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Nox Eterna - Die ewige Nacht der Anne Oxter

Nox Eterna - Die ewige Nacht der Anne Oxter

Titel: Nox Eterna - Die ewige Nacht der Anne Oxter
Autoren: Damian Raye
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Erspar mir dieses blöde Gelaber“, entgegnete Anne. „Das hat dir deine Mutter erzählt und die hat es von ihrer Mutter, aber du hast ja überhaupt keine Ahnung!“
     
    „Wenn ich so mit meiner Mutter geredet hätte …“, Annes Mutter schnappte nach Luft. Anne wurde mit jedem Augenblick aggressiver.
     
    „Geh doch und stirb! Das Leben ist ja ohnehin ein Jammertal für dich!“
     
    Die Tür ihres Zimmers fiel hinter ihr ins Schloss – viel zu laut. Sie würde aufräumen, ja, vielleicht, später … Aber sie aber kein Kind mehr, sie wusste selbst, wann was zu tun war und wann nicht! Sie flog auf ihr Bett wie ein Kunstspringer, blieb reglos auf dem Bauch liegen, lauschte ihrer Wut und ihren bösen Wünschen.
     
    Draußen hörte sie die Stimme ihrer Mutter:
    „Wenn das so weitergeht, ist Schluss mit …“
     
    Womit? Egal. Anne hörte es nicht mehr. Sollte sie doch zur Hölle fahren! Ihr Herz pochte, so aufgewühlt war sie. Niemand hat das Recht, mir Vorschriften zu machen! Puck schlief zufrieden in seinem Käfig. Sollte sie ihn wecken, bloß weil ihre Mutter am Rad drehte und den ganz großen Frühjahrsputz wollte?
     
    Als ihre Pulsschläge langsamer wurden und ihre Gedanken ruhiger, staunte Anne über sich selbst. Warum wurde sie plötzlich so wütend? Sie hatte diese fast schon cholerische Seite bisher nie an sich beobachtet. Sie dachte kurz an ihre Verwandlung im Traum, wischte den Gedanken wieder fort.
     
    Die Wut verrauchte, eine große Müdigkeit überkam sie.
     
    Sie erschrak fast, so selbstverständlich fand sie sich auf der Burg Nethernox wieder, der dunklen Festung mit ihren glänzenden Türmen aus Stahl und schwarzem Glas, und wieder war es ein Gerichtstag. Das Gericht hatte sich schon versammelt, der Vorsitzende eröffnet die Sitzung.
     
    „Wir haben heute über die Waschfrau Meta Mirriox zu Gericht zu sitzen, die in betrügerischer Absicht und mit Hinweis auf ihr Alter und ihre vorgebliche körperliche Schwäche anderen ihre Arbeit aufzuhalsen versucht hat. Außerdem hat sie die Ohren unserer Herrscherin mit ihrem haltlosen Gejammer beleidigt. Die Tatverdächtige gilt als überführt. Was, oh weise Herrscherin, soll ihre Strafe sein?“
     
    Vor Nox Eterna kniete die Delinquentin, den Kopf zum Boden gesenkt, die Hände gefaltet und vor Angst zitternd. Sie wagte es nicht, zu der Zauberin aufzublicken, und es machte den Eindruck, als betete sie.
     
    „Nun ja“, begann Nox Eterna, „ich spüre heute so etwas wie Mitleid in mir, ja, vielleicht sogar Herzensgüte, die eigentlich einer solchen Verbrecherin nicht angemessen ist. Aber so bin ich nun einmal, gnädig auch den Verderbten gegenüber. Da es sich bei dem für Betrugsversuch um ein leichteres Vergehen handelt, soll der Stab der Bestrafung diesmal nicht Tod und Verderben über sie bringen.“
     
    Die Waschfrau atmete sichtlich auf, hob den Kopf und sah Nox Eterna an. Ihr Gesicht zeigte so etwas wie eine Mischung aus Angst und Dankbarkeit, sie konnte nicht glauben, dass sie noch einmal davon gekommen war. Der Vorsitzende wollte die Sitzung schon beenden, die wenigen Zuschauer begannen, den Gerichtssaal zu verlassen, als Nox Eterna noch einmal ihre Stimme erhob.
     
    „Allerdings kann das schlimmere ihrer Verbrechen nicht ungesühnt bleiben: Ihre jammervollen Laute haben meinen Schönheitssinn beleidigt und mir wegen ihrer Hässlichkeit einen ganzen Nachmittag verdorben. Terox Enna soll Finsternis über sie bringen, wie sie Finsternis über mich gebracht hat, und diese Finsternis soll so lange dauern, bis mich wieder die kindliche und unschuldige Heiterkeit erfüllt, die eigentlich meinem Wesen entspricht.“
     
    Ein dunkler Strahl entfuhr Terox Enna, ließ die Waschfrau nieder sinken. Der Stab der Bestrafung vergoss mehr und mehr Finsternis, die zunächst wie ein giftiges Gas den Boden des Gerichtsaales bedeckte und dann zunehmend alles und jedermann darin umhüllte.
     
26. Oktober 2009
    Am Morgen hing Anne ihre nächtliche Rolle an wie ein alter Schlafrock. Immer wieder dachte sie an die Zauberin, an das Gericht und an die Waschfrau, die unter der Willkür der Magierin gelitten hatte. Sie duschte, kleidete sich an. Frühstück? Sie verspürte wenig Appetit. Am Tisch in der Küche saß nur ihr Vater - ihre Mutter hatte das Schlafzimmer noch nicht verlassen.
     
    „So etwas habe ich mit ihr noch nie erlebt!“ Annes Vater sah hilflos und traurig aus, „Sie weigert sich, aufzustehen. Sie hat die halbe Nacht über nicht geschlafen
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