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NOVA Science Fiction Magazin 19 (German Edition)

NOVA Science Fiction Magazin 19 (German Edition)

Titel: NOVA Science Fiction Magazin 19 (German Edition)
Autoren: Unknown
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„Was denn? Hast du die Kamera?“
    Auf
einmal hörte er ein Schnattern. Er schaute wieder auf den See. Die Schwäne waren
aufgewacht, reckten die langen Hälse, wendeten sie hin und her.
    „Das
ist eine Sirene“, sagte Helen. „Hast du die Durchsage verstanden? Wer ist
Robert Delavigne?“
    „Ein
Physiker, der seit dreißig Jahren die Kugel erforscht. Rausgefunden hat er so
gut wie nichts, aber das verfluchte Ding ist sein Leben. Ich weiß nicht, was
größer ist, seine ungebrochene Faszination oder sein Hass. Am liebsten würde er
es sprengen, glaube ich.“ Er wollte jetzt nicht an das Institut und die Kugel
denken, das alles war unwirklich, so fern wie das Alter, wie der Tod.
    Er
spürte die Erschütterungen im Boden, hörte das leise Glucksen des Ufermorasts,
und dann stand Helen neben ihm. Die Nähe ihres nackten Körpers verschlug ihm
den Atem. Er legte den Arm um ihre schmale Taille, spürte den Hüftknochen unter
der Haut, streichelte ihn sachte mit den Fingern. Mit der freien Hand zeigte er
auf die Schwäne. Es war nicht mehr dunkel. Am Horizont stand ein orangefarbenes
Leuchten, die eben noch schattenhaften Bäume am anderen Ufer zeichneten sich
scharf ab, wie gestanzt.
    „Wir
müssen weg“, sagte Helen, rührte sich aber nicht von der Stelle. „Das Institut
wird geräumt.“
    Das
Leuchten wurde intensiver. Alle Farben verblassten, es gab nur noch Schwarz und
Weiß. Die Schwäne schlugen so heftig mit den Flügeln, dass ihre Federspitzen
eintauchten. Dann begannen sie ihren Lauf übers Wasser, das bis in die
äußersten Aus-läufer des Sees wie ein Waschbrett geriffelt war, obwohl völlige
Windstille herrschte. Ein tiefes Grollen war zu hören, das von überall und
nirgends kam, aus dem Boden, aus der Luft.
    „Mach
das Foto“, sagte Frank, den Blick starr zum Horizont gerichtet. Auf einmal
hatte er Angst, doch er war einverstanden. Unwillkürlich zog er Helen näher an
sich heran. „Schieß unser Foto.“ Als das Gleißen unerträglich wurde, riss Helen
schützend die Kamera vors Gesicht. Frank aber konnte die Augen nicht abwenden
von den Scherenschnittschwänen, die mit tropfenden Schwingen in den Nachthimmel
der Taiga aufstiegen, während unter ihnen die Erde verbrannte.
     
     
    Copyright © 2012 by Norbert Stöbe
     
     

 

 
    Ein
schlanker, leicht gebräunter Körper drehte sich in der Dunkelheit von links
nach rechts, gab aber keinen Laut von sich. Zeelan schnarchte daneben leise,
während er seinen Rausch ausschlief. Noch war es ungewöhnlich still in der
Wohnung. So würde es nicht bleiben.
     
    „Guten
Morgen!“, krähte der Wecker, während er aufgeregt auf dem Nachttisch auf und ab
hüpfte. „Es ist ein wunderschöner, neuer Tag. Beginnen Sie ihn mit einer Schale
Power-Crunch von Good-Morning-Incorporated, Ihrem Partner für einen
schwungvollen Tag!“
    Während
Zeelan sich das Kissen über die Ohren zog und versuchte, sein Hirn vor dem
täglichen Wahnsinn zu bewahren, geriet der Wecker geradezu in Ekstase und pries
lautstark die Vorteile einer Ernährung mit dem verdammten Power-Crunch- Zeug.
    Nach
der dritten Wiederholung des Jingles holte Zeelan mit der Rechten aus, den Kopf
noch unter dem Kissen, und verpasste dem springenden Derwisch einen oft geübten
Fausthieb. „Guten Appetit und einen schönen Tag!“, flötete der daraufhin
gänzlich unbeeindruckt und hielt die dünnen Beinchen wieder still.
    Zeelan
grunzte einmal laut, dann warf er sich schlaftrunken wie ein gestrandeter Wal
auf die Bettkante hinüber, und seine Beine berührten den kalten Boden unter
gequältem Ächzen. So sehr es auch schmerzte, irgendetwas trieb ihn heute
tatsächlich aus dem Bett, aber sein Hirn war noch zu benebelt, um ihm zu
erzählen, was es war.
    Auf
dem Weg ins Bad, noch halb blind zwischen den geschlossenen Lidern
herausblinzelnd, überhörte er geflissentlich das gesäuselte „Nach einer Nacht
auf Evercosy ist der Tag noch mal so schön!“. Längst hatte er aufgehört, seine
schnippische Antwort zu rezitieren: „Zwei Mal nix ist immer noch nix, du
Dösbaddel-Matrazen-Viech!“, und auch den Umweltslogan der Klospülung überhörte
er geflissentlich.
    Immer
noch grunzend rieb er sich das Gesicht, bevor er in den Spiegel blickte. Die
Züge eines zu früh verlebten Mannes mit Bartstoppeln blickten ausdruckslos aus
dem Halbdunkel zurück. Obwohl er es besser wusste, schaltete er das Licht über
dem Spiegel ein und musste die Augen zukneifen. Als er wieder klar sehen
konnte, verwandelte sich
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