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Niemand lebt von seinen Träumen

Niemand lebt von seinen Träumen

Titel: Niemand lebt von seinen Träumen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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erwartet, daß es so schnell gehen würde. Ich könnte in zwei Jahren meine Villa haben, einen Wagen und dich, eine entzückende Frau, die schönste Frau Ohios! Das Leben ist plötzlich so weit und voller Möglichkeiten geworden, wie ich es mir nie erträumt hätte! Ich habe die Chance, einmal Schiffsingenieur zu werden. Bei der Ohio Steel Company! Weißt du, was das bedeutet? Ein Schlüsselposten innerhalb der amerikanischen Rüstung! Nur …«, er sah Susanne an, die ihm wortlos zuhörte, »… nur, es ist in Amerika, ich muß in sechs Wochen drüben sein, sonst wird der Vertrag aufgelöst.«
    »In sechs Wochen …«, sagte Susanne leise. Ihre Stimme zitterte dabei, Tränen schwangen in ihr, aber sie war tapfer und beherrschte sich.
    »Dann werden wir uns nicht mehr sehen, Frank?«
    »Ich hole dich sofort nach, wenn in Cleveland alles so angelaufen ist, wie ich es erhoffe. Und dann heiraten wir augenblicklich.«
    »Und wenn ich nicht hinüberkommen darf, Frank?«
    »Warum solltest du nicht? Es kommen doch so viele Deutsche in die USA!«
    »Die Bestimmungen sind streng, das weißt du.«
    Frank nickte. Er hob Susannes Gesicht zu sich empor. »Darum wollte ich ja, daß wir sofort heiraten, Liebling. Als meine Frau kommst du eben schneller nach Amerika. Nur …«
    Er stoppte erneut, begann abermals an der Unterlippe zu nagen.
    »Noch etwas, Frank?«
    »Ja. Das schlimmste, Susanne.«
    »Raus damit, Frank. Ich falle schon nicht um.« Sie versuchte, schwach zu lächeln.
    »Bei dem Vertrag ist eine Klausel, Susanne. Sie hat nichts zu bedeuten. Es ist nur, um die Einwanderung für mich zu erleichtern und die Papiere sofort zu bekommen. Ich werde sie sofort, wenn ich in Cleveland meine Stellung antrete, rückgängig machen oder zurückkommen …«
    »Das wirst du nicht, Schatz«, sagte Susanne bestimmt.
    »Doch! Die Klausel lautet: Der Ingenieur darf nicht verheiratet sein!«
    Susanne sah plötzlich angestrengt auf ihr Kleid, zog es über ihre Knie und spielte mit den Fingern auf dem Muster des Stoffes.
    »Das bist du doch auch nicht, Frank.«
    »Aber ich möchte es sein! Ich werde dich heiraten!« sagte er fest. »Und wenn sie es drüben nicht wollen, komme ich zurück. Ich lasse dich nicht allein in Deutschland.«
    »Aus Pflichtgefühl, Frank? Aus altehrwürdigen Moralbegriffen?«
    »Liebling«, sagte er beleidigt. »Ich liebe dich. Ich liebe dich so, daß ich alles aufs Spiel setzen werde, um mit dir glücklich zu werden.«
    Da umarmte sie ihn, drückte sich eng an ihn und fühlte in der Geborgenheit an seiner Brust den Schmerz, nur noch sechs Wochen um ihn zu sein und ihn dann lange, lange Zeit nicht mehr sehen zu können.
    »Diese sechs kurzen, kleinen Wochen wollen wir noch glücklich sein«, flüsterte sie stockend. »Wer weiß, was danach alles kommt? Die Zukunft ist so unberechenbar. Es wird doch alles anders, als wir glauben und hoffen, nur das Heute, das wissen wir. Darum laß uns nicht mehr sprechen von diesen sechs Wochen, nicht mehr von deiner Abreise, von deiner Stellung – laß uns so tun, als ob alles so wäre wie immer, als wolltest du nie weg! Und wenn der Tag deiner Abreise kommt, werde ich nicht bei dir sein, sondern weit, weit weg von dir, irgendwo in den Bergen, wo ich dich nicht sehe, wo fremde Menschen sind, wo ich nicht daran denken will, daß du nicht mehr da bist, wenn ich zurückkomme! Ich will dort keinen Kalender sehen, keine Tage nachrechnen – ich will mich verkriechen und nichts hören von dir – erst wenn du fort bist, werde ich zurückkommen, und dann habe ich noch immer Zeit zu weinen – wenn ich dann noch weinen kann.«
    »Ich werde sofort schreiben, wenn ich in Cleveland bin.« Frank fühlte, wie der Schmerz schon jetzt Susanne ergriff. Er gab sich Mühe, seiner Stimme Ruhe und Kraft zu verleihen, um Susanne zu trösten. »Wir werden sofort das Einreisevisum beantragen, damit du schnell nachkommen kannst.« Er sah sie gewollt fröhlich an. »Wie ist es denn jetzt mit dem Dr. phil., schöne Studentin? Noch immer ehrgeizig? Bestehst du weiter auf der langen Wartezeit bis zum Examen?«
    »Jetzt nicht mehr, mein Schatz. Jetzt ist alles anders.« Sie lächelte zurück. »Mein Gott, hätte ich dich doch nie im Park angerempelt und dir die kleine Ohrfeige gegeben …«
    Es wurde doch noch ein ziemlich fröhlicher Tag, wenn auch im Herzen die Angst vor der Zukunft die Sonne ein wenig überschattete und das Lachen der anderen Menschen manchmal qualvoll anzuhören war. Aber sie blieben
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