seiner Kehle dringen konnte, brach der Gestank über ihn herein und verschlang ihn wie eine Flutwelle aus fauligem Fleisch. Er spürte, wie der Gestank in seine Haut einzog, in seinen Adern pulsierte, durch Nase, Mund und Augen in ihn eindrang. Es war schlimmer als je zuvor. Es war der Gestank des Todes.
    Alles wurde schwarz, und Caine fiel zu Boden. In dem kurzen Moment, ehe er das Bewusstsein verlor, nahm Caine ein Gefühl wahr, das ihn erstaunte: Erleichterung.

Kapitel // 2   //
    Um Punkt 2.15   Uhr blieb Nava Vaner an der Ecke 20th Street 7th Avenue stehen, um sich eine Zigarette anzustecken. Es war ihr einziges Laster, und wie alles andere in ihrem Leben hatte sie es vollkommen unter Kontrolle. Sie gestattete sich eine Zigarette pro Tag, es sei denn, sie führte eine Observierung durch, in welchem Fall man nie wusste, was passieren würde. Heute aber war sie nicht im Einsatz, und daher war es ihre erste und letzte Zigarette für diesen Tag.
    Sie legte den Kopf in den Nacken und nahm einen tiefen Zug, betrachtete konzentriert die rote Glut vor dem trüben Nachthimmel. Ausatmend tat sie, als würde sie nachsehen, ob irgendwelche Autos oder Busse kamen, ehe sie schließlich den Fußgängerüberweg betrat. Es war jedoch nicht der Verkehr, nach dem sie Ausschau hielt, sondern ein Beschatter.
    Obwohl es schon weit nach Mitternacht war, wimmelte es an diesem Samstag auf dem Gehsteig von Nachtschwärmern. Ihr Instinkt verriet ihr, dass ihr jemand folgte, sie wusste nur nicht, wer es war. Abrupt machte sie kehrt,reihte sich in den Pulk der Passanten ein und versuchte ihren Verfolger zu erkennen.
    Ein obdachloser Schwarzer wich ihr stolpernd aus und rempelte dabei drei Gruftis an, die ihn wegstießen. Sofort schrillten bei Nava die Alarmglocken, aber sie brauchte einen Augenblick, ehe sie begriff, wieso. Nichts am Äußeren des Mannes deutete darauf hin, dass er ein anderer war, als er zu sein schien, aber Nava ließ sich nicht täuschen.
    Sein Geruch verriet ihn – oder eher sein fehlender Geruch. Trotz seiner zerlumpten Kleidung und seines schmutzigen Gesichts roch er nicht wie jemand, der auf der Straße lebte. Nava ging weiter, nahm eine Puderdose aus ihrem schwarzen Lederrucksack und betrachtete den Mann in dem kleinen runden Schminkspiegel. Da sie nun wusste, wer er war, wirkte seine Verkleidung noch offensichtlicher. Der fleckige, weite Poncho und die gebeugte Haltung sollten seine große, muskulöse Gestalt verbergen.
    Um seinen Partner oder seine Partnerin zu entdecken, musste sie irgendwohin gehen, wohin er ihr nicht folgen konnte. Als Nava ihr neues Ziel erblickte, beschleunigte sie ihre Schritte, bis sie sich
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