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Noch Viel Mehr Von Sie Und Er

Titel: Noch Viel Mehr Von Sie Und Er
Autoren: Juergen von der Lippe
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»Ja, da kannst du zwei draus machen.« Probieren Sie es mal so: »Tolles Wetter heute!« »Danken Sie nicht mir, danken Sie dem da oben.« Oder: »Tolles Wetter heute!« » Nur auf den ersten Blick. In den Abendstunden führt ein Tiefausläufer aus Skandinavien kalte Meeresluft heran, was zu vermehrter Wolkenbildung mit vereinzelten Niederschlägen führt.« Oder: »Tolles Wetter, nicht?« »Ja, genau das richtige zum Ficken!«
    Wobei man das Kompositum Fickwetter im Duden vergeblich sucht. Das wäre vielleicht noch einmal eine Aufgabe: den Begriff so popularisieren, dass er aufgenommen werden muss, denn der Duden versteht sich ja als Spiegel der gesprochenen Sprache, er beugt sich also der normativen Kraft des Faktischen. Und Fickwetter ist das einzige Kompositum, das das Wort Wetter in seiner Bedeutungslosigkeit nicht nur akzeptiert, sondern zur Sinnstiftung heranzieht, denn beischlafen kann man bei jedem Wetter, es ist eine witterungsunabhängige Beschäftigung, während andere Tätigkeiten nach spezifischen klimatischen Gegebenheiten verlangen, wie etwa die Schneeballschlacht oder das Sonnenbad, womöglich kombiniert mit Wäscheaufhängen im Freien, einem zauberhaften, romantischen Anachronismus, den der heutige Urbane nur noch aus alten Filmen oder Erzählungen der Großeltern kennt.
    Das Wetter sagt nur als Kompositum etwas aus, und dieser reiche Wortschatz lohnt eine kleine Betrachtung. Warum gibt es Regenwetter, aber kein Sonnenwetter? Das wird semantisch von Sommer- oder Urlaubswetter oder auch Fußballwetter abgedeckt, wobei in den Fünfzigerjahren Regenwetter »Fritz-Walther-Wetter« genannt wurde, weil der Käptn dann am besten war, so, wie es in glücklicheren Formel-1-Tagen das Schumi-Wetter gab. Das Kaiserwetter hat übrigens nichts mit Beckenbauer zu tun, es bezieht sich auf Kaiser Wilhelm II, der bei Freiluftveranstaltungen nur aufkreuzte, wenn die Sonne lachte. Das Gegenteil von Kaiserwetter wäre umgangssprachlich Hundewetter, ein Begriff, der sich im großen Dudenwörterbuch nicht findet, wohl aber als Übersetzung des englischen »beastly weather« oder des italienischen »il tempo da lupi«. Merkwürdigerweise sind Hundstage nicht verregnet, sondern die vom Sternbild Canicula, dem Hund des Orion, beherrschten Wochen vom 24. Juli bis zum 23. August. Sie hießen schon im nachklassischen Latein dies caniculares. Seit dem 15. Jahrhundert meint man einfach heiße Tage. Das Donnerwetter hat mit Wetter dagegen gar nichts zu tun, es bedeutet Standpauke oder ist ein Ausruf des Erstaunens, ebenso wie Donnerlittchen, das eigentlich Donnerlichtchen heißt und den Blitz meint (im Ostpreußischen heißt Lichting Blitz).
    Aber genug gelacht. Ich möchte Ihnen nunmehr ein neues, von mir erfundenes Wort vorstellen, das Frauenwetter. Das Wesensmerkmal des Frauenwetters ist eine fühlbare Kühle. Der sensible Mann bemerkt natürlich von selbst, dass die Frau friert, an den erigierten Brustwarzen, während der normale Mann unterstellt, sie sei erregt, natürlich seinetwegen. Da muss sie dann glaubhaft versichern: Ich friere, damit der Mann ihr ritterlich sein Jackett umhängt und seinerseits zu frieren beginnt, aber mit einem guten Gefühl. Außerdem beeinträchtigt kühles Wetter das Aussehen der Frau nicht, es konserviert ihre Schönheit, wenn man so will, bei warmem Wetter schwitzt sie, die Schminke verläuft, die Frisur sackt in sich zusammen, sie mag sich selber nicht und fühlt sich schlecht. Ganz anders der Mann, er steht halb nackt und schweißüberströmt am Grill, trinkt Bier und fühlt sich großartig. Schwitzen ist für den Mann ein Leistungsnachweis, Schweiß schmückt den Mann, frieren ist aus männlicher Sicht eindeutig negativ besetzt, wovon schon der alte Volksmund kündet: Der Säufer und der Hurenbock friert selbst im dicksten Winterrock. Also: Hitze ist Männerwetter.
    Das Wetter ist auch für die Beziehung wichtig, es gibt dem Mann die Möglichkeit, die Frau an seinem Leben teilhaben zu lassen, indem er fragt: Muss ich einen Mantel anziehen? Eine Frau würde das nie fragen, sie wird ein Fenster öffnen, auf diese Weise feststellen, ob Männer- oder Frauenwetter ist, und im Lichte dieser Erkenntnisse ihre Garderobe zusammenstellen.
    Deswegen kann sich der Mann auch auf ihre Antwort verlassen: Ja, Schatz, besser ist es, oder, nein, brauchst du nicht. Sie kennt ihn, sie kann sich in ihn hineinfühlen, ein heterosexueller Mann, womöglich einer mit naturwissenschaftlichem Hintergrund, würde auf
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