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Nimm s bitte nicht personlich

Nimm s bitte nicht personlich

Titel: Nimm s bitte nicht personlich
Autoren: Wardetzki Barbel
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zuzuschreiben. Fühlt der Betroffene sich dadurch nicht angesprochen, dann lässt er die Verantwortung bei dem Kränkenden und sucht nicht die Gründe für die Ablehnung bei sich.
    Deshalb sollten wir vorsichtig sein mit der Aussage: »Du hast mich gekränkt«. Denn diese Aussage bedeutet im Grunde nichts anderes, als dass sich jemand durch das Verhalten eines anderen entwertet, verletzt und in seinem Selbstwertgefühl beeinträchtigt fühlt. Richtiger wäre es deshalb zu sagen »Ich fühle mich gekränkt durch das, was du getan hast«. Damit übernehmen wir die Verantwortung für unser Erleben und vermeiden zugleich Vorwürfe und mögliche falsche Unterstellungen an den anderen. Die nämlich bewirken nur eine Verschärfung des Konflikts, tragen aber nichts zur Lösung, geschweige denn zu einer Verbesserung unserer Befindlichkeit bei.
    Ein Auszug aus einem Interview mit dem schwarzen Schauspieler Morgan Freeman, das ich im Magazin der Süddeutschen Zeitung las, verdeutlicht, was ich meine [I = Interviewerin; F = Freeman]:

    I:Was passiert, wenn ich »Nigger« zu Ihnen sage?
    F:Nichts.
    I:Warum nicht?
    F:Was passiert, wenn ich »deutsche Dummkuh«
zu Ihnen sage?
    I:Nichts.
    F:Warum nicht?
    I:Ich fühle mich nicht angesprochen.
    F:Sehen Sie, ich auch nicht.
    I:Ist das der Trick, sich nicht angesprochen zu fühlen?
    F:Wenn Sie mich »Nigger« nennen, haben Sie ein Problem, nicht ich, weil Sie das falsche Wort benutzen. Indem ich mich nicht angesprochen fühle, lasse ich Sie mit Ihrem Problem allein. Selbstverständlich gilt diese Taktik nicht, wenn Sie mich tätlich angreifen. Dann wehre ich mich, das verspreche ich Ihnen.

    In diesem Beispiel geht es mir nicht um den politischen Inhalt, nicht um die Problematik von Menschen mit anderer Hautfarbe oder von Ausländern und auch nicht um Ausländerfeindlichkeit. All diese Themen stehen hier nicht zur Diskussion. Ich möchte Ihnen mit diesem Interviewauszug lediglich deutlich machen, welche Wahlmöglichkeiten wir haben, mit Kränkungssituationen umzugehen. Denn in vielen Fällen haben wir die Entscheidungsfreiheit, eine Entwertung anzunehmen oder sie demjenigen zurückzugeben, der sie ausgeteilt hat. Wir sind nicht gezwungen, etwas anzunehmen, das nicht zu uns gehört. Somit entscheiden wir selbst, was für uns zu einer Kränkung wird.
    Wir können eine Kränkungsreaktion
verhindern, indem wir den Kommentar eines anderen nicht auf uns beziehen.

Ihre Verantwortung für die Kränkung bedeutet
Jede Reaktion aus der Umwelt kann bei Ihnen Kränkungsreaktionen auslösen.
Die Tatsache, dass Sie sich gekränkt fühlen, hat mehr mit Ihnen zu tun als mit der Kränkungstat an sich.
Sie sind Kränkungen nicht hilflos ausgeliefert, sondern Sie gestalten sie aktiv mit, indem Sie Ereignisse oder Reaktionen von anderen als persönliche Entwertung interpretieren.
In welchem Ausmaß Sie sich gekränkt fühlen, ist abhängig von der Bedeutung, die Sie dem Ereignis geben und diese hängt von Ihrer inneren Sicherheit, Ihren Bedürfnissen und früheren Erfahrungen ab.
Den Satz »Du hast mich gekränkt« sollten Sie ersetzen durch »Ich fühle mich gekränkt durch das, was du getan hast«. Damit übernehmen Sie die Verantwortung für Ihr Erleben und vermeiden Vorwürfe und Unterstellungen.

Das geschwächte Selbstwertgefühl
    Das Wesentliche am Kränkungskonflikt ist der Angriff auf und die Schwächung des Selbstwertgefühls. Auf diese Weise sind Kränkungsreaktionen und Selbstwertgefühl unmittelbar miteinander verbunden und bedingen sich sogar teilweise. Das erkennt man schon an der Herkunft des Wortes Kränkung, das sich vom mittelhochdeutschen Wort »krenken« herleitet im Sinne von schwächen, mindern, schädigen, zunichtemachen, plagen und erniedrigen.
    Ein zweiter Wortstamm ist »kranc«, was soviel bedeutet wie schmal, gering und schwach. In der Kränkung fühlen wir uns geschwächt, gering, erniedrigt.
    Der Zusammenhang zwischen Kränkung und Selbstwertgefühl besteht in zweierlei Hinsicht.
    1. Kränkungen schwächen unser Selbstwertgefühl und sind verbunden mit Selbstzweifeln und einer Verunsicherung unserer Person und unseres Identitätsgefühls. Schwächend ist dabei das Gefühl, zu kurz zu kommen, weniger wert zu sein, benachteiligt und damit weniger geliebt zu werden. Hass, Neid,
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