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Null

Null

Titel: Null
Autoren: Adam Fawer
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was geschehen wird. Wie deine Zukunft hängt auch meine von den Entscheidungen aller anderen Menschen ab, denn ihre Entscheidungen formen die kollektive Wirklichkeit, die wir alle miteinander teilen.»
    Nava drehte sich der Kopf, aber sie glaubte zu verstehen. Irgendwie. Schließlich brach sie das Schweigen. «Und jetzt? Du kennst die Zukunft – du kannst tun, was du willst.»
    Caine schüttelte den Kopf. «Ich kenne nicht
die
Zukunft, Nava. Ich kenne alle Zukünfte – was, weil es unendlich viele gibt, fast bedeutet, gar nichts zu wissen.»
    «Aber die vielen Ereignisse, die du angestoßen hast   … sie sind alle so gekommen, wie du es vorhergesagt hast.»
    «Ich habe nur das jeweils wahrscheinlichste Ereignis vorhergesagt. Ich wusste nicht, ob es genau so kommen würde. Hättest du dich nicht dafür entschieden, mich zu retten, wäre ich noch immer in diesem Labor gefangen.»
    Nava überlief ein Schaudern. «Aber damit hast du meine Frage noch nicht beantwortet: Was wirst du jetzt tun? Und was ist mit Tversky und Forsythe? Wo sind sie? Werden sie erneut hinter dir her sein?»
    Caine zuckte die Schultern. «Das weiß ich nicht genau. Aber ich bin mir sicher, dass ich es herausfinden werde.»
    Auf einmal krampfte sich Navas Herz zusammen. «Die RDEI. Sie ist immer noch hinter mir her. Ich muss   –»
    «Keine Sorge», unterbrach sie Caine. «Ich habe ihr einige Informationen zukommen lassen, die etliche Menschenleben retten werden – und im Gegenzug hat man sich damit einverstanden erklärt, das Kopfgeld auf dich zu widerrufen.»
    Nava seufzte erleichtert. Sie wollte gerade nachhaken, was denn nun als Nächstes geschehen würde, da verkündete Caine, dass er unter die Dusche wolle. Er sprach es zwar nicht aus, aber sie wusste, dass er ihr keine weiteren Fragen beantworten würde. Jedenfalls nicht heute. Nachdem er ins Badezimmer getappt war, ging Nava zum Esstisch und holte ihre Zigaretten. Das Gespräch über ihre Mutter hatte ihr Verlangen nach einer Zigarette geweckt.
    Sie steckte sich eine zwischen die Lippen und entzündete ein Streichholz, freute sich schon auf den Nikotinflash. Aber gerade als Nava das Streichholz hob, tat sie etwas Merkwürdiges: Sie schloss die Augen. Für einen kurzen Moment hatte sie den Eindruck, etwas sehen zu können, das fremd und vertraut zugleich war. Sie öffnete die Augen, und ein leichtes Déjà-vu wogte über sie hinweg, während sie in die Flamme starrte.
    Ohne nachzudenken, blies sie das Streichholz wieder aus. Langsam schob sie die unangezündete Zigarette in die Schachtel zurück und warf die Packung weg. Als sie den Deckel des Mülleimers schloss, wurde ihr klar, dass sie gerade endgültig mit dem Rauchen aufgehört hatte.
    Nava hatte eine Entscheidung getroffen.
     
    An diesem Abend fühlte Caine, dass es Zeit war zurückzukehren. Er hatte es lange genug vor sich hergeschoben. Zwar war das
Immer
zeitlos, aber im
Jetzt
verging die Zeit – ob sie nun ein künstliches Konstrukt war oder nicht   –, und er hatte noch etwas zu erledigen. Als er die Augen öffnete, breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus.
    «Was hast du gesehen?», fragte Jasper.
    «Woher weißt du, dass ich etwas gesehen habe?»
    «Ich habe meine Mittel und Wege», sagte Jasper. «Und nun beantworte meine Frage.»
    «Ich habe gesehen, wie alles ausgeht. Und ich war nicht allein.»
    «Was soll das heißen? War da noch jemand anders?»
    «Glaube schon», sagte Caine und rieb sich das Kinn.
    «Und du konntest nicht sehen, wer es war?»
    «Hätte ich wahrscheinlich schon gekonnt», sagte Caine, «aber ich weiß, dass ich die Antwort bald erfahren werde. Also habe ich beschlossen abzuwarten.»
    «Wieso das denn?», fragte Jasper.
    Caine grinste. «Selbst Dämonen lassen sich gern mal überraschen.»
     
    In dieser Nacht schlief Caine tief und traumlos, aber als er erwachte, stand fest, dass es Zeit zum Anrufen war. Er wählte und hörte volle zwei Minuten lang zu, ohne ein Wort zu sagen, dann legte er auf. Der zweite Anruf gingviel schneller als der erste. Anschließend zog Caine seinen Mantel an und ging zur Tür.
    «Wo willst du hin?», fragte Jasper.
    «Zu meinem Anwalt», antwortete Caine und schloss die Tür hinter sich.
    Die Fahrt mit der Linie D von Lukins Wohnung in Coney Island nach Manhattan dauerte über eine Stunde. Es war ein merkwürdiges Gefühl, wieder draußen zu sein, nachdem er sich fast eine ganze Woche lang in geschlossenen Räumen aufgehalten hatte. Als Caine den Bahnsteig
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