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Nora Roberts

Nora Roberts

Titel: Nora Roberts
Autoren: Töchter der See
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dieses Gefühl, und welche Sünde war es schon, wenn eine alte Jungfer einen Vormittag lang die Gesellschaft eines hübschen Mannes genoß?«
    Erleichtert spürte sie, wie ihre Tochter ihre Hand umschloß. »Aber er teilte meine Empfindungen, und so sahen wir uns wieder, was immer noch vollkommen harmlos war. In einem Pub, auf den Klippen, und einmal hat er mit mir und Kate einen Jahrmarkt in der Nähe von Ennis besucht. Unweigerlich wurde mehr daraus. Wir waren keine Kinder mehr, und was wir füreinander empfanden, war so enorm, so wichtig und, du mußt mir glauben, so gut. Kate wußte es – jeder, der uns nur ansah, hätte es sehen können –, und sie nahm mich freundschaftlich ins Gebet. Aber ich liebte ihn, und nie war ich glücklicher gewesen, als wenn ich mit ihm zusammen war. Er hat mir nie etwas versprochen. Wir hatten Träume, aber Versprechungen gab es nicht. Er war an seine Frau gebunden, auch wenn sie keine Liebe für ihn empfand, und außerdem hätte er nie seine Kinder verlassen, denn er betete sie an.«
    Sie fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen und zog an ihrem Strohhalm, als Shannon ihr wortlos das Glas hinhielt. Nun käme der schwerste Teil dessen, was es zu sagen galt.
    »Ich wußte, was ich tat, Shannon. Eigentlich wurden wir mehr auf meine als auf seine Initiative hin ein Liebespaar. Er war der erste Mann für mich, und als er mich endlich berührte, tat er es mit einer solchen Sanftheit, einer solchen Vorsicht, einer solchen Liebe, daß wir hinterher weinend nebeneinanderlagen, fassungslos vor Glück und Traurigkeit. Denn wir wußten, wir hatten einander zu spät gefunden, und es war hoffnungslos.
    Trotzdem schmiedeten wir verrückte Pläne. Er würde einen Weg finden, seine Frau gut versorgt zurückzulassen und mit seinen Töchtern nach Amerika zu kommen, um mit ihnen und mir zusammen eine richtige Familie zu sein. Er sehnte sich ebenso verzweifelt nach einer Familie wie ich. Wir saßen in meinem Zimmer mit Blick auf den Fluß, unterhielten uns und taten, als könne es immer so bleiben. Wir hatten drei Wochen, und mit jedem Tag wurde es wunderbarer und auch schmerzlicher für uns. Ich mußte ihn und Irland verlassen, mußte zurück nach Amerika. Er sagte, wenn ich fort wäre, führe er jede Woche zum Loop Head, wo wir uns zum ersten Mal begegnet waren, und sähe über das Meer in Richtung New York, wo ich zu Hause war.
    Sein Name war Thomas Concannon, er war ein Farmer, der sich danach sehnte, ein Dichter zu sein.«
    »Hast du ...« Shannon räusperte sich. »Hast du ihn jemals wiedergesehen?«
    »Nein. Eine Zeitlang haben wir uns geschrieben.« Amanda preßte die Lippen aufeinander und starrte ihre Tochter an. »Aber kurz nach meiner Rückkehr nach New York erfuhr ich, daß ich sein Kind unter dem Herzen trug.«
    Shannon schüttelte instinktiv den Kopf. »Du warst schwanger?« Ihr Herz klopfte ihr bis zum Hals, wieder schüttelte sie den Kopf und versuchte, ihrer Mutter ihre Hand zu entziehen. Denn sie wußte, ohne daß ein weiteres Wort vonnöten war, wie die Geschichte weiterging. »Nein«, weigerte sie sich, der grausamen Realität ins Auge zu sehen.
    »Ich war überglücklich.« Auch wenn es ihr schwerfiel, verstärkte Amanda ihren Griff um Shannons Hand. »Überglücklich von dem Moment an, als ich es erfuhr. Ich hätte nie gedacht, daß ich je ein Kind haben würde, daß ich je einem Mann begegnen würde, der mich genug liebte, um mir dieses Geschenk zuteil werden zu lassen. Oh, ich wollte dieses Kind, liebte es, dankte Gott dafür. Die einzige Trauer, die ich bei dem Gedanken empfand, war, daß ich die Schönheit, die aus unserer Liebe erwachsen würde, nie mit Tommy würde teilen können. Sein Antwortbrief an mich drückte eine solche Verzweiflung aus. Er schrieb, er würde Irland verlassen und käme zu mir. Er hatte Angst um mich, weil ich in dieser Situation alleine war. Ich wußte, er würde wirklich kommen, und ich war ernsthaft versucht, ihn zu bitten, es zu tun. Aber es wäre falsch gewesen, Shannon, auch wenn meine Liebe zu ihm nie falsch gewesen war. Also schrieb ich ihm ein letztes Mal, wobei ich ihn in diesem Brief zum ersten und einzigen Mal belog, indem ich behauptete, ich hätte keine Angst, wäre nicht allein und ginge aus freien Stücken fort.«
    »Du bist müde.« Shannon ertrug das Geständnis ihrer Mutter einfach nicht. Ihre Welt wurde auf den Kopf gestellt, und sie mußte darum kämpfen, daß dies nicht geschah. »Das Sprechen strengt dich zu sehr an.
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