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Nox Eterna - Die ewige Nacht der Anne Oxter

Nox Eterna - Die ewige Nacht der Anne Oxter

Titel: Nox Eterna - Die ewige Nacht der Anne Oxter
Autoren: Damian Raye
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und durchtrieben.
     
    Zwei weitere Dienerinnen offenbar höheren Ranges, denn sie trugen Ringe mit dem Zeichen der schwarzen Sonne an ihren Händen, kamen mit einer Art Krone herbei, nicht sonderlich ausladend oder mit Juwelen besetzt, sondern von strenger souveräner Schönheit, charismatisch und zwingend mit der Aura von Autorität. Wer diese Krone trug, war unangreifbar.
     
    Weitere Helferinnen brachten eine Vielzahl von Flakons und Flaschen, salbten sie mit wertvollen Ölen. Sie nahm an sich selbst den Duft nach Drachenblut und Höllenfeuer wahr, den sie wie alle Zauberinnen liebte. Ja, jetzt hatte sie verstanden, sie war unter Ängsten und Schmerzen in eine neue Rolle geschlüpft, hatte einen bisher unbekannten Teil ihrer Person gefunden. Sie selbst war jetzt in Nox Eterna, herrschte als Zauberkönigin über das grüne Flusstal, lebte auf dieser gewaltigen, uneinnehmbaren Burg Nethernox und strafte jeden mit furchtbaren Qualen, der ihren Wünschen im Wege stand. Nie wieder würde sie ihren Thron verlassen, nie zurück in ihre alten seelischen Hüllen schlüpfen, die sie so schlecht geschützt hatten, nie die Treppe nach unten steigen zurück in das Tal des Nebels und in die kleine und unbedeutende Welt von Anne Oxter. Ja, nun fiel es ihr ein, sie war schon immer Nox Eterna gewesen, hatte seit Äonen über dieses Reich geherrscht, ihre unermessliche Weisheit und ihre grenzenlose Magie hatten ihren Ursprung in tausenden Jahren unter der schwarzen Sonne.
     
    Lakaien trugen nun erlesene Speisen auf, kandierte Rosenblätter und Orchideenfrüchte, von denen nur sie kosten durfte. Sie nahm einen Bissen, ließ den goldenen Teller achtlos fallen. Weitere Bedienstete in Grau räumten die Reste fort, reichten ihr einen aus einem einzigen Diamanten geschnittenen Becher, mit reinstem Gletscherwasser gefüllt. Sie trank einen Schluck, das wertvolle Gefäß zersprang auf dem steinernen Boden in tausend Stücke. Kriechende Lakaien klaubten sie auf, glücklich etwas zu besitzen, das ihre Lippen berührt hatte.
     
    Im Hochgefühl ihrer Macht blickte sie durch ein raumhohes Fenster auf ihr Reich, das ihr zu Füßen im Licht ihrer schwarzen Sonne lag. Hier war jedermann unterwürfig, all ihre Untertanen waren hilflos ihrer kalten Willkür ausgeliefert. Wie eine lebendige Stola hing Puck um ihren Nacken, der wie seine Herrin eine Metamorphose hinter sich hatte, groß wie eine Wildkatze geworden war, ein nun schwarzes Frettchen mit glühenden Augen, das seinen Namen ältester Mythologie verdankte, denn Puck war einst der Sohn des Uranus gewesen, der Vater selbst Sohn der Nyx, der ältesten aller Nächte im Reich der Titanen vor aller Zeit.
     
    Die Tür zum Gerichtssaal flog auf. Der Schreiber, zwei Lakaien und zwei Soldaten ihrer Garde der Verdammnis, gekleidet in die Kutte der ewigen Schwärze, traten ein. Mit ihren gehörnten Helmen wirkten sie wie Teufel. Der Schreiber verbeugte sich tief vor ihr und reichte ihr Pergamente mit dem Siegel ihrer Krone. Ihre Waffenmeisterin brachte Terox Enna, den Stab der Bestrafung, den sie immer an Gerichtstagen bei sich zu tragen pflegte. Diener besprühten den Weg, den sie beschreiten würde, mit Duftwasser, schweres Moschusaroma stieg auf. Nur angemessen, dachte Nox Eterna, denn die Hände des Pöbels zitterten und sie stanken einer wie der andere nach Angst. Schon oft hatte sie einen von ihnen wegen geringer Verfehlungen um Leib und Leben gebracht. Sie liebte diese Augenblicke, in denen sich die Macht in ihr sammelte, deren Strahl sie bald gegen ihre Opfer einsetzen würde.
     
    Zu richten hatte sie heute über den Lehrmeister der Dorfschule im Nachtschattental, dort, wo die Mitglieder ihrer Garde mit ihren Familien lebten. Der nutzlose Lehrmeister hatte es gewagt, die Hand gegen die Kinder ihrer Edelsten zu erheben, hatte die künftigen Kämpfer ihrer persönlichen Truppe geschmäht und beleidigt. Sie gab ihm keine Gelegenheit, sich zu verteidigen. Was hätte er sagen können? Die Fakten standen fest. Nie hatte jemand vor ihrem Gericht Worte der Verteidigung zu sprechen gewagt. Alle waren vor ihrer finsteren Allmacht erstarrt, waren vor ihrer grenzenlosen Weisheit sprachlos geworden. Ihre Strafen waren hart: Auf den Lehrmeister wartete Blindheit. Bei Sonnenaufgang sollte er auf dem Richtfelsen zum letzten Mal die schwarze Sonne sehen und dann geblendet werden vom dunkelsten allen Lichtes, das Terox Ennas, der Stab der Bestrafung, aussandte, alles auslöschende, hoffnungslose
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