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Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition)

Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Marlies Ferber
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zwischen zwei Menschen darstellte. Und die Einwilligung, als ihr Begleiter zur Geburtstagsfeier ihrer Mutter zu kommen, war ganz klar ein Schritt in diese Richtung. Sheilas Mutter ahnte offensichtlich, warum er zögerte, und sagte liebenswürdig: »Ich habe Sie überfallen, James. Überlegen Sie es sich in aller Ruhe.«
    Er hatte erwartet, dass Sheila in den folgenden Wochen versuchen würde, ihn zu überreden, die Einladung anzunehmen, aber nichts dergleichen geschah. Sie trafen sich einpaarmal zum Spazierengehen im Hampstead Heath, gingen in Soho essen, schauten sich eine neue Ausstellung in der Tate Modern an, aber Sheila kam nicht wieder auf die Einladung zu sprechen, ja sie erwähnte ihre Mutter mit keinem einzigen Wort. Gerade dadurch war ihm klar geworden, wie wichtig ihr die Sache war. Schließlich hatte er sich einen Ruck gegeben und zugesagt, was sie mit einem beiläufigen Lächeln quittiert hatte: »Gut, ich sage meiner Mutter Bescheid.«
    Eine Woche später hatte ein großes altrosa Kuvert in seinem Briefkasten gelegen. Die Einladung war mit etwas zittriger Hand, aber sehr sorgfältig mit Tinte geschrieben:
    Zur Feier meines
    90. Geburtstages
    freue ich mich ganz besonders, lieber James,
    Sie an Bord der
    MS Victory
    begrüßen zu dürfen.
    Alles Weitere entnehmen Sie bitte dem
    beigefügten Faltblatt.
    Er war gleich zum Nachbarhaus gegangen und hatte Sheila, kaum dass sie die Tür öffnete, mit dem rosa Brief vor der Nase herumgewedelt. »Wussten Sie das?«
    »Nun kommen Sie erst mal rein«, hatte Sheila gesagt und ihm im Wintergarten ein gut gefülltes Glas Glenmorangie in die Hand gedrückt. »Setzen Sie sich doch erst mal, James, und beruhigen Sie sich.«
    Er blieb stehen. »Ich bin ruhig. Wussten Sie davon?«
    »Bitte, James. Nun trinken Sie doch einen Schluck. Ich erkläre Ihnen alles. Sie können sich dann immer noch aufregen.«
    Nach dem ersten Glas Scotch hatte er sich doch hingesetzt, und nach dem dritten konnte er dem Unternehmen fast schon eine heitere Seite abgewinnen. Ihre Mutter, hatte Sheila erzählt, sei immer ein ausgesprochen unkonventioneller, lebenslustiger Mensch gewesen. Das war Sheilas Umschreibung dafür, dass ihre Mutter ein abwechslungsreiches Leben geführt hatte, nicht zuletzt im Hinblick auf Männer. Sesshaft war sie nur in Sheilas ersten fünf Lebensjahren gewesen. In der Zeit hatte sie versucht, ihrem ersten Ehemann, einem Waliser Landtierarzt, eine gute Ehefrau zu sein. Das war gründlich schiefgegangen, weshalb sie nach London gezogen war, zunächst mit der Absicht, ihre Tochter nachkommen zu lassen. Doch dann hatte sie ihren zweiten Mann kennengelernt, der beruflich viel in der Welt unterwegs war, und einige Jahre später ihren dritten Ehemann, einen Amerikaner. »Und so weiter«, sagte Sheila. »Insgesamt war sie nicht weniger als sieben Mal verheiratet. Und mein Vater war der Einzige, der nicht in Geld schwamm. Ich glaube nicht mal, dass meiner Mutter das Geld besonders wichtig war, es hat sich wohl einfach so ergeben. Sie kannte durch ihren zweiten Ehemann auf einmal nur noch Leute, die reich waren.«
    »Verstehe«, sagte James. »Also ist Ihre Mutter jetzt die steinreiche Witwe von sechs Ehemännern?«
    Sheila sah ihn einen Moment überrascht an und lachte dann. »Was wollen Sie denn damit andeuten, James? Nein, sie hat sie nicht alle umgebracht. Sie hat es einfach nie besonders lange mit einem Mann ausgehalten. Nach spätestensfünf Jahren kam die Scheidung und dann der nächste Mann.«
    »Wie ein guter Manager das Unternehmen wechselt«, bemerkte James und trank seinen vierten Glenmorangie.
    »Ja, und zwar jedes Mal mit einer stattlichen Abfindung.«
    »Trotzdem«, sagte er. »Die Vorstellung, mit an Bord des Happy-Birthday-Bootes auf Butterfahrt zu gehen, behagt mir nicht recht. Ich passe ganz sicher nicht da hinein, nicht wahr.«
    »Haben Sie sich das Faltblatt noch gar nicht angesehen?«, fragte Sheila überrascht. »Es ist weder ein kleines Boot noch eine Butterfahrt. Meine Mutter hat immer schon in großen Dimensionen gedacht. Die Victory ist ein Kreuzfahrtschiff, das für sechshundert Passagiere ausgelegt ist. Wir fliegen als Erstes nach Marseille, und von dort führt die Reise über Nizza und Rom bis nach Valletta. Von dort geht es wieder nach Marseille und per Flugzeug zurück nach London.«
    Er stellte das Glas ab und sah sie entgeistert an. »Bis nach Valletta?«
    »Malta«, erklärte sie.
    »Ich weiß, wo Valletta liegt«, sagte James unwirsch. Er stand
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