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Nordseefluch: Kriminalroman

Nordseefluch: Kriminalroman

Titel: Nordseefluch: Kriminalroman
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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eine Zigarette, inhalierte den Rauch, stieß ihn aus, folgte mit meinem Blick den grauen Schleiern, die sich auflösten, und dachte an Habbo Stinga, der sich Biogemüse gezogen, seine Deichlämmer verkauft und sich den Honig des Hausmeisters aufs Vollkornbrot gestrichen hatte.
    Der Kommissar stand wortlos auf und verließ das Zimmer. Er wählte die Privatnummer des Staatsanwalts. Ich verstand nicht alles, aber er gab die Entlastung Manfreds durch.
    Ich hörte auch sein zweites Gespräch, das er mit der Auskunft führte. Er verlangte die Telefonnummer des St. Alexius Hospitals in Bremen.
    Heiko Ekinger griff zur Kaminzange und durchwühlte die Glut. »Manfred ist aus dem Schneider«, sagte er ernst.
    Wir hörten, wie der Kommissar laut in den Hörer rief: »Das ist ja entsetzlich! Treiben Sie Professor Loraner auf! Sagen Sie ihm, dass der Junge unschuldig ist!«
    Ich horchte auf. Da muss etwas quer gelaufen sein! Der Kommissar rief in die Muschel: »Selbstverständlich kommt sein Lehrer! Morgen früh!«
    Der Kommissar strich sich nervös den Schnurrbart zurecht. Er wirkte ernst, als er zu uns kam.
    »Der Junge hat einen Selbstmordversuch unternommen. Gott sei Dank ohne Erfolg! Er möchte seinen Lehrer sprechen«, sagte er.
    »Morgen habe ich Unterricht. Wenn Sie meinem Direktor klarmachen können, dass ich anderweitig nötiger gebraucht werde, dann fahre ich in der Frühe los«, sagte ich.
    Der Kommissar schritt zum Telefon, während sich Heiko Ekinger in den Brief vertiefte.
    Es bestand kein Zweifel mehr.
    Stingas Abschiedsbrief entlastete Manfred. Mein Kollege hatte den Kutscher Batinga für den Mörder gehalten! Ein tragischer Irrtum.
    Pietsch erschien.
    »Fahren Sie morgen zum Alexius Hospital. Helfen Sie dem Jungen bei der Bewältigung seiner Probleme. Ihr Chef hat die Fahrt genehmigt.«
    »Das geht in Ordnung, Herr Kommissar. Aber eine Bitte habe ich noch. Rufen Sie Oberschwester Ursula an. Ich hätte gern, dass Sie mich begleitet.«
    Pietsch grinste.
    »Ich habe heute Telefondienst. Für Sie erledige ich das gern«, antwortete er und ging zum Telefon.
    Als er zurückkam, setzte er sich an den Tisch und atmete auf. Er spielte mit der Zigarettenpackung, ohne ihr eine Zigarette zu entnehmen.
    »Herr Färber, ist der Brief so echt wie ein Geldschein von der Bundesbank? Ist es nicht möglich, eine Fälschung in das Schulfach zu schmuggeln?«, fragte Ekinger.
    »Nein. Mein Kollege hätte mit Sicherheit Manfred umgebracht, wenn er ihn für den Mörder gehalten hätte«, antwortete ich.
    »Vielleicht hat er sich durch Manfreds Taktik täuschen lassen«, warf Heiko Ekinger ein, um letzte Zweifel anzumelden.
    »Manfreds Tonbandaussagen entsprechen dem Inhalt des Briefes. Mit seinem vernebelten Gehirn hielt er die Akteure des Dünendramas fest«, sagte ich.
    »Genau hier müssen wir ansetzen. Habbo Stinga belastet den Kutscher, hält ihn für den Mörder und bringt ihn um. Manfred scheidet als Täter damit endgültig aus. Da bleibt nur noch der Stadtzwerg. Er war es! Er ist der Mörder!«, stellte der Kommissar folgerichtig fest.
    »Dann hätte sich der Fall aufgeklärt. Marion wurde vom kleinen Köth ermordet. Der betrunkene Manfred hatte sich ihm genähert. Stinga nahm Rache an einem Unschuldigen. Der Staatsanwalt kann die Akte schließen«, folgerte Heiko Ekinger.
    Der Kommissar schenkte Bier ein. Mir fiel eine Zentnerlast von der Seele. Das Blubbern drang zu mir wie eine ersehnte Musik. Meine Nerven begannen sich zu beruhigen.
    Heiko Ekinger reichte die Zigarettenpackung rund. Wir prosteten uns zu und waren froh, denn die Verbrechen auf Juist waren aufgeklärt!

19
    Oberschwester Ursula stieg in Hage vor dem Nikolausstift zu mir in den Wagen. Sie hatte sich schick gemacht. Ihren wuchtigen Oberkörper umspannte eine kecke Sommerbluse mit aufgesetzten Taschen. Ein bunter, weiter Rock bedeckte ihre kräftigen Schenkel. Ihr dichtes Haar lag in einer Welle. Mit beiden Händen hielt sie ihr Ledertäschchen umfasst, als enthielte es einen Schatz.
    »Herr Färber, ich hatte Sie gewarnt! Sie sind mitverantwortlich, wenn Manfred etwas zustößt«, sagte sie zur Begrüßung.
    Während der Fahrt versuchte ich ihr ununterbrochen klarzumachen, dass Manfred nicht mehr in akuter Lebensgefahr schwebte und der tüchtige Professor Loraner bereits mit seiner Therapie begonnen hatte, dem Jungen die Schuldkomplexe zu nehmen. Erst kurz nach Oldenburg besann sich Oberschwester Ursula auf ihr Lieblingsthema.
    »Sind Sie auch der Meinung, dass
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