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Niemand lebt von seinen Träumen

Niemand lebt von seinen Träumen

Titel: Niemand lebt von seinen Träumen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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niemals studieren können, denn ihr Haus in Bonn sei 1944 völlig ausgebombt worden. Dabei sei auch ihre Mutter ums Leben gekommen. Der Vater war gleich in den ersten Kriegstagen gefallen.
    1944 sei auch für ihn ein Schicksalsjahr gewesen, meinte daraufhin Frank, denn da sei im Verlauf der Invasion sein Vater von einer Granate zerrissen worden.
    Susanne erfuhr, daß sich Franks Eltern 1934 hatten scheiden lassen. Seine Mutter, die nicht arisch war, ahnte wohl das grausame Schicksal voraus, das den Juden durch die ein Jahr zuvor an die Macht gekommenen Nationalsozialisten widerfahren sollte. Doch sein Vater glaubte an die neue Zeit. So blieb nur die endgültige Trennung.
    Die Mutter ging nach Amerika und heiratete dort zum zweiten Mal. Vor drei Jahren war sie in Ohio gestorben. Ihr zweiter Mann hatte Frank nach langem Suchen gefunden und ihm die traurige Nachricht mitgeteilt. Mit ihm stehe er in regem Briefverkehr.
    Über all diesen Eröffnungen war es dunkel geworden. Und das Café hatte sich geleert. Susanne und Frank waren die einzigen Gäste, die das Personal von dem wohlverdienten Feierabend abhielten.
    »Ich glaube, wir sind hier nicht mehr länger gerne gesehen«, drängte er plötzlich zum Aufbruch. »Aber das heißt nicht, daß ich Ihnen den Abend freigebe.«
    »Ich werde wohl überhaupt nicht mehr gefragt?«
    »Sie werden mich doch nicht allein in Köln umherirren lassen! Bedenken Sie, welchen Gefahren ein unverheirateter Mann ausgesetzt ist. Mein Zug geht erst nach 22 Uhr. Wie wäre es denn mit einem Kinobesuch? Ich wollte mir schon lange einmal die ›Berliner Ballade‹ ansehen. In den Bahnhofslichtspielen läuft sie. Haben Sie keine Lust?«
    »Neben Ihnen im Dunkeln zu sitzen? Ob ich das wagen kann?«
    »Gert Fröbe wird Sie für Ihren Mut belohnen. Er soll als ›Otto Normalverbraucher‹ großartig sein.«
    Und Susanne bereute nie, daß sie Franks Vorschlag gefolgt war.
    Nicht nur Gert Fröbes wegen.
    So endete dieser Frühlingstag, wie er begonnen hatte: sonnig und heiter.
    Als die Stunde des Abschieds gekommen war, wußten beide, daß ihr Leben eine neue, schicksalhafte Wendung erfahren hatte.
    Denn es blieb natürlich nicht bei diesem einen Tag. Es wurden viele Tage daraus. Mancher Besuch eines Cafés, mancher Spaziergang in den neu erwachenden Parks von Köln und – einmal ein Ausflug auf dem Rhein.
    Es war inzwischen Oktober geworden. Doch die Herbstsonne wurde an diesem Tag auch nicht von einer einzigen Wolke gehindert, ihre wärmenden Strahlen auszusenden. So hatte Susanne ihr Chiffonkleid anziehen können. Sie wußte, wie gerne Frank sie darin sah. Und auch für sie war es immer wieder eine schöne Erinnerung an den Tag des Kennenlernens.
    Das Schiff zog träge den Rhein hinauf, dem Drachenfels entgegen. Als sie hinter Bonn das Siebengebirge sahen, saßen Frank und Susanne auf dem Oberdeck und hielten sich umschlungen.
    »Das Leben ist so schön«, sagte sie ein wenig schwärmerisch und streichelte seine Hand. »Wenn ich bedenke, wie einsam der Sommer vor einem Jahr war. Damals saß ich am Rhein, sah in das grüngelbe Wasser und wünschte mir so vieles, was nie in Erfüllung gehen konnte. Und heute bist du bei mir …«
    Er nickte und biß dabei doch die Lippen ein wenig zu fest aufeinander, wie es bei glücklichen Liebhabern sonst nicht der Fall ist. Er sah hinauf auf den Drachenfels und die verfallene Burg, auf die grünen Weinhänge und die schönen Häuser, die an die Steilhänge geklebt zu sein schienen.
    »Wann heiraten wir, Susanne?« fragte er plötzlich.
    Sie zuckte zusammen und sah erstaunt zu ihm auf.
    »Darüber habe ich noch nie nachgedacht, Frank …«
    »Aber du solltest es tun, Susanne.«
    »Hast du es so eilig? Ich dachte, daß ich erst mein Examen als Kunsthistorikerin mache. Ich möchte nicht umsonst studiert haben. Fräulein Doktor … klingt das nicht schön? Und dann erst: Frau Doktor Barron!« Sie lehnte den Kopf an seine Brust und flüsterte zärtlich: »Ich bin so glücklich, Frank.«
    Frank streichelte ihre Haare und starrte dabei in den Rhein, der an der Bordwand des Schiffes emporschäumte.
    »Wie lange dauert das noch?« fragte er.
    »Was?«
    »Bis du deinen Doktor phil. hast?«
    »Noch zwei Jahre, Frank. Ich habe durch den Krieg viel Zeit verloren.«
    »Zwei Jahre«, meinte er sinnend. »Das ist eine lange Zeit, Susanne.«
    »Aber wir sind doch noch jung, Frank. Du selbst wolltest doch bisher beruflich weiter vorwärtskommen, ehe wir heiraten. Hast du jetzt deine
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