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nmp06

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Titel: nmp06
Autoren: Unknown
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ärgerlich und mißtrauisch.
    „Sie müssen nicht glauben, daß ich Ihnen Ideen verkaufen will“, beruhigte ich ihn. „Sie haben sicher genug davon... Aber ich hab was entdeckt... ganz hübsch, finde ich. Ich kann einfach nicht der Versuchung widerstehen, es Ihnen mitzuteilen. So bin ich nun mal. Wissen Sie, daß im 6. Arrondissement die meisten Frauen rumlaufen, die sich als Mann verkleiden, und die meisten Männer, die Frauenkleider tragen? Damit mein ich natürlich nicht die Schotten.“
    „Natürlich nicht. Die Priester?“
    „Ganz genau.“
    „Sehr komisch!“ Er lachte schallend auf. „Ehrlich gesagt, ich kann Ihnen nicht versprechen, das nicht doch irgendwo zu verwenden.“
    „Wie Sie wollen.“
    „He, Nestor!“ rief Henri und beugte sich über die Theke. „Deine Maus ist da.“
    „Ich komme.“
    Ich stand auf.
    „Entschuldigen Sie mich bitte, aber ich seh mich gezwungen, meine brillanten Einfälle hier enden zu lassen.“
    Ich reichte Germain Saint-Germain die Hand.
    „Auf Wiedersehen, Monsieur Burma. Viel Vergnügen noch. Hat mich sehr gefreut, Sie wiedergetroffen zu haben.“
    Ohne seine Hand loszulassen, fragte ich ihn:
    „Darf man erfahren, warum Martin Burnet Sie eben so grob beschimpft hat?“
    „Ich hatte ihm Geld angeboten.“
    „Und er hat es nicht angenommen, stimmt’s?“
    „Genau.“
    „Geld war ihm schon immer scheißegal“, sagte ich.
    „Der Glückliche“, brummte der Schriftsteller. „Auf Wiedersehen, Monsieur Burma.“
    „Auf Wiedersehen.“
    Ich ging an die Theke. Marcelle wartete vor einem Weinbrand auf mich. Ein kleiner dunkelhaariger Struwwelpeter, wie man sie hier im Viertel massenhaft sieht. Sie allerdings hatte von Natur aus so eine widerspenstige Löwenmähne. Ihre Gesichtszüge waren hart. Kein Make-up. Das Leben hatte es nicht besonders gut mit ihr gemeint; deshalb sah sie es gar nicht ein, warum sie sich einseitig bemühen sollte. Ein nettes Mädchen, schlug sich mehr schlecht als recht durch, indem sie die Studios abklapperte. War alles andere als häßlich, dazu recht gut gebaut. Ich kannte sie seit rund zwei Jahren. Das erste Mal hatte ich sie, glaub ich, hier im Échaudé getroffen. Gestern hatte ich wieder Kontakt mit ihr aufgenommen, nachdem ich sie acht oder neun Monate nicht mehr gesehen hatte. Sie wohnte immer noch — ein Glück für mich, ein gutes Vorzeichen! — im Diderot-Hôtel auf dem Boulevard, hinter der Statue des Enzyklopädisten. Wir verließen die Snackbar und gingen zu ihr ins Hotel.
    Draußen war es immer noch warm. Aber einige dicke Regentropfen zerplatzten auf dem Bürgersteig. Mit etwas Glück würde es bald ein Gewitter geben. Außer den parkenden Autos war der Boulevard beinahe leer. Auf den Terrassen der Cafés saßen immer noch dichtgedrängt schwitzende Gäste.
    Wir überquerten die Fahrbahn und verschwanden im Diderot-Hôtel. Die Halle lag im Halbdunkel. Hinter einer halbhohen Theke döste ein Nachtportier vor sich hin. Die Schweißperlen auf seiner Glatze schillerten in dem jämmerlichen Licht einer schwachen Birne, die über dem Schlüsselbrett hing. Marcelle nahm ihren Zimmerschlüssel, ohne daß der Kerl sich bewegte oder irgendwas bemerkte. Vielleicht hatte ich mir völlig unbegründet Sorgen gemacht. Hier ging’s anscheinend zu wie in ‘nem Taubenschlag.
    Der Teppich auf der Treppe verlangte stellenweise dringend nach Erneuerung. In der ersten Etage kamen uns drei Schwarze entgegen, die sich um den Schlaf ihrer Nachbarn herzlich wenig zu kümmern schienen. Den Lärm als lautes Gequatsche zu bezeichnen, wäre stark untertrieben. Unterm Arm schleppten sie Musikinstrumente. Hatten wohl gerade an einer Art Jam Session in der Bude eines Freundes teilgenommen. Unten in der Hotelhalle verspürte einer von ihnen das Bedürfnis, den Nachtportier mit einem schrillen Trompetenton zu wecken. Nach ein paar derben Flüchen war wieder Ruhe. Inzwischen waren wir in der dritten Etage angelangt. Hier hauste Marcelle in einem sauberen, aber unpersönlichen Zimmer. Ein Hotelzimmer wie tausend andere. Sehen alle gleich aus.
    Meine Freundin knipste das Licht an und zog die Vorhänge zu. Dann setzte sie sich auf ihr knarrendes Bett und knöpfte ihre Bluse auf.
    „Was machst du denn da?“ fragte ich.
    „Ich zieh mich aus.“
    „Halt dich bedeckt, wir haun gleich wieder ab.“
    Ich angelte aus meiner Brieftasche einen Fünftausender. Zögernd nahm sie ihn.
    „Versteh ich nicht“, sagte sie, den Kopf gesenkt.
    Ich faßte sie am
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