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Nore Brand 03 - Racheläuten

Nore Brand 03 - Racheläuten

Titel: Nore Brand 03 - Racheläuten
Autoren: Marijke Schnyder
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erzählen.

    Bastian Bärfuss hatte sich in dieser Sache zurückgehalten.
    Immerhin hatte er Nore Brand gegenüber zugegeben, dass man da vielleicht genauer hätte hinschauen müssen. Irgendetwas sei doch seltsam an dieser Sache. Zuerst einmal, dass man so rasch von Selbstmord geredet hatte. Zugegeben, einiges deutete darauf hin: finanzielle Schwierigkeiten, Schulden hieß das, kein Wunder fand man Spuren von Antidepressiva in seinem Körper und in seiner Hosentasche. Weiß der Kuckuck, was den jungen Mann sonst noch plagte.
    Der große Chef wollte offiziell einen Strich unter die Sache ziehen. Das Versagen des jugendlichen Spurensicherers durfte nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Der arme Kerl sei schließlich auch nur ein Mensch, und er wolle nicht, dass das Journalistenpack ihm in die Arbeit pfusche, wiederholte er bei jeder internen Gelegenheit.
    Als jedoch der Chef der Zeitung entnehmen musste, dass der eloquente Mitarbeiter mit der dezenten Krawatte zu seinem heimlichen Nachfolger gekürt worden war, fand die Begeisterung über den Neuling ein abruptes Ende. Dem Chef platzte der Kragen. Dazu wurden plötzlich Fragen und Zweifelsäußerungen laut.
    Der Chef begriff: Diese Sache war noch nicht ausgestanden.
    Er bat Bastian Bärfuss, sich in dieser Sache so unauffällig wie möglich umzusehen. Nore Brand und Nino Zoppa sollten ihn dabei unterstützen.
    Bastian Bärfuss schaute in seine Agenda und schüttelte bedauernd den Kopf.
    »Nore Brand ist ab Montag abwesend. Du weißt ja: diese Weiterbildung. Das hast du ihr aufgebrummt. Mit ihr kannst du nicht rechnen. Nino Zoppa kannst du einsetzen. Der ist gut, und zum Glück wird er unterschätzt. Der kann ja keine Menschenseele aufschrecken, aber er bringt es noch weit. Du wirst sehen.«

    Bastian Bärfuss hatte sich gewundert. Man musste also ein bisschen dranbleiben. Ein bisschen dranbleiben mit Nino Zoppa. Dabei wäre es ihm recht gewesen, wenn man einen Strich unter die Sache gezogen hätte. Sie schien doch unerwartet glimpflich abgelaufen zu sein. Die Welt war klein, und es kam vor, dass man plötzlich nicht mehr unbefangen war. Weil man Freunde und Bekannte hatte. Er wäre froh gewesen, hätte die Sache so ihr Ende gefunden.
    Trotzdem: Er informierte Nore Brand. Sie hatte das Recht zu wissen, was los ist. Dass man sich weiter umsehen musste in diesem Fall. Leider ohne sie.
    Er wusste, wie sie sich fühlte, und versuchte, ihr die Lage so taktvoll wie möglich zu erklären.
    »Du musst mich überhaupt nicht schonen. Aber vielleicht wäre ich auch mit meinen vorsintflutlichen Methoden auf einen grünen Zweig gekommen«, erwiderte sie. »In diesem Fall haben die modernsten Ermittlungsmethoden jedenfalls nicht viel gebracht, oder?«
    Bastian Bärfuss nickte bloß.
    »Man könnte ja zur Abwechslung mal die richtigen Schlüsse ziehen. Vielleicht liegt’s am Ermittler und nicht an der Methode«, setzte sie wütend hinzu.
    Bastian Bärfuss lachte widerwillig. Sie hatte recht. Im Grunde lag es immer am Ermittler.

    Für Nore Brand führte kein Weg an der Weiterbildung vorbei.
    Während da draußen einer in aller Ruhe seine Spuren verwischen konnte, war sie dazu verdammt, ihre Ermittlungsmethoden auf den letzten wissenschaftlichen Stand zu bringen.

    Sie zuckte im Halbschlaf zusammen. Die Glocke der Pauluskirche erklang wie der Auftakt zum Jüngsten Gericht.

    »Eléonore.« Jacques’ Stimme drang aus weiter Ferne an ihre Ohren.
    Sie tat als ob schliefe.
    Dann roch sie Kaffeeduft. Sie hörte, wie Jacques den Stapel Bücher zur Seite schob, die Tasse vorsichtig auf das Nachttischchen stellte und das Schlafzimmer leise verließ.
    Als er weg war, warf sie die Decke von sich und griff nach der Tasse. Das würde vielleicht helfen, die morgendlichen Dämonen zu vertreiben. Ihre Dämonen hassten nichts mehr als starken Kaffee.

    Sie hörte die Türklingel.
    Und Jacques’ Tastentanz; er war wieder in seine Welt abgetaucht, und dort erreichte ihn nichts. Weder Klingelton noch Kanonendonner. Warum ließ sich so einer von Renovierungsarbeiten vertreiben?
    Sie stand leise fluchend auf und versuchte, ihr Haar zu ordnen. Als sie die Türe öffnete, schlug ihr die dumpfe Luft des Treppenhauses entgegen.
    Wilma stand da. Sie erkannte das Mädchen aus dem Nachbarhaus auch ohne Brille. Die Kleine trug ihre karierte Schiebermütze. Ein kleiner Kopf unter rosa und lila Streifengeflecht.
    »Dominik ist weg!«, flüsterte sie. Ihre Beine steckten in viel zu großen
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