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Null

Null

Titel: Null
Autoren: Adam Fawer
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ein.
    Caine betrachtete seine Chips und nahm zwei grüne zur Hand. «Sagen wir mal fünfzig.»
    «Ich passe», sagte Schwester Mary empört, warf mit der einen Hand ihre Karten hin und nestelte mit der anderen an dem silbernen Kruzifix an ihrer Halskette.
    «Ich auch», sagte Stone. Er regte sich nicht, hatte sein Blatt ohnehin schon verdeckt vor sich hingelegt. Beide hatten sie wahrscheinlich auf eine Straße abgezielt, und dann war ihnen klar geworden, dass jemand mit der letzten Karte ein Full House oder einen Flush erzielt hatte.
    «Dann bleiben nur noch Sie und ich», sagte Walter und kaute geistesabwesend auf einer kalten Fritte herum. «Bringen wir doch mal ein bisschen Schwung in die Bude. Ich erhöhe noch mal um fünfzig.» Seine Stimme war ebenso ölig wie seine Haut. Seine fettfleckigen Chips klimperten in den Pott.
    Caine gab sich Mühe, den Gestank nicht zu beachten und sich zu konzentrieren. Was tat Walter da? Vielleicht war er komplett schief gewickelt, aber das glaubte Caine nicht – nicht mit zwei Assen auf dem Tisch. Und außerdem verleitete irgendetwas an dem arroganten Grinsen des Mannes Caine zu dem Glauben, dass durchaus etwas dahinter steckte. Dann wurde es Caine klar: Walter hatte entweder zwei Buben oder zwei Sechsen auf der Hand. Er hatte ein Full House, wahrscheinlich aus Buben undAssen – und Walter hatte jetzt nur das Problem, dass keins der beiden Full Houses Caines Vierling schlagen konnte.
    Wäre Caine nicht so übel gewesen, dann hätte er jetzt gelächelt. Wenn er sich nach dem Spiel in einer Toilettenkabine übergab, konnte er sich wenigstens mit einem hübschen Chipsstapel trösten. Caine konzentrierte sich darauf, seine Stimme ganz normal klingen zu lassen, auch wenn jedes Wort, das über seine Lippen kam, nach geronnener Milch schmeckte.
    «Nochmal fünfzig.» Caine warf einen Hundertdollarchip in den Pott. Das mattschwarze runde Plättchen erregte Nikolaevs Aufmerksamkeit, und er schlenderte herbei, um sich das anzusehen. Walter warf ebenfalls einen schwarzen Chip hinein und nahm sich als Wechselgeld zwei grüne. Dann deckte der Geber den River auf – einen Pikkönig   –, und Caine drehte sich der Magen um.
    Da nun Pikass, -könig und -bube auf dem Tisch lagen, war ein Royal Flush durchaus wieder im Bereich des Möglichen. Er sah auf sein Blatt, dann auf den Tisch und versuchte den Gestank zu ignorieren. Er trank einen großen Schluck Cola, um ihn zu vertreiben, aber es nützte nichts.
Denk nach, denk nach, denk nach. Konzentriere dich nicht auf den Gestank, konzentriere dich auf die Karten, die Zahlen.
    So würde es gehen. Die Zahlen würden ihm helfen. Sie würden ihn leiten. Er sagte sie im Geiste auf, steckte all seine Energie in diese Litanei der Wahrscheinlichkeit. Er hatte einen Vierling,
Four of a Kind
. Was bedeutete das?
    Der Gestank, dieser entsetzliche Gestank, er war überall.
    Nein, konzentriere dich. Konzentriere dich auf die Zahlen.
    Mit sieben Karten lassen sich 134   Millionen unterschiedliche Blätter bilden. Von diesen 134   Millionen Blättern ergeben nur 224   848 einen Vierling. Daher liegt die Chance,einen Vierling zu bekommen, bei lediglich 0,168   Prozent oder 595 zu eins.
    Und der Straight Flush?
    Bei sieben Karten gibt es nur 38   916   Kombinationen, die einen Straight Flush ergeben. Die Chance liegt also bei lediglich 0,029   Prozent. Nur jedes 343 8-ste Blatt.
    Aber beides zur gleichen Zeit? Wie viele Kombinationen waren das? Ihm schwirrte der Kopf. Er konnte nicht mehr klar denken. Wie viele Kombinationen? Nicht viele. Nur eine verschwindend geringe Chance. Vernachlässigbar. Die genaue Berechnung überforderte ihn in seiner momentanen Verfassung. Er wusste nur, dass es eine kleine Teilmenge jener 38   916   Blätter sein würde. Wahrscheinlich so um die fünftausend. Fünftausend von 134   Millionen möglichen Sieben-Karten-Kombinationen – eine Chance von 26   757 zu eins.
    Das konnte nicht sein. Das konnte einfach nicht sein   … Aber möglich war es dennoch. Himmel Herrgott, dieser Gestank brachte ihn um. Er schloss die Augen und hoffte, dass alles wieder normal sein würde, wenn er sie öffnete. Doch als er die Lider hob, sah er alles wie in einem Zerrspiegel. Walters abgehärmtes Gesicht dehnte sich vom Boden bis zur Decke. Seine dunklen Augenringe waren groß wie Frisbees. Mit seinem Mund hätte er einen Großbildfernseher verschlingen können.
    «Schätzchen, sind Sie sicher, dass mit Ihnen alles in Ordnung ist?»
    Die
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