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Night World - Gefährten des Zwielichts - Smith, L: Night World - Gefährten des Zwielichts - Night World - Soulmate

Titel: Night World - Gefährten des Zwielichts - Smith, L: Night World - Gefährten des Zwielichts - Night World - Soulmate
Autoren: Lisa J. Smith
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erstaunlich zart und wie die eines Rennpferdes mit Adern
und Sehnen gezeichnet. Ein Weibchen, sagte etwas tief in Hannahs Geist mit traumartiger Gewissheit.
    Beide Wölfe hatten jetzt die Balance wieder gefunden. Sie standen einander mit bürstenartig gesträubtem Fell gegenüber. Im Raum roch es wie in einem Zoo.
    Und jetzt werde ich wirklich sterben, dachte Hannah. Ich werde von zwei Wölfen zerfetzt werden. Sie hielt noch immer den Bilderrahmen umklammert, aber sie wusste, dass sie keine Chance hatte, gegen beide Tiere gleichzeitig zu kämpfen. Sie würden sie in Stücke reißen und sich darum streiten, wer mehr von ihr bekam.
    Ihr Herz schlug so heftig, dass es ihren Körper erzittern ließ und ihr die Ohren klingelten. Das Weibchen starrte sie mit Augen an, die eher bernsteinfarben als gelb waren, und Hannah starrte wie gebannt zurück und wartete darauf, dass es angriff.
    Die Wölfin hielt ihren Blick noch einen Moment lang fest, als studiere sie Hannahs Gesicht – insbesondere die linke Seite ihres Gesichts. Ihre Wange. Dann wandte sie Hannah den Rücken zu und stellte sich dem schwarzen Wolf.
    Und knurrte.
    Sie beschützt mich, dachte Hannah verblüfft. Es war eigentlich unglaublich – aber sie war bereits an einem Punkt jenseits jeglicher Ungläubigkeit angekommen. Sie war aus ihrem gewöhnlichen Leben heraus- und hineingetreten in ein Märchen voller beinahe menschlicher
Wölfe. Die ganze Welt war verrückt geworden, und sie konnte nur versuchen, jeden Moment so zu nehmen, wie er kam.
    Sie werden kämpfen, erklärte ihr die kühle Windstimme in ihrem Kopf. Sobald sie angefangen haben, rennst du zum Fenster.
    In diesem Moment brach die Hölle los. Die silberbraune Wölfin hatte sich auf den schwarzen Wolf gestürzt. Ihr Knurren hallte durch den Raum – und das Geräusch von Zähnen, die aufeinanderschlugen, während beide Wölfe unentwegt nach ihrem Widersacher schnappten.
    Hannah konnte nicht ausmachen, wie sich der Kampf entwickelte. Es war nur ein verschwommenes Chaos, während die Wölfe einander umkreisten, aufeinander zusprangen und sich duckten. Aber es war bei Weitem das Schrecklichste, was sie je erlebt hatte. Wie der schlimmste nur vorstellbare Hundekampf, wie das rauschhafte Fressen von Haien. Beide Tiere schienen wahnsinnig geworden zu sein.
    Plötzlich hörte sie ein schmerzhaftes Aufheulen. Aus der Flanke der Wölfin quoll Blut.
    Sie ist zu klein, dachte Hannah. Zu leicht. Sie hat keine Chance.
    Hilf ihr, flüsterte die Kristallstimme.
    Es war ein wahnwitziger Vorschlag. Hannah konnte sich nicht einmal den Versuch vorstellen, sich in diesen
knurrenden Wirbelwind hineinzustürzen. Aber irgendwie bewegte sie sich dennoch. Stellte sich hinter die silberbraune Wölfin. Es spielte keine Rolle, dass sie nicht glaubte, dass sie es tat, oder dass sie keine Ahnung hatte, wie sie sich mit einem Wolf, der gegen einen anderen Wolf kämpfte, überhaupt verbünden konnte. Sie war da, und sie hielt den silbernen Bilderrahmen hoch erhoben. Der schwarze Wolf zog sich aus dem Kampf zurück, um sie anzustarren. Und da standen sie, alle drei keuchend und außer Atem, Hannah vor Angst und die Wölfe vor Anstrengung. Sie waren wie ein Standbild des in Trümmern liegenden Büros erstarrt und beobachteten einander angespannt. Der schwarze Wolf stand auf einer Seite, und in seinen Augen leuchtete zielstrebige Bösartigkeit. Die silberbraune Wölfin stand auf der anderen Seite, Blut verfilzte ihr Fell und einzelne Fellbüschel schwebten von ihrem Körper zu Boden. Und Hannah war direkt hinter ihr und hielt mit zitternder Hand immer noch den Bilderrahmen hoch.
    Hannah konnte nichts anderes hören als tiefes, vibrierendes Knurren.
    Und dann löschte ein ohrenbetäubender Knall alle anderen Wahrnehmungen kurzzeitig aus.
    Ein Schuss.
    Der schwarze Wolf heulte auf und taumelte.
    Hannahs Sinne waren so lange auf das konzentriert gewesen, was innerhalb des Raums geschah, dass es wie ein
Schock war zu begreifen, dass außerhalb des Raums überhaupt irgendetwas existierte. Ihr war verschwommen bewusst, dass Pauls Schreie vor einiger Zeit verstummt waren, aber sie hatte nicht innegehalten, um darüber nachzudenken, was das bedeutete.
    Jetzt, da das Adrenalin durch ihren Körper schoss, hörte sie seine Stimme wieder.
    »Hannah! Aus dem Weg!«
    Der Befehl war angespannt und eine Mischung aus Furcht und Wut – und Entschlossenheit. Er kam von der gegenüberliegenden Seite des Raums, aus der Dunkelheit vor dem Fenster.
    Paul
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