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Noware (German Edition)

Noware (German Edition)

Titel: Noware (German Edition)
Autoren: Uwe Post
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inhaltlich macht sich die Schraube weiter
bemerkbar. »Wurde eigentlich je die Frage geklärt, ob der
Antichrist einen Führerschein hat? Nicht, dass er ihn jetzt noch
gebrauchen könnte ...«
    »Peter«, lege ich dem
ehemaligen Lehrer die Hand auf die Schulter, »du redest Unsinn. Aber
die Gilde passt trotzdem auf dich auf, okay?«
    Galileo lächelt sanft und
streichelt meinen Backenbart. »Ich hab dich ganz ganz lieb.«
    »Aufsitzen!«, donnert Opels
Kratzstimme durch den Wendehammer.
    Die nächste Etappe beginnt.
    »Die letzte «, höre
ich eine Stimme, die wie Peter klingt, aber der steht zu weit weg.
Geht das bei mir auch schon los? Ich betaste meinen Kopf, finde aber
keine Schraube.

    *
    Uns stoppt rot-weißes
Absperrband. Daran warnt ein Schild: »Sicherheitsbereich des
Studentenparlaments. Spontane Klausuren möglich.«
    »Klausuren in welchem Fach?«,
frage ich.
    »Theologische
Ahnungslosigkeit, gegossen in bunten Beton«, spuckt Galileo Peter
aus.
    »Sicher höhere Mathematik«,
brummt Ronsdorf. »Und ich habe keinen Taschenrechner dabei.«
    »Akademisches Pack«, sagt
Alder Opel und spuckt direkt neben den Klecks von Peter, der ihm
daraufhin Fünf gibt. »Schmeißen mit Fremdwörtern. Dabei hamse
auch bloß Schlägertrupps.« Opel zeigt die Straße runter, die
unter einer Betonbrücke hindurch führt. Oben lungern vier oder fünf
Fußgänger rum und hantieren mit langen Stäben, die mich an Filme
mit Jackie Chan erinnern. Mit leichter Verzögerung höre ich, wie
Stab an Stab knallt. Das Parlament übt für die nächste Klausur.
    »Peter«, frage ich, »wo
genau ist der Sender?«
    »Der Wind der Erkenntnis weht
den Samen der Linde zum Schoße der Weisheit«, säuselt Peter und
schaut verträumt schräg nach oben. Ich folge seinem Blick: Auf
einigen der Gebäude der Universität stehen Antennen, aber keine
wirkt auf mich besonders leistungsfähig.
    »Der Sender braucht Strom«,
überlege ich laut. »Vielleicht gibt es irgendwo einen Generator,
der noch funktioniert. Ich würde am ehesten bei den
Ingenieurwissenschaften oder den naturwissenschaftlichen Fakultäten
suchen.«
    »Wo sollen die sein, Senior?«,
fragt Opel.
    Ich schnaube. »Vor ein oder
zwei Apokalypsen hab ich hier studiert. Die Naturwissenschaften sind
grün und die Ingenieure blau.« Ich zeige nach links beziehungsweise
rechts.
    »Und wie kommse anne Klausuren
vorbei?«
    »Es gibt unterirdische Gänge.«
Ich zeige auf eine Treppe in der Nähe, die so aussieht, als würde
sie es ermöglichen, die hiesigen Blumenwiesen von unten zu
untersuchen. »Wir müssen bloß die Stahltür aufbrechen.«
    »Boah, gut dass ich Werkzeuch
am Mann hab, wa?« Opel kichert und macht sich an seinem Schrank zu
schaffen.
    Ronsdorf-Muslim hat die nähere
Umgebung untersucht und stößt wieder zu uns. »Wir können unsere
Bikes nicht hier lassen.«
    »Richtig«, stimme ich zu.
»Wir nehmen sie mit.«
    »Mit die Bikes inne
Katakomben«, freut sich Opel. »Wie geil is dat denn.« Er stiefelt
mit seiner Werkzeugtasche die Stufen hinab.
    »Etwas umständlich, vor allem
du mit deinem Schrank hinten drauf«, rufe ich hinterher.
    »Scheiße ey, komma hier.«
Opels Stimme hallt von unten hoch, wir klettern die Stufen runter,
bahnen uns den Weg durch Laub und Müll, hinein in eine Wolke
Todesatem.
    »Ne Leiche«, erklärt Opel
überflüssigerweise.
    Ich will den Blick abwenden,
kann aber nicht. Da hat Alder Opel eine seiner hübschen
Studentinnen. Bloß hat sie jemand vor ihm aufgerissen. Das dürre
Mädchen lehnt schief an der Stahltür; verfliztes, schwarzes Haar,
halb nackt. Tiere haben tiefe Narben in ihrem Körper hinterlassen.
Ich schlucke saure Galle runter.
    »Gott«, murmelt Ronsdorf.
    »Nicht. Hier.« Peters Stimme
ist leise und laut gleichzeitig.
    »Kollegens«, sagt Opel rau,
»ihr tut sie mir wechbringen und ich mach solange die Tür auf.«
    Ronsdorf kneift die Lippen zu,
Galileo streichelt schon wieder seine Schraube. Ich nicke. »Die
Gilde erledigt das.«
    »Hier«, macht Opel, »bei de
Arbeit wird mir eh warm.« Er zieht seine fleckige Jacke aus und legt
sie über das Mädchen.
    Wir bugsieren die Leiche zu
dritt die Stufen hoch und schaffen sie ins nahe Unterholz, bedecken
sie mit Laub und trockenen Fichtennadeln.
    Galileo steht dabei, will
seinen Helm abnehmen, lässt es dann aber doch bleiben.
Ronsdorf-Muslim summt ein Lied, das ich nicht kenne. Ich hole Luft,
halte kurz inne. Dann spreche ich ein Abschiedsritual, so ähnlich
wie vor Wochen bei Freddy: »Wir
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