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Nikotin

Nikotin

Titel: Nikotin
Autoren: Agatha Christie
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Ist das recht?«
    »Durchaus. Ich wollte es Ihnen gerade sagen.«
    Mit einem leicht überheblichen Lächeln zog sich Miss Milray zurück.
    »Eine erstaunliche Frau«, sagte der Hausherr. »Ich habe immer Angst, sie könnte kommen und meine Zähne für mich putzen.«
    »Sehr treffend bemerkt!«, erwiderte Dr. Strange.
    »Sie ist jetzt schon sechs Jahre bei mir. Zuerst als meine Sekretärin in London und nun hier draußen als unübe r treffliche Hausdame sorgt sie dafür, dass alles wie am Schnürchen läuft. Jetzt aber will sie mich plötzlich verla s sen.«
    »Warum?«
    »Sie sagt« – Charles Cartwright rieb zweifelnd seine N a se – »sie sagt, ihre kränkliche Mutter brauche sie, was ich nicht recht glaube. Es wird bestimmt etwas anderes sein.«
    »Wahrscheinlich haben die Leute geredet«, ließ sich Sir Bartholomew vernehmen.
    »Geredet?« Der Schauspieler riss erstaunt die Augen auf. »Über was?«
    »Mein lieber Charles, du weißt, was Gerede bedeutet.«
    »Tollie – du meinst, über sie und mich? Mit dem G e sicht? Und bei ihrem Alter?«
    »Sie dürfte die Fünfzig noch nicht erreicht haben.«
    »Möglich.« Sir Charles überlegte. »Doch ernstlich, To l lie: Hast du dir einmal ihr Gesicht angesehen? Es besteht aus zwei Augen, einer Nase und einem Mund, aber e i gentlich verdient es den Namen Gesicht nicht. Zum Mindesten ist es kein Frauenantlitz. Die klatschsüchtigste alte Hexe im ganzen Umkreis könnte mit einem solchen Gesicht nicht Liebe oder Leidenschaft in Verbindung bringen.«
    »Du unterschätzt die Einbildungskraft der britischen Jungfer.«
    »Nein, ich glaube es nicht«, widersprach der Schauspi e ler. »Miss Milray umgibt eine entsetzliche Ehrbarkeit, die selbst eine britische alte Jungfer anerkennen muss. Sie ist die verkörperte Tugend – und ein verdammt brauchbares Frauenzimmer. Ich bin sehr vorsichtig in der Wahl me i nes Personals.«
    »Du kluger Mann!«
    Sir Charles blickte grübelnd auf die Marmorfliesen hi n ab. Um ihn abzulenken, warf Sir Bartholomew die Frage hin: »Wer kommt denn heute Nachmittag, Charlie?«
    »Angie, zum Beispiel.«
    »Angela Sutcliffe? Das ist prima!« Mr Satterthwaite beugte sich eifrig nach vorn. Angela Sutcliffe war eine bekannte Schauspielerin, nicht mehr ganz jung, aber beim Publikum sehr beliebt und berühmt wegen ihres Humors und ihres Charmes.
    »Dann die Dacres«, ergänzte der Hausherr, worauf Mr Satterthwaite nickte. Mrs Dacres war »Ambrosine Ltd.«, das erfolgreichste Modeatelier. Ihr Mann brachte eine Menge Zeit auf Rennplätzen zu und war vor vielen Ja h ren selbst im Grand-National mitgeritten. Dann liefen Gerüchte um über nicht ganz saubere Machenschaften. Genaues wusste niemand. Es war auch keine Unters u chung eingeleitet worden, und doch pflegte man bei der Erwähnung von Freddie Dacres ein wenig die Auge n brauen hochzuziehen.
    »Ferner Anthony Astor, Bühnenschriftsteller.«
    »Natürlich«, sagte Mr Satterthwaite. »Sie schrieb Ei n bahnverkehr. Ich sah das Stück zweimal. Ein großer E r folg!« Mit offenkundigem Vergnügen gab er zu verstehen, dass er wusste, dass sich hinter dem Pseudonym Anthony Astor eine Frau verbarg.
    »Ja«, gab Sir Charles zu. »Ihren wirklichen Namen ve r gesse ich immer. – Wills, wenn ich mich nicht täusche. Ich habe sie nur einmal getroffen. Ich habe sie eingel a den, um Angela einen Gefallen zu tun. So, jetzt habe ich Ihnen alle Gäste genannt.«
    »Und die Einheimischen?«
    »Oh, die Einheimischen! Nun, da sind erst mal die Babbingtons. Er ist Pfarrer von Loomouth – glückl i cherweise kehrt er nicht allzu sehr den Seelsorger heraus –, und seine Frau ist wirklich nett. Sie weihte mich in die Gartenarbeit ein. Außer ihnen kommen noch Lady Mary und Egg. Das sind alle. Halt – noch ein junger Mann, Manders. Er ist Journalist oder so etwas Ähnliches.«
    Mr Satterthwaite, der Gründlichkeit liebte, rechnete die Zahl der geladenen Gäste nach.
    »Miss Sutcliffe, eins; die Dacres, drei; Anthony Astor, vier; Lady Mary und Tochter, sechs; der Pfarrer mit Ga t tin, acht; der junge Journalist, neun; wir selbst, zwölf. Sir Charles, entweder haben Sie oder Miss Milray sich ve r zählt.«
    »Miss Milray bestimmt nicht«, versicherte Cartwright. »Diese Frau irrt sich niemals. Aber wahrhaftig, Sie haben Recht: Ich habe einen Gast ausgelassen. Er war mir ganz entfallen.« Ein Schmunzeln glitt über sein männlich schönes Gesicht. »Gut, dass er es nicht weiß – es würde ihn unsagbar kränken. Der Bursche ist
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