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No Copyright. Vom Machtkampf der Kulturkonzerne um das Urheberrecht. Eine Streitschrift. (German Edition)

No Copyright. Vom Machtkampf der Kulturkonzerne um das Urheberrecht. Eine Streitschrift. (German Edition)

Titel: No Copyright. Vom Machtkampf der Kulturkonzerne um das Urheberrecht. Eine Streitschrift. (German Edition)
Autoren: Marijke van Schindel , Joost Smiers
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und finanziell am besten aufgestellt sind, was den Erwerb und die Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums angeht, sowohl auf heimischen Märkten als auch im Ausland. Die allermeisten Patentanträge gehen deshalb auf ihr Konto. Für sie ist das System auch am einträglichsten. (Correa 2004: 233 f.) Es gibt eine Vielzahl von Gründen, weshalb Patente weniger selbstverständlich sein sollten, als sie oft erscheinen. Besonders deutlich wird dies bei der Pharmaindustrie. Das Argument, das diese Unternehmen oft anführen, lautet, sie bräuchten Patente als Schutz für die hohen Investitionen, die sie tätigen müssen, um die Forschung zur Entwicklung neuer Arzneimittel zu finanzieren. Auch könne diese Forschung nicht immer erfolgreich sein, müsse aber finanziell abgesichert werden. Das klingt plausibel.
    Trotzdem lohnt es sich, dieses Argument einmal genauer anzusehen. Dann fällt nämlich sofort auf, dass in Wirklichkeit wir, die Bürger, diese Forschung finanzieren. Es ist unser Geld, das darin steckt. Denn wenn wir in die Apotheke gehen, enthält der Betrag, den wir bezahlen, drei Bestandteile. Ein sehr geringer Anteil finanziert die Herstellung der Medizin und das Gehalt des Apothekers. Zum zweiten enthält der Preis einen stattlichen Anteil für Marketing. Untersuchungen haben gezeigt, dass dieser Anteil doppelt so hoch ist wie jener, der für Forschung und Entwicklung bestimmt ist, dem dritten Teil des Preises, den wir in der Apotheke zahlen. Die Industrie kann also noch so oft behaupten, sie bräuchte Patente, um ihre hohen Investitionen zu schützen. Tatsächlich geht ein substanzieller Anteil des Geldes, das wir in der Apotheke lassen, für das Pharma-Marketing drauf (vgl. Gagnon 2008: 32).
    Und noch etwas ist daran nicht in Ordnung: Wir bezahlen die Pharmaindustrie aus unserer Tasche, aber wir können nicht mitbestimmen, welche Medizin für welche Krankheitsbilder entwickelt wird. Außerdem ist der ganze Prozess ineffizient. Es wird enorm viel Wissen erarbeitet, aber nur ein Teil davon wird genutzt. Der Rest steckt hinter Schloss und Riegel, geschützt von Patenten. Oft wird solches Wissen sogar absichtlich nicht genutzt, um aus einem Arzneimittel, das am Markt gerade gut läuft, das Maximum herauszupressen. Ein großer Teil der Investitionen in pharmazeutische Forschung, die wir als Bürger bezahlen, zieht also keinen gesellschaftlichen Nutzen nach sich.
    Betrachtet man all diese Ungereimtheiten zusammen, so drängt sich die Frage auf, ob die Entwicklung von Arzneimitteln bei der Pharmaindustrie wirklich in guten Händen ist. Ist nicht eine Alternative denkbar, bei der wir mehr Entscheidungsbefugnisse hätten? Durchaus. Angenommen, wir würden in der Apotheke nur jenen Teil des Arzneimittelpreises bezahlen, der tatsächlich für die Herstellung der Medizin benötigt wird. Das wäre ein Bruchteil dessen, was wir derzeit zahlen. Den Rest des Geldes könnten wir in gemeinschaftliche Fonds einzahlen.
    Wie solche Fonds verwaltet werden, könnte von Land zu Land unterschiedlich aussehen. Wichtig wäre wohl, dass sie nicht in der Hand des Staates liegen, denn im gesellschaftlichen Interesse an der Entwicklung einer ganzen Bandbreite von Arzneimitteln muss dabei Unabhängigkeit gewährleistet sein. Eine weitere Grundvoraussetzung ist natürlich, dass das betreffende Land mehr oder weniger korruptionsfrei ist. Andernfalls ist es um das gesellschaftliche Miteinander ohnehin nicht gut bestellt.
    Wie soll dann von diesen Fonds finanzierte Forschung zustande kommen? Wir stellen uns vor, dass man sich zunächst ein Bild der Krankheiten macht, für die neue Arzneimittel benötigt werden. Dann können universitär oder kommerziell betriebene Forschungseinrichtungen und Labore sich für den jeweiligen Forschungsbedarf anmelden. Diese medizinischen Einrichtungen brauchen nicht größer zu sein als im jeweiligen Einzelfall erforderlich. Marktbeherrschende Pharmakonzerne bräuchte es dann nicht mehr zu geben. Mit wettbewerbsrechtlicher Regulierung könnte sie auf ein angemessenes Maß zurückgeschraubt werden.
    Welche Krankheitsbilder von welchen Einrichtungen prioritär erforscht zu werden verdienen, könnten unabhängige Mediziner gemeinsam mit gesellschaftlichen Interessenvertretern entscheiden. Wahrscheinlich wäre es am besten, wenn ein und dieselbe Forschung von zwei oder drei Einrichtungen parallel, jedoch mit unterschiedlicher Herangehensweise verfolgt würde, damit am Ende auch mit Sicherheit etwas herauskommt.
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