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Noahs Kuss - - ...Und plötzlich ist alles anders

Titel: Noahs Kuss - - ...Und plötzlich ist alles anders
Autoren: PeP eBooks
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Ball der Lustigen Witwe und es gibt noch jede Menge zu tun.
    Unser Thema ist nicht nur der Tod an sich. Wir versammeln all das, was nach dem Tod von den Menschen bleibt– Worte und Grabsteine und Bilder und Erinnerungen. Unsere erste Handlung ist, das Porträt der Witwe mehrfach an den Wänden der Turnhalle anzubringen. Alles andere ergibt sich dann fast von selbst.
    Wir vermeiden Schwarz. Wir wollen den Tod farbenprächtig inszenieren. Kyle hat lange Bahnen tiefblauen Vorhangstoff aus dem Materialschrank mitgebracht– seine ganz persönliche Hommage an die Witwe. Statt die Ballgäste aufzufordern, sich zu kostümieren, haben wir sie gebeten, Familienerbstücke zu tragen. Ich werde die Armbanduhr meines Großvaters am Handgelenk tragen und am Revers die herzförmige Brosche meiner Großmutter. In die Hosentasche werde ich das Taschentuch mit dem Monogramm meines anderen Großvaters stecken, das er im Krieg dabeihatte, und in die Innentasche meiner Anzugjacke einen Brief, den ihm meine Großmutter damals geschrieben hat, einen Liebesbrief voller zärtlicher Worte. Mir gefällt die Vorstellung, dass sie alle vier gewissermaßen wieder zum Leben erweckt werden, wenn ich tanze. Ich werde sie in meinen Gedanken und Empfindungen lebendig werden lassen.
    In den nächsten achtundvierzig Stunden arbeiten wir fast rund um die Uhr. Amber kümmert sich um die Musik, flicht zwischen die Stücke, die sie ausgewählt hat, immer wieder Zitate aus den Grabbüchern und aus Gedichten von Emily Dickinson ein. Wir spiegeln uns in den Reflexionen anderer Menschen.
    Ted kommt vorbei, um uns zu helfen. Ich beobachte, wie er mit Trilby flirtet, während sie Luftschlangen über die Stahlträger an der Decke werfen. Infinite Darlene schnalzt von fern mit der Zunge, aber sie sagt kein Wort.
    Noah hilft uns auch. Wir haben seine Fotografien vergrößert und in die Ecken gehängt, damit die Leute sich überall im Raum verteilen. Er erwischt mich, als ich gerade Duftkerzen unter den Tribünen aufstelle.
    » Und was würde der Brandschutz dazu sagen?«, fragt er.
    Ich lege den Finger an die Lippen. » Schsch…!«
    Ich zünde die Kerzen an. Es duftet nach Vanille. Noah streckt die Hand aus, um mir über die Wange zu streichen. Sein Daumen streift meine Lippen und gleitet dann meinen Hals hinab. Er drückt mich mit dem Rücken gegen die Wand und küsst mich. Ich küsse ihn gierig zurück. Wir atmen einander ein. Während ein letzter Soundcheck gemacht wird und die anderen Orchideenblüten auf den Tischen verstreuen, umarmen wir uns innig und erforschen einander. Wir nehmen die Zeit nicht mehr wahr, es gibt nur noch unsere Bewegungen und unser Flüstern. Erst als Trilby meinen Namen ruft, kehren wir in die andere Wirklichkeit zurück.
    » Diese Duftkerzen haben eine ziemlich betörende Wirkung«, sagt Noah, löst sich von mir und streicht sein Hemd glatt.
    » Schsch«, mache ich noch einmal, strahlend vor Glück.
    » Wollust«, sagt er lächelnd. Eines der Wörter aus meiner Liste.
    Eigentlich finde ich ja, dass eine Party zu organisieren fast mehr Spaß macht, als sie zu feiern. Als ich Trilby und Ted erkläre, wohin sie die tanzenden Skelette hängen sollen, spüre ich, wie euphorisch wir alle inzwischen sind. Infinite Darlene und Amber spielen sich ihre Lieblingssongs vor. Emily packt eine Bowleschüssel mit Goldrand aus. Kyle legt ein Probetänzchen mit der Witwe aufs Parkett. Noah lehnt an der Wand und hält die Kamera vors Gesicht, um ein Foto zu machen. Ich finde es fast schade, dass wir andere Leute in die Welt hereinlassen müssen, die wir da gerade erschaffen.
    Dann denke ich an Tony– und ich bin bereit, die Türen weit zu öffnen.

Ein kleiner Schritt
    Es ist Samstagabend und ich sehe großartig aus. Ich trage einen Smoking aus dem Secondhandladen und schwarze Lackschuhe, die wie eine Gibson-Gitarre glänzen. Für das Revers von Noah habe ich eine Papierblume gefaltet und an meinem habe ich stolz die Brosche meiner Großmutter befestigt.
    Meinen Eltern bleibt der Mund offen stehen, als sie mich sehen. Ich sehe nicht mehr wie ein Teenager aus. Ich sehe auch noch nicht wie ein Erwachsener aus– aber definitiv älter als ein Teenager.
    » Soll ich dir eine meiner Mundharmonikas ausleihen?«, fragt mein Vater (er steckt für Partys immer eine ein, falls es einen Durchhänger geben sollte).
    » Hast du dir noch die Zähne geputzt?«, fragt meine Mutter.
    » Bist du fertig?«, fragt Jay. Es hat selbst eine Verabredung und möchte nicht zu
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