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Titel: nmp06
Autoren: Unknown
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Roman?“
    „ Nur eine Viertelstunde für die Liebe .“
    „Werd wohl davon gehört haben...“
    Sein nervöser Tick machte sich wieder bemerkbar.
    „Geben Sie sich keine Mühe, es lohnt nicht. Mein richtiger Name vielleicht...“
    „Bergougnoux“, warf Henri ein. Obwohl er sich wieder über seine Rechnerei gebeugt hatte, entging ihm nichts.
    „Bergougnoux?“ echote ich.
    „Mein richtiger Familienname“, bestätigte Germain Saint-Germain. „Albert Bergougnoux. Ein häßlicher Name. Die beiden identischen Silben machen ihn nicht gerade hübscher. Sie müssen zugeben, Bergougnoux ist kein brillanter Name. Für meine Werke mußte ein anderer her.“
    Meine Werke, die Worte klangen recht eigenartig. Ich fragte mich, ob er überhaupt noch atmen konnte, so voll hatte er den Mund genommen.
    „Warten Sie...“, sagte ich und tat aus Höflichkeit so, als kramte ich in meinen Erinnerungen.
    Anscheinend hatte der Meister nicht viel Zeit. Er half mir auf die Sprünge:
    „Wir waren beide häufiger im Flore, manchmal saßen wir am selben Tisch. Wir haben sicher viele gemeinsame Freunde.“
    „Möglich“, räumte ich ein, wenig überzeugt.
    „Bestimmt!“ sagte er entschieden.
    Und er nannte mir ein paar Namen. Louis Chavance, Prévert, Loris, Christiane Lénier, Jean Rougeul, Tony Gonnay usw. usw. Von mir kam nur zögerndes Kopfnicken. Dann sagte er: „Jedenfalls, ich habe Sie nicht vergessen Und er fügte hinzu:
    „...Und was haben Sie aus diesem Hundeleben gemacht?“ Wissen Sie’s nicht?“
    „Keine Ahnung.“
    Ich lachte.
    „Dann sind wir ja quitt, Monsieur Saint-Germain. Ich wußte nicht, daß Sie unter die Bestsellerautoren gegangen sind, und anscheinend wissen auch Sie nicht, welch Ansehen mir eignet... so sagt man doch, oder?“
    „Wenn man unbedingt will. Ich bin kein Sprachfetischist.“
    „Ich bin nämlich auch berühmt. Na ja, in gewissen Kreisen. Allerdings in einer anderen Branche.“
    „In welcher?“
    „Monsieur Burma ist Privatdetektiv“, mischte Henri sich wieder ein. Hatte schon immer viel Talent für Nebenrollen.
    „Privatdetektiv?“ rief der Schriftsteller. „Aber das ist doch bestimmt aufregend.“
    „Sehr. Vor allem, wenn man eins mit dem Knüppel drüberkriegt.“
    „Passiert Ihnen das oft?“
    „Kann nicht meckern.“
    Er streckte mir die Arme entgegen, so als wollte er mich an seine väterliche Brust drücken.
    „Mein Teuerster, gestatten sie, daß ich Sie, eingedenk der guten alten Zeit, an meinen Tisch bitte. Verwehren Sie mir nicht den Wiedersehenstrank!“
    Ich sah wieder auf meine Uhr.
    „Ein paar Minuten hab ich Zeit für Sie“, sagte ich großzügig. „Die Frau, die ich erwarte, müßte schon längst hier sein.“
    „Sie können ebensogut an meinem Tisch warten“, sagte Germain Saint-Germain. „Und die Dame wird Sie hier schon bemerken. Im Échaudé kann man sich nicht so leicht verfehlen.“
    „Wen erwartest du denn?“ erkundigte sich Leduc.
    „Marcelle.“
    „Marcelle? Welche? Die Dunkle oder die Blonde?“
    „Die Dunkle. Sag mir Bescheid, wenn sie da ist.“
    Ich folgte dem Schriftsteller an seinen Tisch. Die Tischdecke war mit nervös gekneteten Brotkügelchen übersät und mit Weinflecken verziert. Mein Gastgeber rief den Kellner, der für die Tische zuständig war. Eilig nahm dieser die Bestellung auf und brachte uns das Gewünschte. Das filmreife Paar am Nebentisch spielte die Szene „Küssen bis zum Umfallen“. Offensichtlich hatte keiner von beiden Asthma. Das Licht der Wandlampe fiel jetzt direkt auf Saint-Germains Gesicht. Ich betrachtete ihn genauer. Ging mich zwar einen Dreck an, aber ich tat es ganz automatisch. Ein dichtes Netz von Fältchen überzog Stirn und Schläfen. An den Augen Krähenfüße. Seine grauen Augen, so beweglich wie die eines Nachtvogels, spiegelten eine unerklärliche Verwirrung wider. Vielleicht nahm er Drogen, wie so viele seiner Kollegen. Zu behaupten, daß dieser Mann mir völlig egal war, wäre gelogen. An dem Abend trieb ich mich zwar nicht hier rum, um mir anzuhören, wie ein aufgeblasener Schriftsteller sich an seinen eigenen Worten berauschte. Ich hatte Wichtigeres zu tun. Wär aber trotzdem nicht böse gewesen, wenn ich erfahren hätte, warum Tintin ihn in aller Öffentlichkeit und so leidenschaftlich beleidigt hatte. Wo Tintin doch von Natur aus äußerst vornehm und höflich war, jedenfalls früher! Der Alkohol erklärte nicht alles. Da mußte noch was anderes sein. Irgendwie hatte dieser Saint-Germain wohl
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