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nmp06

Titel: nmp06
Autoren: Unknown
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aus gestampftem Lehmboden und gaben mir Junggesellen eine Vorstellung von Ehekrach. Die Kerle schnappten sich ihre Mädchen, zogen sie plötzlich zu sich ran und stießen sie dann ähnlich zärtlich wieder von sich. Die Mädchen wirbelten zurück, Röcke flogen und eröffneten ungeahnte Perspektiven. Das bewies mir wieder die Überlegenheit dieses Kleidungsstücks im Vergleich mit diesen schrecklichen Damenhosen! Danach starteten die Paare den zweiten Versuch, aggressiv, mit stolz gereckter Brust, auf die Gefahr hin, daß ein paar Knöpfe absprangen.
    Marcelle und mir gelang es, uns auf eine Bank zu zwängen. Neben uns einer, der aussah wie Alexandre Astruc (den ich auch nicht mehr so oft seh’), und ein anderer, der im Takt hin und her zappelte. Ein Kellner, der ganz schön geschickt sein mußte, um sich in dem ganzen Durcheinander zurechtzufinden, stellte uns irgendein starkes Gesöff vor die Nase.
    Ich verließ meinen hart erkämpften Platz und machte mich auf die Suche nach einem Telefon. Was getan werden mußte, mußte getan werden.
    Hinter der Bar befand sich tatsächlich die Kabine. Ich zog die Tür hinter mir zu und schnappte mir das Telefonbuch.
    Diderot-Hôtel, Dragon 35-09.
    Ich wählte die Nummer. Beim dritten Klingeln entschloß sich der Portier in der halbdunklen Vorhalle, den Hörer abzunehmen.
    „Hier Dide...“ Er gähnte. „...rotel.“
    „Monsieur Mac Gee“, sagte ich.
    „Ja, Monsieur. Guten Abend, Monsieur Mac Gee. Was kann ich für Sie tun?“
    „Ich bin nicht Mac Gee. Er wohnt in Ihrem Hotel. Und ich möchte mit ihm sprechen.“
    „Ach so! Ja...“
    Wieder ein herzhaftes Gähnen.
    „...Wissen Sie, wie spät es ist, Monsieur?“
    „Besser als Sie. Ist aber egal. Ich muß unbedingt mit Monsieur Mac Gee sprechen, und zwar sofort. Er erwartet meinen Anruf. Zimmer 42. Sie sehen, ich weiß Bescheid. Verbinden Sie mich bitte.“
    „Jawohl, Monsieur.“
    Der Hörer wurde auf den Tisch geknallt. Es folgten verschiedene undefinierbare Geräusche. Offenbar kämpfte der Portier mit dem Haustelefon. An mein freies Ohr drang der Krach aus dem Keller, ein Gemisch von Jazzmusik und Stimmengewirr. „Hallo?“
    „Ja?“
    „Monsieur Mac Gee meldet sich nicht, Monsieur. Scheint nicht zu Hause zu sein.“
    „Sollte mich wundern“, wunderte ich mich, wobei ich mir nur schlecht einen ironischen Unterton verkneifen konnte. „Er erwartet meinen Anruf. Es ist sehr wichtig. Sehen Sie doch bitte aufs Schlüsselbrett. Er muß in seinem Zimmer sein.“
    Pause. Dann:
    „Sie könnten recht haben, M’sieur. Sein Schlüssel hängt nicht am Brett.“
    „Sehen Sie! Vielleicht hat er sich die Hacken vollgesoffen. Das Klingeln weckt ihn nicht auf. Bitte, mein Lieber, gehen Sie rauf und schütteln Sie ihn etwas. Hab verdammt wichtige Informationen für ihn. Er wird bestimmt nicht explodieren.“
    Kurzes Zögern.
    „Meinen Sie?“
    „Aber sicher.“
    „Na ja, M’sieur... äh...“
    „Destournelles .“
    „Na schön, M’sieur Destournelles. Bleiben Sie am Apparat. Bin gleich wieder da.“
    „O.k.“
    Ich holte meine Pfeife raus, meine gute alte Freundin mit dem Stierkopf. Hatte sie heute nacht etwas vernachlässigt. Ich stopfte sie und zündete sie an. Während ich wartete, las ich die Schmierereien in der Kabine. Trink Arsenik-Tee, und dein Durst nach ewigem Frieden wird gestillt... Existentialisten! Sartre auf alle Lippen! ... Fühlst du dich nicht wohl, fühl dich durch andere ... Wir altruistisch! Die Begutachtung der vielen Beweise von Dichtkunst wurde unterbrochen von dem schabenden Geräusch des Hörers auf dem Tisch im Diderot-Hôtel, der jetzt wieder aufgenommen wurde. Wahrscheinlich zitterte die Hand wie Espenlaub. Mein Gesprächspartner am anderen Ende keuchte wie ein Walroß.
    „Hal...lo“, stammelte er schließlich im Flüsterton, verstört wie eine schwachgewordene Jungfrau.
    Jetzt stand ihm der Schweiß nicht nur auf der Glatze. Bestimmt hatte sich schon eine Pfütze gebildet.
    „Hallo... M’sieur...“
    Behutsam legte ich auf. Das hatte ja gut geklappt. Leise, diskret und schmerzfrei. Einen Katzensprung weit entfernt von hier, in der Rue de l’Abbaye, gaben sich die Flics gerade den unschuldigen Freuden einer gemütlichen Partie belote hin. Gleich würden sie durch den Regen zu einem bleischweren farbigen Gangster laufen müssen.
    Ich verließ die Telefonzelle und bahnte mir einen Weg durch die dichtgedrängte Menge. Mittendrin sah ich den schönen Intellektuellenkopf von Albert
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