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Titel: nmp06
Autoren: Unknown
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Kinn.
    „Bist ein nettes Mädchen. Laß dir deswegen keine grauen Haare wachsen.“
    Sie machte sich los. Ich tätschelte ihr die Wange. Dann ging ich zur Tür.
    „Wohin?“ fragte sie.
    Ich drehte mich zu ihr um.
    „Zu meinem Klienten. Hab dir doch gestern davon die Ohren vollgequatscht.“
    „Und ich dachte, das wär nur ‘n Vorwand.“
    „Ganz im Gegenteil, mein Schatz. Bin rein dienstlich hier, ob du’s glaubst oder nicht. Überstunden mit Nachtzulage. Wird ganz schön teuer. Und dich hab ich als freie Mitarbeiterin angeheuert.“
    „Schön. Also, was soll ich tun?“
    „Warten, bis ich zurück bin. Wenn ich mit meinem Burschen fertig bin, zwitschern wir ab. Ich könnte zwar versuchen, alleine an eurem Nachtwächter vorbeizukommen, aber wenn er grad mal nicht schläft... Also, bis gleich.“
    Ich ging über den dunklen Flur zur Treppe und dann in die vierte Etage. Im Haus herrschte völlige Ruhe. Als ich aber in den Korridor einbog, hörte ich lautes Geschnarche, so als hätte ich es durch meine Schritte ausgelöst. Das majestätisch laute Geschnarche endete manchmal in Gepfeife, wie von Lokomotiven, unterbrochen von Knurren und Nebelhorn. Ein Besoffener schlief seinen Weinrausch aus und machte sich über die Nationale Liga gegen den Alkoholismus lustig, die gleich um die Ecke ihren Sitz hat. Mit Hilfe einer einsamen Nachtleuchte konnte ich mühsam die Zimmernummern entziffern. Nummer 42. Genau das Zimmer suchte ich. Ich legte mein Ohr an die Tür und horchte. Das Geschnarche erfüllte das ganze Hotel, die Wellen schlugen hoch. Man konnte es nicht genau lokalisieren. Gut möglich, daß Monsieur Charlie Mac Gee der Urheber war. Er mußte sich in seiner Bude langweilen wie eine Brotkruste unterm Schrank. Na ja... Mit einem Glas fängt’s an, und dann wird’s doch ein Liter. Hätte ihn allerdings für solider gehalten.
    Kein Schlüssel im Schloß. Ich klopfte leise. Keine Reaktion. Das Schnarchen änderte die Tonlage, wurde noch durchdringender. Wahrscheinlich hatte sich der Schlafende auf die andere Seite gedreht. Ich klopfte noch mal. Nichts. Selbst das Geschnarche pfiff drauf. Mit monotoner Gleichmäßigkeit wurde weitergesägt. Also fuhr ich schwerere Geschütze auf. Schließlich wurde ich erwartet. Mein Spezial-Pfeifenbesteck trat in Aktion. Das Schloß sagte ,Klick “. Ich konnte eintreten.
    Ganz schöner Gestank, da drin. Ein Gemisch aus verbrauchter Luft, kaltem Tabakrauch, Schweiß und billigem Parfüm. Darüber lag noch ein anderer Geruch, undefinierbar, zum Kotzen. Die Hitze tat ihr übriges. Und wieder das Schnarchen, jetzt allerdings gedämpft. Irgendwo, ganz nah, tropfte ein Wasserhahn. Ein ständiges Gluckern ließ die Rohrleitungen vibrieren. Das Gebäude erzitterte vom Dach bis zum Keller.
    Weder Decken- noch Nachttischlampe brannten. Nur die Neonbeleuchtung des Hotels schickte in regelmäßigen Abständen einen blutroten Schein durch die schlecht zugezogenen Vorhänge ins Zimmer. Bei einem dieser kurzen Blitze entdeckte ich einen Mann auf dem Bett, vollständig angezogen. Der rechte Arm baumelte runter auf den Bettvorleger. Ein langer Arm.
    Ich näherte mich dem Gast von Zimmer 42. Das Schnarchen kam nicht von ihm. Wenn er’s früher getan hatte, so würde er’s nicht wieder tun. Nie wieder.

2 .

Pech gehabt

    Auf leisen Sohlen ging ich zum Fenster und zog erstmal die Vorhänge ordentlich zu. Dann knipste ich das Licht an, immer darauf bedacht, bloß keine Fingerabdrücke zu hinterlassen. Die helle Deckenlampe ließ mich blinzeln.
    Mein Hemd klebte mir an der Haut. Man konnte es samt Kragen auswringen. Ich konnte kaum atmen, wischte mir den Schweiß vom Gesicht. Dafür war meine Kehle aber trocken. Ich ging wieder zur Leiche.
    Mein Klient war schon einige Zeit in die Ewigen Jagdgründe eingegangen. Sein breites Gesicht mit der platten Nase und den wulstigen schmutzigrosa Lippen wurde so langsam grau, unbeweglich wie ein Stück Holz. Die Fingernägel waren aschfahl. Seine Hand krampfte sich um einen schweren Revolver mit Schalldämpfer. Diese Kanone war es also, die die Haare des Bettvorleger-Tigers streifte und den Arm des Mannes so unnatürlich lang erscheinen ließ.
    Ob er sich nun selbst umgebracht (worauf das Ganze schließen ließ) oder jemand anders ihn abgeknallt hatte: der Schwarze hatte den Humor gleicher Farbe nicht so weit getrieben, durch eine Kugel aus blanker Waffe zu sterben. Es sei denn, das sollte ein geschmackloser Scherz sein. Monsieur Jérôme Grandier könnte
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