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Nixenfluch

Nixenfluch

Titel: Nixenfluch
Autoren: H Dunmore
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Mann.
    Wir versuchen alle, das nötige Geld für ihren Trip zusammenzubringen, weil es schwierig für Mum und Roger ist, uns genug Geld hierzulassen und gleichzeitig ihre eigene Reise zu finanzieren. Roger sagt, er würde bis September nahezu rund um die Uhr arbeiten, und Conor hilft mir dabei, den Gemüsegarten in Schuss zu bringen. Wenn wir die gesamte Fläche umgraben, können wir genug Obst und Gemüse anbauen, um uns den Sommer über zu ernähren. Es dürfte sogar noch etwas übrig bleiben, um es an die Sommertouristen zu verkaufen. Die Leute zahlen viel Geld für echte Bioware.
    Mals Dad sagt, Conor könne ihm diesen Sommer auch beim Fischen helfen. Er zahlt zwar nicht viel, aber immerhin etwas, und Conor wird jede Menge Makrelen und vielleicht auch Wolfsbarsch mit nach Hause bringen. Ich denke ständig darüber nach, ob es noch andere Einnahmequellen gibt.
    »Vielleicht Touristenführungen durch Indigo«, schlägt Conor vor.
    Es macht mir nichts aus, das Kochen, Waschen und Aufräumen zu übernehmen, solange sich Conor daran beteiligt. Ich erledige jetzt schon vieles im Haushalt, wie Mum zugeben muss. Das tue ich, seit Dad uns verlassen hat.
    Alles ist also mehr oder weniger geregelt. Mum hat wieder damit begonnen, sich auf Australien zu freuen, wenngleich sie jeden Tag ein paar neue Befürchtungen äußert. Hätte Granny Carne nicht versprochen, auf uns aufzupassen, sagt sie, würde sie nicht einmal im Traum daran denken, uns allein zu lassen. Außerdem vertraut sie Conor, dass er auf mich achtgibt. Wir müssen Mum jeden Tag eine E-Mail schicken oder sie anrufen. Roger wird uns seinen Computer zur Verfügung stellen, sodass wir jederzeit erreichbar sind.
    *
    Bis jetzt habe ich jeden Gedanken daran verdrängt, wie es sein wird, wenn Mum nicht mehr da ist. Ihr Flug geht Anfang September. In weniger als fünf Monaten. Vier Monaten. Inzwischen nur noch drei Monaten. Die Zeit vergeht immer schneller, je näher der Termin rückt. Eine Zeile aus Dads Lied geht mir durch den Kopf:
    Doch weil ich unser Schicksal sah,
    dass ich muss fort und du bleibst da …
    Gestern kam Mum ins Wohnzimmer und zeigte mir ihren neuen Bikini und ihren Sarong. Sadie und ich lagen ineinander verknäult auf dem Fußboden und sahen fern. Der Sarong bestand aus verschiedenen Rosatönen, von Blassrosa bis Knallpink. Sehr australisch. Mum zeigte mir verschiedene Arten, wie er sich wickeln lässt, dann sagte sie plötzlich: »Wenn Sadie bei dir ist, brauche ich mir jedenfalls nicht so große Sorgen zu machen.«
    »Einbrecher werden keine Chance haben«, gab ich ihr recht.
    »Ich habe nicht an Einbrecher gedacht«, sagte Mum langsam und sprach dann nur noch zu Sadie, nicht zu mir. »Du passt gut auf mein Mädchen auf, nicht wahr, Sadie?«
    Es hörte sich nicht einmal wie ein Scherz an.
    »Mum, ich …«
    Aber dann wusste ich nicht, was ich sagen soll. Es wird mir nichts passieren, Mum. Ich werde es gut haben. Ich konnte das nicht wirklich versprechen. Du bist die beste Mutter der Welt. Ich hoffe, dass du eine wundervolle Zeit verbringst. Solche Sachen kann Conor sagen, aber nicht ich.
    »Pass gut auf mein Mädchen auf«, wiederholte Mum mit leiser, eindringlicher Stimme. Sadie hörte ihr aufmerksam zu. »Du sorgst dafür, dass ihr nichts zustößt, bis ich wieder zu Hause bin.«
    *
    Faro hält eine Venusmuschel in der Hand.
    »Wie viele Haare brauchst du für die Armbänder?«, frage ich. »Ich kann nicht zu viel abschneiden, das würde Mum merken.«
    Faro isoliert eine Locke aus dem Gewirr meiner Haare, die mein Gesicht wie Seetang umspielen. »Das wird reichen. Halt still.«
    Faro zieht an meinen Haaren, während er sie mit der scharfen Kante der Muschel mühsam abschneidet. Die brauchen hier definitiv Scheren in Indigo, denke ich, aber Scheren würden vermutlich rosten.
    Mein Kopf zuckt zurück, dann hat Faro eine Locke von mir abgetrennt. Sehr vorsichtig bindet er die Enden mit etwas zusammen, das aussieht wie ein Baumwollfaden, in Wahrheit aber aus drei Fasern einer sehr elastischen, aber reißfesten Tangart besteht. Dann befestigt er das Ganze an seinem Gürtel.
    »Jetzt du.«
    Ich packe ein Haarbüschel dicht an den Wurzeln. Vielleicht ist das zu viel. Er soll ja nicht aussehen, als hätte ich ihn skalpiert.
    Faro blinzelt schräg nach oben. »Das dürfte reichen.«
    Ich beginne zu schneiden. Die Muschel ist nicht besonders scharf, oder ich benutze sie nicht richtig. Faro verzieht das Gesicht. »Du ziehst an meinen Haaren.«
    »Ich weiß,
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