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Titel: nmp06
Autoren: Unknown
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sollen. Viel zu vorsichtig, dieser Monsieur Mac Gee. Jedenfalls hatte er nichts Verräterisches bei sich getragen. Oder aber er war gefleddert worden. Für Nestor also nichts dabei, was ihn irgendwie hätte weiterbringen können. Ich fluchte still vor mich hin, steckte die Brieftasche an ihren Platz zurück, löschte das Licht und verduftete. Die Tür ließ ich einen Spaltbreit offenstehen.
    Mein Rückzug über den Korridor wurde von der Nasensinfonie in schnarch-moll begleitet. Dazu brausender Beifall von einer plötzlich einsetzenden Wasserspülung. Ein gelungenes Ensemble. Nichts dagegen zu sagen. Paßte alles gut zusammen.

    * * *

    Die kleine Marcelle wartete brav auf mich. Sie lag auf dem Bett und rauchte. Als ich reinkam, setzte sie sich auf und sah mich mit ihren großen staunenden Augen an.
    „Na, was ist?“ fragte sie. „Du machst vielleicht ein Gesicht...“
    „Diese verdammte Hitze“, redete ich mich raus. „Ich hab’s zwar gerne etwas heißer, aber manchmal... Die Arterien. Ich werd alt.“
    „Hast du deinen Klienten getroffen?“
    „Ja.“
    Sie wühlte in ihrer Mähne, die auch so schon zerwühlt genug aussah.
    „Und nun?“
    „...haun wir wieder ab. Wir könnten ‘ne Kleinigkeit bei Henri auf die Gabel legen.“
    „Da sag ich nicht nein.“
    Sie stand vom Bett auf und lächelte.
    „Trotzdem... ‘n bißchen beleidigend ist das schon für mich.“ Mir war nicht nach charmantem Geplauder zumute.
    „Mal sehen... irgendwann, wenn’s etwas kühler ist... Los, machen wir uns aus dem Staub“, drängte ich. „Ich krieg keine Luft hier. Zieh dir was über. Ich glaub, es gießt.“
    „Hm, in Strömen. Bin ja nicht taub.“
    Sie zog ihren Trenchcoat über.
    „’n Regenschirm kann ich dir nicht bieten. Hier im Viertel ist so was nicht gefragt.“
    „Macht nichts.“
    Hoffentlich würde ich pudelnaß werden. Bestimmt roch ich zehn Meter gegen den Wind nach Absteige. Vielleicht konnte der Regen den schäbigen Gestank aus dem Zimmer des Toten verjagen.
    Wir verließen das Hotel ohne Zwischenfälle. Der Portier schnarchte immer noch unter dem schummrigen Licht der schwachen Birne. Auf dem kahlen Schädel glänzten wie vorher Schweißperlen. Als Marcelle ihren Schlüssel ans Brett hängte, streifte sie ihn. Eine Art Luftblase kam zwischen seinen Lippen hervor, was aber keine Reaktion auf die Berührung war. So einen Zischlaut stieß er wohl von Zeit zu Zeit im Tiefschlaf aus. Gehörte zu seiner Körperhygiene. Ich hätte also genauso gut alleine rein- und rauskommen können. Aber dafür hätte ich vorher seine Gewohnheiten kennen müssen. Und jetzt nahm ich meine kleine Sainte-Germaine aus einem anderen Grund mit: wenn man die Leiche in der vierten Etage entdeckte, sollte das Mädchen nicht in ihrem Zimmer sein. Unter dem Schock hätte sie den Flics gegenüber vielleicht einen unvorsichtigen, verräterischen Satz fallenlassen können. Auch mußte und wollte ich sie vom Diderot-Hôtel fernhalten, wenn auch nicht, bis daß sich die Wogen geglättet hatten, so doch wenigstens bis zum nächsten Mittag. Durch diese Taktik war die Gefahr zwar nicht völlig gebannt, aber in einem gewissen Maße verringert. Na ja! Nur weil dieser verfluchte Schafskopf von Charlie Mac Gee sich hatte umlegen lassen, mußte ich die Nacht zum Schäferstündchen machen.
    Wir überquerten also den Boulevard, im Nacken eine Regenbö. Bei Leduc war es rammelvoll. Louis verschaffte uns einen Platz für eineinhalb Personen ganz hinten an der Theke. Germain Saint-Germain weilte nicht mehr unter den ehrenwerten Gästen. War mir nur recht. Ich fühlte mich nicht in der Lage, ein Gespräch zu führen, auch kein noch so schwachsinniges. In meinem kleinen Hirn geisterten schon genügend Gedanken rum. Das arme Hirn eines dynamischen Detektivs, Spezialist für das Auffinden leichtverderblicher Ware!
    Wir mußten uns von Henri ein paar harmlose Sticheleien anhören. Dann kriegten wir einen reichlich versalzenen Fraß vorgesetzt, wonach wir anständig die Gurgel ausspülen mußten. Meine freie Mitarbeiterin langte besonders kräftig zu und wußte nicht mehr so richtig, welchen Tag wir hatten. Aber mein Ziel war noch nicht erreicht. Ich fragte mich, welche Wende ich der Nacht geben sollte. Da half mir ein Junge in sehr enganliegenden Bluejeans und sehr weitem Hemd aus der Verlegenheit. Er erzählte seinen Freunden, die Ausscheidung für die Wahl der „Miß Müll“ finde heute nacht in der Passage Dauphine statt, in der Cave-Bleue. Man
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