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Nikotin

Nikotin

Titel: Nikotin
Autoren: Agatha Christie
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Meinung.«
    Mr Satterthwaite und Sir Bartholomew sahen stumm vor sich hin. Charles Cartwright aber seufzte tief auf und schritt zum Fenster, das er weit öffnete.
    »Der Wind hat sich etwas gedreht«, sagte er.
    Nun war er wieder der Seemann – der Beamte des G e heimdienstes war verschwunden. Doch dem aufmerks a men Mr Satterthwaite wollte es scheinen, als ob Sir Charles sich nach der Rolle sehnte, die ihm das Schicksal verweigerte.

4
     
    »J a, aber was denken Sie, Mr Satterthwaite? Bitte, ganz ehrlich!«
    Der Gefragte blickte nach rechts und nach links, aber er sah keine Fluchtmöglichkeit. Egg Lytton Gore hatte ihn sehr geschickt auf dem Fischerkai gestellt. E r barmung s los, diese modernen jungen Mädchen… und scheußlich pfiffig!
    »Sir Charles hat Ihnen diese Idee in den Kopf gesetzt«, sagte er ärgerlich.
    »Nein. Ich stutzte vom ersten Moment an.«
    »Mein Gott, er war doch über sechzig und nicht mehr bei bester Gesundheit.«
    »Jawohl, er hatte Neuritis und etwas rheumatische Art h ritis. Davon bekommt keiner einen Anfall, sodass er tot hinstürzt. Er hat überhaupt niemals zuvor einen ähnl i chen Anfall gehabt. Nein, Mr Satterthwaite, er glich e i nem leise knarrenden Tor, das auch noch neunzig Jahre alt geworden wäre. Was hielten Sie von der amtlichen Leichenschau?«
    »Nun… sie nahm doch einen ganz… normalen Ve r lauf.«
    »Und was hielten Sie von Dr. MacDougals Zeugnis?«, fragte die unerbittliche junge Dame weiter. »Schrecklich fachmännisch, gewiss! Eine gründliche Beschreibung der einzelnen Organe. Aber hatten Sie nicht das Gefühl, dass er sich hinter diesem gelehrten Wortschwall nur verstec k te? Was er sagte, lautet in kurzer, bündiger Form: Es wi e se nichts darauf hin, dass der Tod nicht aus natürlichen Ursachen erfolgt sei. Er sagte jedoch nicht, dass der Tod auf natürlichen Ursachen beruhe.«
    »Treiben Sie nicht ein bisschen Haarspalterei, meine Liebe?«
    »Ich? Nein. Aber Dr. MacDougal – er war betroffen. Aber da er sich auf nichts abstützen konnte, verschanzte er sich hinter medizinischer Vorsicht. Wie denkt Sir Ba r tholomew darüber?«
    Mr Satterthwaite wiederholte etliche von Dr. Stranges Aussprüchen.
    »So? Er glaubte, Sir Charles hänseln zu müssen?«, mei n te Egg nachdenklich. »Na ja, eine große Kanone aus der Harley Street in London lässt noch mehr Vorsicht walten als unser braver Kleinstadtarzt!«
    »In dem Cocktailglas haben sich nur Gin und Wermut befunden«, erinnerte ihr Begleiter.
    »Ja, ich weiß. Trotzdem lässt mich die Sache nicht r u hig. Ich habe sehr viel von Mr Babbington gehalten. Er war ein Schatz, Mr Satterthwaite. Wenn es je echte, wahre Christen gegeben hat, so sind es die beiden Babbingtons gewesen. Sie mischten sich nicht ein und verdammten nicht; sie sagten niemals ein unfreundliches Wort über ihre Nächsten. Oh, sie waren wirklich gütig. Sie und auch Robin…«
    »Robin?«
    »Ihr Sohn. Er ist in Indien gefallen. Ich… ich stand ihm sehr nahe.« Egg starrte hinaus aufs Meer. Schließlich aber kehrte ihre Aufmerksamkeit zu Mr Satterthwaite und der Gegenwart zurück. »Das alles hat mich sehr erschüttert. Wenn es nun kein natürlicher Tod gewesen wäre…«
    »Mein liebes Kind!«
    »Es ist doch verdammt seltsam – das müssen Sie auch zugeben! Vielleicht hat ihm jemand etwas eingespritzt.«
    »Ganz recht. Pfeilgift der südamerikanischen Indianer«, neckte Mr Satterthwaite sie.
    »Tun Sie nur nicht so erhaben! Eines Tages wird sich möglicherweise herausstellen, dass wir Recht haben.«
    »Wir?«
    »Sir Charles und ich«, sagte sie, und ein tiefes Rot schoss in ihre Wangen.
    Aha!, dachte Mr Satterthwaite. Mädchen interessieren sich immer für Männer mittleren Alters mit bewegter Vergangenheit. Kein Wunder, dass Egg Feuer gefangen hatte!
    »Weshalb hat er nie geheiratet?«, fragte sie unvermittelt.
    »Weshalb?« Mr Satterthwaite wiederholte das Wort, um Zeit zu gewinnen. Aus Vorsicht, hätte seine ung e schminkte Antwort gelautet, doch das hätte ihm Egg nicht abgenommen.
    Sir Charles Cartwright hatte eine Unmenge Liebesaff ä ren gehabt, mit Schauspielerinnen und anderen Frauen, doch er hatte es stets verstanden, der Ehe zu entgehen. Egg suchte offenbar nach einer viel romantischeren E r klärung.
    »Hat er nicht sehr an jener Schauspielerin, die an Schwindsucht starb, gehangen?«
    Mr Satterthwaite entsann sich der betreffenden Dame. Charles Cartwrights Name war damals mit dem ihrigen zusammen genannt worden. Aber Cartwright lebte
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